DFG-Projekt: Gewissensverständnisse im Deutschen Bundestag: Ethische Implikationen für Abstimmungen ohne Fraktionsdisziplin
Projektleitung
Projektmitarbeitende
Hilfskräfte
Antonia Lösing
Verena Pfaff
Nick Sliwka
Stammzellforschung, Patientenverfügung oder geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung: In den vergangenen Jahren wurden Abstimmungen über bioethische Fragestellungen im Deutschen Bundestag durchgängig explizit zu Gewissensentscheidungen erklärt und die Abgeordneten aus der Fraktionsdisziplin entlassen. Im Projekt wird der Begriff des Gewissens, der im politischen System der BRD als Kern des Mandatsverständnisses zentral für die parlamentarische Entscheidungsfindung ist, im Kontext seiner Verwendung im Deutschen Bundestag aus theologisch-philosophischer Perspektive untersucht. Es gilt, eine Grundlage für weitere Auseinandersetzungen zu schaffen sowie eine Reflexion der Verwendung des Gewissensbegriffs zu initiieren. Dazu werden die namentlichen Abstimmungen seit Gründung der BRD, die parteiübergreifend explizit zu Gewissensentscheidungen ohne Fraktionsdisziplin erklärt wurden, erschlossen und Veränderungen in Bezug auf die Häufigkeit der Aufhebung der Fraktionsdisziplin sowie die Themen der Abstimmungen untersucht. Für die Zeiträume 1960-1979 und 2000-2019 werden die Gewissensverständnisse der Abgeordneten anhand zuvor erarbeiteter Spannungspole des Gewissensbegriffs erschlossen. Diese Spannungspole werden ergänzend zu einem Entwurf von Schaede/Moos (2015) aus einer Analyse der philosophischen, theologischen und psychologischen Literatur gewonnen. Leistungen und Grenzen der Gewissensverständnisse werden herausgearbeitet, indem aufgezeigt wird, welche der Spannungspole in den Gewissensverständnissen der Abgeordneten vertreten sind und welche unberücksichtigt bleiben.Die Ergebnisse des Projekts werden in einer allgemein verständlichen Publikation veröffentlicht, die von einem Podcast begleitet wird, der die Ergebnisse einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen soll. Teil des Projektes ist zudem ein interdisziplinärer Workshop, in dem die im ersten Jahr erarbeiteten Spannungspole diskutiert werden, bevor die Gewissensverständnisse der Abgeordneten mithilfe der Spannungspole charakterisiert werden. Gegen Ende des Projekts ist eine interdisziplinäre Konferenz geplant, deren wichtigste Diskussionsergebnisse Eingang in die Publikation finden sollen.