Sozialethik der Bildung
Die Sozialethik der Bildung gehört zu den langfristig am ICS verfolgten Forschungsschwerpunkten. Den roten Faden bilden dabei der menschenrechtliche Charakter von Bildung und ihr normatives Gewicht als Schlüssel zu gesellschaftlicher Beteiligung. Das Themenfeld weist Schnittstellen zur Migrationsethik, insbesondere zu den Fragen sozialer Integration, zur sozialethischen Genderforschung, im Projekt "Umgang mit der Vielfalt sexueller Identitäten an katholischen Schulen", sowie zur lebenslaufbezogenen Sozialethik auf. Ein spezifisches Thema, das uns immer wieder – auch in Kooperation mit Prof.'in Dr. Judith Könemann (Professur für Religionspädagogik, Bildungs- und Genderforschung) – beschäftigt, betrifft die katholische Schule und ihren (sozialen) Bildungsauftrag.
In diesem Schwerpunkt sind mehrere Qualifikationsarbeiten entstanden, zuletzt die Doktorarbeit von Coffi Vladimir Régis Akakpo, der den sozialen Bildungsauftrag als kritische Anfrage an das katholische Schulwesen in Benin/Westafrika heranträgt (erschienen in der Reihe Gesellschaft – Ethik – Religion, Band: 20 im Schöningh-Verlag), eine Kurzfassung dieser Arbeit liegt als Arbeitspapier des ICS vor (AP Nr. 21).
Die Etablierung der Bildungsethik in der jüngeren Entwicklung der Disziplin christliche Sozialethik spiegelt sich u. a. in der von Marianne Heimbach-Steins mitbegründeten Reihe "Forum Bildungsethik" (wbv).
Im Folgenden finden Sie Informationen zum laufenden Projekt "Katholische Schule – sozialer Bildungsauftrag – Inklusion" sowie zu einigen abgeschlossenen Projekten.
Katholische Schule – sozialer Bildungsauftrag – Inklusion
Debatten um das Profil katholischer Schulen, um deren vielfach programmatisch proklamierten und eingeforderten sozialen Bildungsauftrag, müssen in einer christlich-sozialethischen Auseinandersetzung mit Anforderungen von Bildungsgerechtigkeit ebenso eine Rolle spielen wie der häufig kritisch geltend gemachte Eindruck, kirchliche Schulen verfolgten einen Eliteanspruch, der in Spannung, wenn nicht im Gegensatz zu ihrem sozialen Bildungsauftrag stehe. Spätestens seit der Inkraftsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention weitet sich dieses Debattenfeld auf die Anforderungen der sozialen Inklusion. Alle diese Fragen werden am ICS bearbeitet; etliche Buch- und Zeitschriftenbeiträge von Marianne Heimbach-Steins greifen Aspekte der Problematik auf.
Verantwortlich:
- Prof.'in Dr. Marianne Heimbach-Steins
Finanzierung: Eigenmittel
Identitätspolitiken katholischer Akteure im Bildungs- und Sozialbereich
In dem Forschungsvorhaben "Identitätspolitiken katholischer Akteure im Bildungs- und Sozialbereich" wurden Wechselwirkungen von Auftrag und Selbstverständnis katholischer Einrichtungen analysiert. Schulen und Krankenhäuser in katholischer Trägerschaft, die mit den gesellschaftlichen, ökonomischen und kirchlichen Rahmenbedingungen und Erwartungen konfrontiert sind, wurden in empirischen Studien sowie in Dokumentenanalysen auf ihre genuin konfessionellen Identitäten hin befragt. Katholische Trägerorganisationen sowie ökonomische Konkurrenzverhältnisse und gesellschaftspolitische Ansprüche beeinflussen das Handeln der Akteure; Erwartungen der Adressat:innen, "Klient:innen" und Arbeitnehmer:innen spielen eine maßgebliche Rolle in der Bestimmung der konfessionellen Identität. Besondere Akzente konnten durch die Kooperation mit Praxispartnern in beiden Handlungsfeldern gesetzt werden.
Zunächst konnten 2017 zentrale Erträge zu dem Arbeitsfeld katholischer Krankenhäuser als Sammelband vorgelegt werden: Heimbach-Steins, Marianne / Schüller, Thomas / Wolf, Judith (Hg.): Katholische Krankenhäuser – Herausgeforderte Identität (GER 9), Paderborn: Schöningh 2017. Ende 2018 erschien ein weiterer Band zum Profil katholischer Schulen: Könemann, Judith / Spiekermann, Denise (Hg.): Katholische Schulen. Herausgeforderte Identität (GER 14), Paderborn, Schöningh, 2018. Dieser Band fokussiert die Frage, worin das "Katholische" einer katholischen Schule besteht. Das religiös-konfessionelle Label in Bezug auf Bildung und Erziehung als Hauptanliegen von Schule adäquat zu füllen, ist mit Blick auf die gesellschaftlichen Veränderungen und die verschiedenen Akteursebenen eine schwierige Aufgabe. Die Schulen müssen sowohl kirchliche als auch staatliche Ansprüche erfüllen und sehen sich nicht zuletzt Erwartungen von Schüler:innen, Lehrer:innen und Eltern gegenüber. Die Beiträge repräsentieren verschiedene wissenschaftliche (theologische, pädagogische und juristische) Zugänge sowie Erfahrungen aus der Praxis (Elternvertretung, Lehrer:innen, Schulleitung, Schulträger). Indem sie verschiedene Perspektiven und Akteursebenen reflektieren, regen sie einen Austausch zwischen Theorie und Praxis an und zeigen Verbindungen zwischen den überlappenden Handlungsfeldern von Schule, Kirche und Erziehungssystem auf. Die Programmatik katholischer Schulen wird aus religionspädagogischer und aus Sicht der Schulforschung analysiert und anhand von Praxisbeispielen auf den Prüfstand gestellt.
Mit dem Erscheinen dieses Bandes war das Projekt abgeschlossen.
Verantwortlich:
- Prof.'in Dr. Marianne Heimbach-Steins
Mitarbeit:
- Denise Motzigkeit (bis 10/2016)
Kooperation:
- Prof. Dr. Thomas Schüller, Institut für Kanonisches Recht, Uni Münster
- Prof.'in Dr. Judith Könemann, Institut für Katholische Theologie und ihre Didaktik, Uni Münster
- Akademie des Bistums Essen DIE WOLFSBURG (Dr. Judith Wolf).
Finanzierung:
- Exzellenzcluster Religion und Politik
- Akademie Die Wolfsburg
- Eigenmittel
Das Menschenrecht auf Bildung: Anthropologisch-ethische Grundlegung und Kriterien der politischen Umsetzung in Deutschland
Das Projekt verfolgt das Ziel, anhand des Menschenrechts auf Bildung als normativer Leitidee grundlegende Fragen der Bildungsgerechtigkeit zu erarbeiten. Zwei Teilziele weisen das Projekt als Beitrag zur anwendungsorientierten Grundlagenforschung aus: (1.) Eine systematische Begründung von Notwendigkeit und Reichweite des Menschenrechts auf Bildung in christlich-sozialethischer Perspektive. Dazu ist eine anthropologische und normativ-ethische Argumentation zu erarbeiten, die sowohl im Hinblick auf die Bildungsdiskussion in Deutschland (einschließlich der OECD-Vergleichsszenarien) als auch auf die Situation weltweiter Ungleichheiten in der Bildungsbeteiligung (Ebene der UNESCO) tragfähig ist. (2.) Eine sozialethische Kriteriologie zur politischen Umsetzung des Menschenrechts auf Bildung im Kontext wissensbasierter Gesellschaften. Hierzu werden u. a. Konzepte für eine vorsorgende bzw. nachhaltige Bildungssozialpolitik unter Berücksichtigung ihrer menschenrechtlichen Implikationen und ihrer Leistungsfähigkeit bezüglich der Realisierung annähernd gleicher Teilhabechancen an und durch Bildung für alle Mitglieder einer Gesellschaft analysiert.
Zentrale Erträge aus beiden Teilprojekten gingen in die erziehungswissenschaftliche Habilitationsschrift von Axel Bernd Kunze bzw. in die philosophische Dissertation von Katja Neuhoff ein und liegen in monographischer Form vor:
Weitere Erträge wurden in Sammelbänden der Reihe "Forum Bildungsethik" veröffentlicht, siehe hier.
Verantwortlich:
- Prof.'in Dr. Marianne Heimbach-Steins
- Prof. Dr. Gerhard Kruip (Univ. Mainz)
Kooperation:
- PD Dr. Axel Bernd Kunze
Mitarbeit:
- Katja Neuhoff M.A., Projektmitarbeiterin am ICS
Finanzierung: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
Laufzeit: bis 2012