Projektvorstellung an der Seine
Seit der Öffnung der Archive des Pontifikats Pius XII. (1939-1958) im März 2020 arbeiten Forschende anhand der Archivquellen die Haltung des Vatikans gegenüber der Shoah aus historischer Perspektive auf. Die Erinnerungsstätte „Mémorial de la Shoah“ in Paris hat sich nun in einer Veranstaltung am 11. Dezember unter dem Titel „Politiques vaticanes, de l’entre-deux- guerres à la Shoah“ (zu Deutsch: Vatikanische Politik vom Kriegseintritt bis zur Shoah) den neuen Forschungswegen rund um dieses umstrittene Thema gewidmet.
Teil des Podiums war auch Prof. Dr. Dr. h.c. Hubert Wolf, der gemeinsam mit Dr. Barbara Schüler das aktuelle Forschungsprojekt des Seminars für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte der Universität Münster „Asking the Pope for Help“ in einem Vortrag vorgestellt hat. Dieser und die Beiträge zahlreicher weiterer Expertinnen und Experten beleuchteten die politischen, diplomatischen, internationalen und humanitären Herausforderungen während des Zweiten Weltkriegs, indem sie die Handlungs- und Reaktionsfähigkeit einer sowohl geistlichen als auch weltlichen Institution sowie ihre Grenzen angesichts extremer Gewalt und Völkermord hinterfragten.
Das Münsteraner Projektteam besuchte zudem die aktuelle temporäre Ausstellung in der Erinnerungsstätte. Unter dem Titel „À la grâce de Dieu, les Églises et la Shoah (Die Gnade Gottes, die Kirchen und die Shoah) beschäftigt sich diese anhand verschiedenster Archivalien mit dem unterschiedlichen Verhalten der Kirchen und ihrer Vertreter während des Zweiten Weltkriegs.
Thematisch machte die Veranstaltung außerdem auf das Erscheinen der Sonderausgabe "Vatican, Église et Shoah: renouveau historiographique autour des archives Pius XII", der Fachzeitschrift „Revue d'Histoire de la Shoah“, aufmerksam. Sie erscheint im Herbst 2023 und wird neben vielen weiteren Wissenschaftlern auch Beiträge der Podiumsgäste enthalten.