
Dr. Stefanie Burkhardt
Gespenster Afrikas – Gespenster Europas
Eine post-eurozentrische Kulturtheorie des Untoten
Das Projekt untersucht in einer vergleichenden Perspektive das, was man als „Figuren des Untoten“ bezeichnen kann, d. h. menschliche Wesen, die einmal lebendig waren, dann gestorben sind und nun in irgendeiner Weise an der Welt der Lebenden teilnehmen und dort erfahren werden. Tradition, Literatur und religiöse Ontologien und Praktiken in vielen Teilen der Welt kennen solche Erfahrungen, sie erzählen Geschichten darüber und finden mehr oder weniger ritualisierte Wege, um mit ihnen umzugehen. Ich interessiere mich besonders für westafrikanische Traditionen des Zusammenlebens mit den Toten, die durch den transatlantischen Sklavenhandel gereist sind und sich auf sinnvolle Weise verändert haben. Dies betrifft Figuren wie den Ahnengeist, den ogbanje/abiku (Geisterkind) oder den Zombie, die alle nicht nur in Westafrika, sondern auch in der afrikanischen Diaspora und darüber hinaus von Bedeutung sind.

Meine spezifische Forschungsperspektive auf diese Erzählungen und Praktiken ermöglicht es, unser Verständnis von analogen Phänomenen in der „westlichen Esoterik“ wie Nekromantie, Spiritismus und anderen zu erweitern und zu bereichern. Ein wichtiges Ziel des Projekts ist die „Provinzialisierung“ (Chakrabarty) der europäischen Kulturtheorien, die dem so genannten „Spectral Turn“ angehören, indem sie ihren Horizont über das Gespenst und den Poltergeist hinaus erweitern und die realen Erfahrungen der Menschen ernst nehmen, anstatt das Gespenst auf eine bloße Metapher zu reduzieren.