Stärken oder Schützen – in digitalen Medien. Ein Professionalisierungsbeitrag zum Umgang mit Antinomien in präventiven Bildungsangeboten
Das Forschungsprojekt SOSdigital untersucht die Dynamik zwischen Stärkung und Schutz bei der Prävention sexualisierter Gewalt mittels digitaler Medien und entwickelt partizipativ digitale Fortbildungsformate für Fachkräfte der Sexualpädagogik, der Prävention sexualisierter Gewalt und der Medienpädagogik.
Digitale Medien spielen in der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen eine immer größere Rolle. Das Verbundvorhaben "SOSdigital" verfolgt das übergeordnete Ziel, die Prävention sexualisierter Gewalt mittels digitaler Medien auszuweiten und zur Qualifizierung und Professionalisierung sexualpädagogischer, gewaltpräventiver und medienpädagogischer Fachkräfte beizutragen. Zentral ist dabei die Fokussierung auf das paradoxale Verhältnis von Schutz (vor sexualisierter Gewalt) und Stärkung (der sexuellen Selbstbestimmung) bei der Prävention sexualisierter Gewalt mittels digitaler Medien. Zentrales Element zur Erreichung des Ziels ist die Entwicklung eines digitalen Online-Portals, auf dem Fortbildungsmaßnahmen für Fachkräfte der drei genannten Disziplinen zur Verfügung gestellt werden. Die Prävention sexueller Grenzverletzungen im Rahmen jugendlicher Mediennutzung konfrontiert sexualpädagogische und gewaltpräventive Fachkräfte in besonderer Weise mit der komplexen Dynamik von Risikominimierung auf der einen und Ressourcenförderung auf der anderen Seite. So herrscht erhebliche Uneinigkeit in der Frage, ob (und wann) Kinder und Jugendliche von den sexualbezogenen Gefahren digitaler Medien ferngehalten, oder auf den Umgang mit diesen Gefahren vorbereitet (und dabei auch mit diesen konfrontiert) werden sollten. Pädagogische Fachkräfte sind in Zusammenhang mit digitalen Medien also regelmäßig mit dem paradoxalen Verhältnis von Schutz (vor sexualisierter Gewalt) und Stärkung (der sexuellen Selbstbestimmung) befasst, das innerhalb der zweiten BMBF-Förderlinie zu sexualisierter Gewalt in pädagogischen Kontexten für die pädagogischen Handlungsfelder Gewaltprävention und Sexualpädagogik im Rahmen des Vorhabens „Stärken oder Schützen (SOS)“ analysiert wurde. SOSdigital spitzt diese Analysen auf die Prävention sexualisierter Gewalt mittels digitaler Medien zu und erarbeitet partizipativ eine Reihe von internetbasierten Fortbildungsmaßnahmen für Fachkräfte der Sexualpädagogik, der Prävention sexualisierter Gewalt sowie der Medienpädagogik.
Das Teilvorhaben A am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (SOSdigital – publicise) verantwortet maßgeblich die Koordination der Verbundtätigkeit, sowie die Steuerung der Transferstrategie und der Publikationsplanung zum Gesamtverbund. Zudem wirkt es an der Erhebung qualitativer Daten sowie an der Entwicklung der Fortbildungsinhalte mit.
Das Teilvorhaben B an der Hochschule Hannover (SOSdigital – educate) fokussiert den inhaltlichen Zusammenhang von Stärken und Schützen aus der Perspektive von Fachkräften. Auf Grundlage dieser formuliert das Teilprojekt in Kooperation mit Praxispartnern Anforderungen für Fortbildung und digitale Transferelemente.
Das Teilvorhaben C an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (SOSdigital – connect) untersucht innerhalb eines quantitativen Forschungsparadigmas die Einflüsse der Covid-19-Pandemie auf das Mediennutzungsverhalten Jugendlicher in der Wahrnehmung von Fachkräften und die damit verbundenen veränderte Anforderungen an die pädagogische Praxis. Im Rahmen eines Partizipationsformats, in dem Expert*innen aus den Bereichen Sexualpädagogik, Gewaltprävention und Medienpädagogik gemeinsam einen Reflexions- und Entwicklungsprozess gestalten, entwickelt das Teilvorhaben das Online-Portal „SOSdigital“, auf dem digitale Fortbildungsformate inkl. der hierzu notwendigen Fortbildungsmaterialien und der o. g multimedialen Transfermaterialien dauerhaft und effektiv angeboten werden.
Ziele des Forschungsprojekts
SOSdigital zielt auf die partizipative Entwicklung eines Online-Portals mit einem multimethodischen Qualifizierungsangebot hinsichtlich der Prävention sexualisierter Gewalt mittels digitaler Medien, das die komplexe Dynamik auf „Stärkung“ und „Schutz“ reflektiert. Das Angebot richtet sich an Fachkräfte der Sexualpädagogik, der Prävention sexualisierter Gewalt sowie der Medienpädagogik. Zu diesem Zweck verfolgt das Vorhaben eine Reihe von Arbeitszielen. SOSdigital...
- erforscht die Fortbildungsdesiderate der adressierten Fachkräfte und re-analysiert die im Rahmen von SOS geführten Gruppendiskussionen mit Sexualpädagog*innen und Fachkräften der Gewaltprävention gezielt zu Aussagen hinsichtlich sexualisierter Gewalt mittels digitaler Medien.
- ergänzt die vorliegenden Daten durch Gruppendiskussionen mit Medienpädagog*innen und wertet diese in vergleichbarer Weise hinsichtlich Inhalten, Methoden und kollektiven Orientierungen aus.
- ergänzt die vorliegenden Daten zusätzlich durch weitere Gruppendiskussionen mit Sexualpädagog*innen und Fachkräften der Gewaltprävention, sowie eine Online-Fachkräftebefragung, um gezielt Einflüsse der Corona-Pandemie auf das Mediennutzungsverhalten von Jugendlichen und eine mögliche Veränderung der Risiken und Umgangsweisen seit der ursprünglichen Studie zu erheben.
- organisiert ein auf Dauer angelegtes Partizipationsformat, in dem Expert*innen aus den Bereichen Sexualpädagogik, Gewaltprävention und Medienpädagogik gemeinsam einen Reflexions- und Entwicklungsprozess gestalten.
- entwickelt und konsentiert Inhalte für digitale Fortbildungsmaßnahmen aus den ausgewerteten Daten unter Beteiligung der drei größten und bundesweit tätigen, arbeitsfeldspezifischen Fachverbände: pro familia Bundesverband (Sexualpädagogik), Deutsche Gesellschaft für Prävention und Intervention bei Kindesmisshandlung, -vernachlässigung und sexualisierter Gewalt (DGfPI; Gewaltprävention), Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK; Medienpädagogik).
- entwickelt im Rahmen eines partizipativen Prozesses ein Online-Portal „SOSdigital“, auf dem digitale Fortbildungsformate inkl. der hierzu notwendigen Fortbildungsmaterialien dauerhaft und effektiv angeboten werden. Das Online-Portal „SOSdigital“ wird professionell gestaltet, programmiert und formativ evaluiert.
- entwickelt und produziert Materialien und Fortbildungs-Tools für sexualpädagogische, gewaltpräventive und medienpädagogische Fachkräfte, die ebenfalls auf dem SOS-Onlineportal frei zugänglich und in digitaler Form zur Verfügung gestellt werden.
Laufzeit: Januar 2022 - Dezember 2024
Gefördert durch: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)