“Mit Wissenschaftlern aus der ganzen Welt zu arbeiten war eine fantastische Erfahrung“
Dr. Mubarak Hussain Syed aus Kaschmir im Himalaja ist Alumnus der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU). Er absolvierte seine Doktorandenausbildung im „CEDAD-IMPRS“, einem gemeinsamen Promotionsprogramm von WWU und Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin (MPI), das mittlerweile durch das erweiterte Nachfolge-Programm „CiM-IMPRS“ abgelöst wurde. Im Interview berichtet er Christina Heimken von seiner Zeit in Münster.
Möglicherweise haben Sie einige Zeit überlegt, bis Sie sich schließlich für eine Hochschule entschieden haben. Was hat Sie schließlich nach Münster geführt?
Nach Abschluss meines Master-Studiums in Biochemie an der Universität Kaschmir habe ich für einige Zeit als Lehrer gearbeitet. Aber schon bald habe ich gemerkt, dass es mir noch an Wissen fehlte, um in diesem Job wirklich gut zu sein. Ich zog nach Bangalore in Indien und begann dort, in einem Labor des international renommierten "National Centre for Biological Sciences" zu arbeiten. Inhaltlich beschäftigte ich mich mit der Gehirnentwicklung. Konkret untersuchte ich, welche Bedeutung die Gliazellen für die Funktion und Entwicklung des Gehirns haben. Diese Zellen kommen – neben den Neuronen – als zweiter wichtiger Zelltyp im Gehirn vor. Mein Interesse wuchs im Laufe der Zeit, und die beste Adresse für dieses Thema, das wusste ich, ist das Labor von Prof. Dr. Christian Klämbt an der Universität Münster. Ich hatte damals das Glück, ein Stipendium für das CEDAD-IMPRS-Graduiertenprogramm zu bekommen, das Vorgängerprogramm des heutigen CiM-IMPRS. Nach meinem Besuch in der Arbeitsgruppe von Christian Klämbt entschloss ich mich, an dem Graduiertenprogramm teilzunehmen.
Wofür genau haben Sie sich interessiert?
In Münster habe ich an Taufliegen geforscht, um die Rolle zu verstehen, die die Gliazellen bei der Bildung der Blut-Hirn-Schranke haben. Diese Barriere schützt das Gehirn. Ist sie beschädigt, kann es nicht mehr arbeiten, und das betroffene Tier stirbt. Ich habe einige Gene entdeckt, die für die Bildung der Blut-Hirn-Schranke essenziell sind. Interessanterweise gibt es diese Gene, die bei der Taufliege vorkommen, in ähnlicher Form auch bei Wirbeltieren. Dort könnten sie auch ähnliche Funktionen haben.
Wenn Sie an Ihre Zeit in Münster denken, an was erinnern Sie sich besonders gern?
Ich bin in einem Dorf aufgewachsen, und es hat mir immer gefallen, in kleinen Städten zu leben. Münster war der perfekte Ort für mich. Ich hatte eine fantastische Zeit in dieser Stadt voller Studierender und Fahrräder. Man erreicht dort fast alles mit dem Fahrrad. Das vermisse ich – genauso wie das Joggen um den Aasee und die Promenade.
Was war für Sie das Besondere an dem gemeinsamen Graduiertenprogramm von WWU und MPI?
Die beteiligten Arbeitsbereiche haben an vielen verschiedenen Aspekten der Zellbiologie gearbeitet, von der Entwicklung und Funktion unterschiedlicher Zelltypen über die Zell-Zell-Kommunikation bis hin zur Zellwanderung und zellulären Netzwerken. Die multidisziplinären Ansätze, um die grundlegenden Funktionen der verschiedenen Zelltypen zu verstehen, machen das Programm einzigartig. Studierende aus Biologie, Chemie, Mathematik, Physik und Computerwissenschaften arbeiten gemeinsam, um die aktuellen, brennenden Fragen der Zellbiologie zu beantworten.
Ihre Mit-Doktoranden kamen nicht nur aus verschiedenen Fachbereichen, sondern auch aus aller Welt …
Der Schlüssel zu herausragender Wissenschaft und zur Exzellenz von Forschungseinrichtungen ist die Offenheit für Vielfalt jeder Art. Vor diesem Hintergrund war es wirklich eine fantastische Erfahrung, im Graduiertenprogramm Wissenschaftler aus der ganzen Welt kennenzulernen und mit ihnen zu arbeiten. Ich habe in Deutschland und in den USA gearbeitet. Dabei habe ich einen großen Unterschied festgestellt. In den amerikanischen Universitäten und Forschungsinstituten gibt es innerhalb der Fachbereiche eine enorme Vielfalt. Die US-amerikanischen Universitäten haben internationale Zentren, wo sich die Menschen bei einem Kaffee oder zum Essen treffen. Die Universitäten organisieren internationale Feste, zum Beispiel indische, afrikanische oder arabische Nächte. Ich habe es immer genossen, an solchen Festen teilzunehmen.
Wie ging es nach Ihrer Zeit in Münster weiter?
Nach meiner Doktorarbeit war ich Postdoktorand bei Prof. Chris Doe am Howard Hughes Medical Institute der Universität Oregon in den USA. Bei ihm habe ich die molekularen Mechanismen untersucht, die für die Diversität der Zellen im Taufliegen-Gehirn verantwortlich sind. Dabei habe ich einen Mechanismus entdeckt, über den Hormone die Zelldifferenzierung steuern und für die ordnungsgemäße Entwicklung des Gehirns sorgen.
Kürzlich habe ich eine Stelle als Tenure-Track-Assistenzprofessor an der University of New Mexico in Albuquerque bekommen. Es ist aufregend und auch eine Herausforderung, eine Gruppe zu leiten, in der man sich den spannenden Fragen widmen kann, wie das Gehirn sich entwickelt und wie es funktioniert. Außerdem betreue und berate ich Studierende gerne. Dazu habe ich künftig die beste Gelegenheit.
Ich freue mich, Anfang nächsten Jahres meine eigene Arbeitsgruppe zu haben. Und ich bin davon überzeugt, dass die Teilnahme an dem CEDAD-IMPRS-Graduiertenprogramm und die Arbeit mit Christian Klämbt meine wissenschaftliche Karriere enorm beeinflusst haben. Ohne die fantastische Betreuung durch Christian Klämbt wäre ich nicht da, wo ich jetzt bin.
Zum Hintergrund:
An der WWU gibt es zahlreiche Graduiertenkollegs und weitere Programme für Nachwuchswissenschaftler. Eines von ihnen ist das Graduiertenprogramm "CiM-IMPRS", ein gemeinsames Angebot der WWU und des Max-Planck-Instituts für molekulare Biomedizin. Es ist ein Zusammenschluss der Graduiertenschule des Exzellenzclusters "Cells in Motion" (CiM) und der "International Max Planck Research School - Molecular Biomedicine“ (IMPRS-MBM). „CiM-IMPRS“ ist hervorgegangen aus einer Kooperation der Forschungsschulen "Zelldynamik und Erkrankung" ("Cell Dynamics and Disease", CEDAD) an der WWU und „IMPRS-MBM“.