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Münster (upm)
Die Forschungsgruppe von Frank Glorius nutzt Photokatalysatoren und sichtbares Licht zur selektiven Spaltung von Schwefel-Schwefel-Bindungen. Die Farbe des Reaktionsgemisches nach der Reaktion kann einen ersten Hinweis auf die entstandenen Produkte geben (auf dem Foto eine Platte mit unterschiedlichen Reaktionsgemischen).<address>© WWU/Michael Teders</address>
Die Forschungsgruppe von Frank Glorius nutzt Photokatalysatoren und sichtbares Licht zur selektiven Spaltung von Schwefel-Schwefel-Bindungen. Die Farbe des Reaktionsgemisches nach der Reaktion kann einen ersten Hinweis auf die entstandenen Produkte geben (auf dem Foto eine Platte mit unterschiedlichen Reaktionsgemischen).
© WWU/Michael Teders

Chemiker stellen neuen Reaktionsweg vor

Photokatalytisches Verfahren zur Spaltung von Disulfiden ist schnell und biokompatibel

Wissenschaftler um Prof. Dr. Frank Glorius und Michael Teders von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) und Prof. Dr. Dirk Guldi von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) haben einen neuen chemischen Reaktionsweg vorgestellt, der für die Forschung und für die Wirkstoffproduktion von Interesse sein könnte. Die neue Reaktion führt zu einer Spaltung von Bindungen zwischen zwei Schwefelatomen. Um sie zu ermöglichen, nutzen die Chemiker die Methode der lichtgesteuerten Katalyse (Photokatalyse). Die Arbeit ist aktuell in der Fachzeitschrift „Nature Chemistry“ (online vorab) veröffentlicht.

Vorteile der neuen Reaktion: Sie läuft sehr schnell ab („Klick-Chemie“) und ist besonders passgenau. Bei der symmetrischen Spaltung der Disulfide, also von Molekülen mit Bindungen zwischen zwei Schwefelatomen, entstehen Produkte, die für verschiedene Anwendungen genutzt werden könnten. „Diese sogenannten Thiyl-Schwefel-Radikale könnten zum Beispiel zur Herstellung von Medikamenten, Pflanzenschutzmitteln oder Polymeren eingesetzt werden“, sagt Frank Glorius vom Organisch-Chemischen Institut der WWU.

Um die Reaktion zu ermöglichen, verwenden die münsterschen Wissenschaftler ein spezielles Photokatalysator-Molekül, das die Energie von sichtbarem Licht absorbiert, speichert und sie anschließend auf ein unmittelbar an der Reaktion beteiligtes Molekül überträgt. Dieser Prozess, bei dem die Moleküle gegenseitig Elektronen übertragen, wird als Energietransfer bezeichnet. Im Gegensatz zum einseitigen Elektronentransfer vom Photokatalysator ist dieses Verfahren in der lichtgesteuerten Photokatalyse wenig verbreitet. Die Arbeitsgruppe von Dirk Guldi (FAU) klärte den molekularen Mechanismus des Energietransfers mit der Methode der Ultrakurzzeitspektroskopie auf. Sehr kurze Laserblitze machen hierbei die molekularen Eigenschaften und Veränderungen während einer chemischen Reaktion sichtbar.

Eine für Biochemiker interessante Eigenschaft des neuen Reaktionsweges ist seine Biokompatibilität. Das heißt, er kann potenziell in lebenden Zellen ablaufen, ohne dort Schäden anzurichten. Umgekehrt gilt: Die Reaktion wird nicht durch Bestandteile der Zellen gestört. Dies macht den Reaktionsweg interessant für mögliche Anwendungen in der molekularen Markierungschemie. Dabei geht es darum, Biomoleküle in lebenden Zellen sichtbar zu machen, um biologische Prozesse beobachten zu können. Die Biokompatibilität der Energietransfer-Methode wurde an der WWU von den Forschungsgruppen um Frank Glorius und Biochemikerin Andrea Rentmeister, Professorin im Exzellenzcluster „Cells in Motion“ (CiM), durch die Entwicklung und Anwendung eines neuartigen Screeningverfahrens evaluiert. Dabei gaben die Wissenschaftler dem Reaktionsansatz einerseits zahlreiche in der Zelle vorkommende Biomoleküle einzeln zu, um deren jeweilige Auswirkungen zu studieren. Außerdem prüften sie, welche Auswirkungen die Gesamtheit der in der Zelle vorkommenden Biomoleküle auf die Reaktion hat.

Die Arbeit wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.

 

Originalveröffentlichung:

Teders M. et al.: The energy-transfer-enabled biocompatible disulfide–ene reaction. Nature Chemistry 06 August 2018 (Advance Online Publication); DOI: 10.1038/s41557-018-0102-z

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