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Münster (upm/ch)
Annika Brünje, Prof. Dr. Iris Finkemeier und Dr. Ines Lassowskat (v. l.)<address>© WWU/Jonas Giese</address>
Annika Brünje, Prof. Dr. Iris Finkemeier und Dr. Ines Lassowskat (v. l.)
© WWU/Jonas Giese

Pflanzenphysiologen entdecken neuen Mechanismus der Fotosynthese-Regulation

Deutsch-finnisches Team zeigt: Bisher unbekannter Mechanismus ermöglicht Umschalten zwischen molekularen Lichtsammel-Komplexen

Pflanzen ermöglichen unzähligen Organismen, auch den Menschen, das Leben auf der Erde: Sie fangen die Energie des Sonnenlichts ein und wandeln sie in Zucker und Biomasse um und setzen dabei Sauerstoff frei. Damit legen sie den Grundstein für die meisten Nahrungsketten. Dahinter steht die Fotosynthese: eine komplexe molekulare „Lichtsammel-Maschinerie“ aus Proteinen und Pigmenten. Pflanzen müssen ihre Fotosynthese-Leistung flexibel an die Lichtbedingungen anpassen. So gibt es zwei Fotosynthese-Komplexe, Fotosysteme I und II genannt, die bei Licht unterschiedlicher Wellenlänge optimal arbeiten. Ein deutsch-finnisches Team um Pflanzenphysiologin Prof. Dr. Iris Finkemeier, Doktorandin Annika Brünje und Post-Doktorandin Ines Lassowskat von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) hat nun bei der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) einen neuen Regulationsmechanismus für das Umschalten zwischen diesen beiden Fotosystemen entdeckt. Die Ergebnisse sind aktuell in der Fachzeitschrift „Plant Cell“ veröffentlicht.

Zum Hintergrund: Ein häufiger Mechanismus der molekularen Regulierung ist die Phosphorylierung. Dabei werden Proteine durch eine kleine reversible chemische Veränderung (Anhängen einer Phosphatgruppe) vorübergehend in ihrer Funktion und im Hinblick auf ihre Wechselwirkung mit anderen Proteinen verändert. Das passiert auch bei der Fotosynthese. Außerdem gibt es weitere regulative chemische Veränderungen von Proteinen, die an der Fotosynthese beteiligt sind. Iris Finkemeier und ihre Kollegen haben darüber hinaus einen neuen, bisher unbekannten Mechanismus aufgezeigt: Sie haben erstmals eine „Protein-Acetyltransferase“ identifiziert, die bei dieser Regulation eine wichtige Rolle spielt. Acetyltransferasen sind Enzyme, die Acetylgruppen zwecks Regulierung an Proteine anhängen.

„In Vorlesungen wird weltweit gelehrt, dass die Protein-Phosphorylierung eine Voraussetzung für das ‚Umschalten‘ zwischen den Fotosystemen I und II ist. In den Pflanzen, die wir für unsere Untersuchungen genutzt haben, ist die Phosphorylierung nicht gestört. Das ‚Umschalten‘ funktioniert aber trotzdem nicht. Das bedeutet: Die Phosphorylierung kann nicht allein zuständig sein. Wir haben jetzt gezeigt, dass dafür auch eine bestimmte Acetyltransferase verantwortlich ist“, sagt Iris Finkemeier. Die Acetyltransferase trägt den Namen „nuclear shuttle interacting“ (NSI) und kommt in den Chloroplasten der Pflanzen vor – also in den Zellbestandteilen, in denen die Fotosynthese stattfindet. Die Forscher wiesen nach, dass die NSI-Acetyltransferase verschiedene an der Fotosynthese beteiligte Proteine mit Acetylgruppen versieht.

Pflanzen, bei denen diese Acetyltransferase nicht funktioniert, können ihre Fotosynthese nur bedingt an veränderte Lichtbedingungen anpassen. Annika Brünje erklärt: „Die Pflanzen besitzen in den Membranen der Chloroplasten mobile molekulare Lichtsammel-Antennen. Diese verändern ihre Position normalerweise abhängig von den Lichtbedingungen und wechseln so zwischen den beiden Fotosystemen hin und her. Fehlt jedoch die NSI-Acetyltransferase, klappt der Übergang nicht mehr. Offensichtlich sind also mindestens zwei Regulationssysteme beteiligt.“

Um in den Chloroplasten der Ackerschmalwand die Ziel-Moleküle der NSI-Acetyltransferase zu identifizieren, setzten die Wissenschaftler hochauflösende quantitative Massenspektrometrie ein. Zur Messung der Fotosynthese-Leistung und zur Analyse der Lichtsammel-Komplexe nutzten sie spektroskopische Verfahren sowie eine Methode zur Trennung von Proteinen, die native Gel-Elektrophorese. Mit einem fluoreszenzmikroskopischen Verfahren identifizierten sie die Acetyltransferase in den Chloroplasten.

Neben dem münsterschen Team waren Wissenschaftler der Universität Turku, Finnland, federführend an der Studie beteiligt. Die Münsteraner erhielten finanzielle Unterstützung von der Deutschen Forschungsgemeinschaft sowie durch das „European Research Area Network for Coordinating Action in Plant Sciences“ („europäisches Forschungsnetzwerk zur Koordinierung der Pflanzenforschung”).

 

Originalveröffentlichung:

Minna M. Koskela, Annika Brünje et al. (2018): Chloroplast acetyltransferase NSI is required for state transitions in Arabidopsis thaliana. Plant Cell; DOI: 10.1105/tpc.18.00155

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