"Diese Projekte würde man sich überall in Deutschland wünschen"
Als Bundesaußenminister Sigmar Gabriel Ende letzten Jahres davon erfuhr, dass die britische "Varkey Foundation" Dr. Marie-Christine Ghanbari zu den weltbesten Lehrern zählt, griff er spontan zum Telefonhörer. Bei einem kurzen Telefonat gratulierte er der 34-jährigen Pädagogin nicht nur, sondern versprach ihr auch, sich in absehbarer Zeit vor Ort über ihre Arbeit informieren zu wollen. Gesagt, getan: Der Vizekanzler nahm sich am heutigen Tag (12. Mai) zwei Stunden Zeit, um sich mit der Lehrbeauftragten der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU), dem Rektorat und zahlreichen Kindern im Institut für Sportwissenschaft der WWU auszutauschen. "Ich bin beeindruckt", bilanzierte Sigmar Gabriel. "Frau Ghanbari hat Projekte aufgebaut, die man sich überall in Deutschland wünschen würde."
Rückblick: Mit Marie Ghanbari war erstmals eine Deutsche in die Endausscheidung der zehn weltbesten Lehrer gekommen. Der "Global Teacher Prize" der Varkey Foundation, einer gemeinnützigen Stiftung für bessere Bildungschancen, ist mit einer Million Euro dotiert. Es gewann schließlich die kanadische Pädagogin Maggie Mac Donnell für ihre Arbeit mit Schülern in der kanadischen Arktis.
Der Außenminister zeigte sich vor allem an den Konzepten der WWU zur Lehrerausbildung interessiert. Gibt es nach wie vor zu viel Frontalunterricht? Welches Konzept verfolgt die Universität Münster, um ihre rund 10.000 Lehramts-Studierenden auf ihren künftigen Beruf vorzubereiten? Ist in der Lehramtsausbildung die Differenzierung zwischen der Sekundarstufe I und II nach wie vor sinnvoll? Rektor Prof. Johannes Wessels und mehrere Fachvertreter erläuterten Sigmar Gabriel, der vor seiner politischen Karriere eine Ausbildung zum Gymnasiallehrer absolviert hatte, vor allem das WWU-Konzept des forschenden Lernens - dabei sollen auch die angehenden Lehrer von der Nähe zur Forschung profitieren und somit die Kombination von Theorie und Praxis optimal einsetzen.
In zwei Vorführungen demonstrierten Schüler der Klasse 5c der Gesamtschule Gescher, an der Marie Ghanbari unterrichtet, und der münsterschen Hermann-Grundschule die Konzepte. Im Unterricht gehe es ihr in erster Linie darum, betonte sie, Kinder im Glauben an sich selbst zu bestärken, und ihnen beizubringen, Verantwortung zu übernehmen und Probleme selbst zu lösen.
Mit der Hermann-Grundschule verbindet die WWU das Sportpatenprojekt: Auf Vorschlag des Schul-Kollegiums wird zahlreichen Kindern ein Sport-Student an die Seite gestellt, der sich mindestens ein Jahr lang intensiv um das Kind kümmert - die Studierenden begleiten die Kinder beispielsweise zum Schwimmen, animieren sie zum Fahrradfahren oder basteln mit ihnen Skateboards. Diese besondere Verbindung zwischen Schule und Hochschule existiert nur in Münster. "Eine wirklich großartige Idee", lobte Sigmar Gabriel und fügte lächelnd hinzu: "Übrigens hätte ich früher selbst gut einen Sportpaten brauchen können."