"Goldrausch" im Münsterland
Schon lange gibt es im Münsterland keine Kumpel mehr, die ihr tägliches Brot "auf'm Pütt" verdienen. Im 19. Jahrhundert war dies jedoch ganz anders. Die Entdeckung des Minerals Strontianit auf einem Feld in Nienberge bei Münster im Jahr 1834 löste goldrauschartige Zustände aus: Der Strontianit-Bergbau brachte viel Geld in die Region. Am Samstag, 23. Juni, lädt die "Expedition Münsterland" der Universität Münster in Kooperation mit "Ascheberg Marketing e.V." alle Interessierten zu einem Thementag rund um das einst begehrte Material ein. Beginn ist um 14.30 Uhr auf dem Hof Dabbelt in Ascheberg, Winkelstraße 7. Dort sind damals große Mengen Strontianit abgebaut worden. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Die Veranstaltung endet gegen 18 Uhr.
Strontianit wurde in der Zuckerindustrie eingesetzt: Das von den Münsterländern als "Strunz" bezeichnete durchscheinende kristalline Mineral ermöglichte es, den zuvor nicht nutzbaren Zuckeranteil aus Zuckerrüben zu isolieren und somit dessen Gewinnung zu verdoppeln. Auch bei der Produktion von Feuerwerkskörpern und Leuchtspurmunition wurde es in großen Mengen eingesetzt, da es in einer markanten karmesinroten Flamme verbrennt. Da viele Menschen an dem Reichtum, den der Abbau dieses Minerals mit sich brachte, teilhaben wollten, gab es zeitweise mehr als 600 Grubenbesitzer in Ascheberg, Drensteinfurt und Umgebung.
Auch für die Wirtschaftsstruktur der Region hatte der Strontianitabbau erhebliche Folgen: Viele Bauern verpachteten ihr Land an die Bergbau-Unternehmen und verloren aufgrund der besseren Bezahlung zusätzlich ihre Knechte an sie. Es kamen aber auch Bergarbeiter aus anderen Regionen in das südliche Münsterland und mit ihnen auch andere Mentalitäten und Weltanschauungen. So wurden durch Strontianit Gesellschaft, Religiosität und Politik im Münsterland nachhaltig geprägt, wie die Organisatoren des Thementags berichten.
Der fast komplett vergessenen Bedeutung dieser Periode möchte die Expedition Münsterland nun Rechnung tragen und die Geschichte ins Bewusstsein der Menschen zurückrufen. Die historischen Schachtanlagen auf dem Grundstück des "Hof Dabbelt" werden an diesem Tag mit großen Wetterballons markiert. Außerdem wird es mehrere Stationen auf dem Gelände geben, die durch Vorträge, Ausstellungen und Lesungen von Experten zu einem informativen Rundweg einladen. Des Weiteren stellt die Augustin-Wibbelt-Gesellschaft "ihren" berühmten münsterländischen Dichter Augustin Wibbelt vor, der in diesem Jahr seinen 150. Geburtstag feiern würde. In seinem Werk "De Strunz" beschreibt er auf Plattdeutsch den Abbau von Strontianit, der in der Region allerlei Unruhe brachte.
Die "Expedition Münsterland" ist eine Initiative der Arbeitsstelle Forschungstransfer der Universität Münster. Sie macht regionale Wissenschaftsschauplätze für die interessierte Öffentlichkeit erlebbar und lässt universitäre Forschung in der Region sichtbar werden.