"Cleveres" Etikett für eine Überwachung der Temperatur
Impfstoffe sind ein empfindliches Produkt. Damit sie in einwandfreiem Zustand beim Patienten ankommen, müssen sie ohne Unterbrechung bei vorgeschriebener Temperatur gekühlt werden. Prof. Dr. Meinhard Knoll vom Institut für Physikalische Chemie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) hat nun eine neue Technik entwickelt, mit der man die Temperatur künftig besonders kostengünstig überwachen kann. Auf speziellen Plastikfolien soll sich von selbst eine Temperaturkurve schreiben, aus der man ablesen kann, ob ein Produkt im Laufe der Zeit Temperaturschwankungen ausgesetzt war. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert die Entwicklung dieser sogenannten Thermograph-Nanofilmprozessoren nun mit 740.000 Euro für drei Jahre.
"Nanofilmprozessoren verkörpern eine völlig neue Form der Elektronik, die ohne Batterie arbeitet", betont Meinhard Knoll. Seine Arbeitsgruppe am Centrum für Nanotechnologie (CeNTech) in Münster ist die einzige Gruppe weltweit, die diese Prozessoren erforscht und weiterentwickelt – der WWU-Professor ist der Erfinder dieser patentierten Technik.
Das "clevere Etikett", der Thermograph-Nanofilmprozessor, besteht aus vielen winzigen Nanofilmprozessoren, die jeweils die Temperatur zu einem bestimmten Zeitpunkt erfassen. "Die einzelnen Prozessoren funktionieren im Labor jetzt schon zuverlässig", erklärt Meinhard Knoll. "Unsere Aufgabe im BMBF-Projekt ist es nun, eine ganze Reihe von diesen Prozessoren auf einem Chip zusammenzuschalten, damit man die Temperatur über einen längeren Zeitraum aufzeichnen kann." Dafür müssen die Forscher noch grundlegende Untersuchungen durchführen. Ziel ist es, eine industrielle Produktion der Etiketten zu ermöglichen.
Das Folien-Etikett ist aus mehreren nanoskaligen Metall- und Polymerschichten aufgebaut, in denen elektrochemische Reaktionen ablaufen. "Die Herstellungskosten werden bei einer Massenproduktion stückzahlabhängig voraussichtlich im Bereich zwischen zehn Cent und einem Euro liegen", schätzt Meinhard Knoll. "Damit können sie sogenannte Temperatur-Logger mit Display ersetzen, die auf konventioneller Elektronik beruhen und rund 200 Euro kosten."
Anwendungsmöglichkeiten des Thermograph-Nanofilmprozessors sieht der Professor nicht nur in der pharmazeutischen Industrie, wo es neben Impfstoffen zahlreiche weitere kühlpflichtige Medikamente gibt. Auch in der Medizin, beispielsweise bei Blutkonserven, könnte die Technik zum Einsatz kommen.