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Münster (upm/ap).
Elisabeth Rockel-Dues an ihrem Arbeitsplatz im Foyer des Schlosses.<address>© Uni MS - Johannes Wulf</address>
Stets freundlich und mit einem offenen Ohr: Elisabeth Rockel-Dues war zwanzig Jahre lang die erste Anlaufstelle für alle Schlossgäste.
© Uni MS - Johannes Wulf

Das Gesicht des Schlosses

Nach zwanzig Jahren am Empfang geht Elisabeth Rockel-Dues in den Ruhestand

Ist das hier das Schloss oder die Uni? Wie viele Studierende hat die Uni Münster? Wo ist meine Vorlesung? Wie viele hundert Male sie diese Fragen schon beantwortet hat, kann Elisabeth Rockel-Dues nicht sagen. Dennoch vermittelt sie jedem Gast das Gefühl, als höre sie die Frage zum ersten Mal, und gibt authentisch und freundlich Auskunft. Seit zwanzig Jahren arbeitet sie an der Information im Foyer – sie ist das Gesicht des Schlosses. Wer dort regelmäßig ein- und ausgeht, kennt sie und wird entsprechend begrüßt. „Tach, Werner!“ „Mensch, du bist zurück, bist du wieder gesund?“ Elisabeth Rockel-Dues hat für alle ein herzliches Lächeln. „Freundlichkeit ist das A und O“, sagt sie, gefragt nach den Kompetenzen, die man für ihren Job mitbringen muss. „Ich bin hier, um den Menschen zu helfen. Wer unfreundlich in ein Gespräch geht, soll freundlich herausgehen. Das ist mein Anspruch“, unterstreicht sie.

Elisabeth Rockel-Dues macht ihren Job mit Herzblut – und das liegt vielleicht auch daran, dass sie ihn selbst geschaffen hat. Nach beruflichen Stationen bei Fotografen in Ahaus und Enschede bescherte ihr eine Tätigkeit für Hansa Luftbild längere Auslandsreisen. Für diese Tochter der Lufthansa arbeitete die ausgebildete Fotografin unter anderem in Somalia, Benin, Thailand und Indien. 1996 fing sie in der drucktechnischen Zentralstelle der Universität Münster an, heute UniPrint. Von dort aus ging es für rund zwei Jahre in die Poststelle. „Bei meinen Botengängen fielen mir immer wieder orientierungslose Menschen im Foyer auf. Da dachte ich, es kann doch nicht sein, dass das Schloss keine Informationsstelle hat“, schildert sie die Initialzündung. Mit dieser Idee wurde sie im Dezernat bei Werner Brüning vorstellig, dem Vorgänger von Manfred Kuypers. Seine Reaktion: „Superidee! Das machen wir, aber nur, wenn Sie den Job übernehmen.“ Vier Wochen später war es so weit.

Seitdem hat sie für alle ein offenes Ohr. In den vielen Jahren hat sie so manches erlebt und eine ausgeprägte Menschenkenntnis entwickelt. „Wer Psychologie studiert, sollte mal 14 Tage am Empfang sitzen“, meint Elisabeth Rockel-Dues. Es gibt praktisch kein Thema, bei dem sie nicht um Rat gebeten wird. Eltern erkundigen sich bei ihr nach einer Wohnung für ihre frisch eingeschriebenen Kinder. Erstsemester, die sich verlaufen haben, wollen wissen, wofür die Buchstaben in den Raumangaben stehen – S für Schloss, SCH für Scharnhorststraße. Viele Touristen fragen, wer das Schloss gebaut hat und welche Funktionen es vorher hatte. Ein Zulieferer, der neue Reifen „für die Uni“ bringt, sucht die korrekte Adresse, Elisabeth Rockel-Dues weiß Rat. Immer. Doch manchmal geht es weit darüber hinaus. „Ich hatte hier schon häufiger weinende Studierende sitzen, die Angst hatten, die Prüfungen nicht zu schaffen. Dann bin ich Seelentrösterin.“ Für solche Fälle hält sie immer Kaffee und Kekse bereit. Auch prominente Begegnungen gibt es: Der Dalai Lama hat ihr die Hand geschüttelt, die Tatort-Schauspieler Jan Josef Liefers und Axel Prahl sind häufig zu Dreharbeiten im Schloss.

Was braucht es neben Freundlichkeit und Menschenkenntnis noch, um den Job so auszufüllen, wie Elisabeth Rockel-Dues es tut? „Geduld, Durchsetzungsvermögen und Fingerspitzengefühl“, lautet ihre Antwort. Sie merke sofort, wenn die Leute ihr nicht mehr zuhören, während sie noch den Weg erklärt. Wenn bei Empfängen im Foyer Gäste ihr Geschirr am Empfang stehen lassen, ärgert sie das. „Dann bitte ich sie, das wegzuräumen.“ Manchmal werde ihr Job unterschätzt, aber die meisten Gespräche seien von Höflichkeit geprägt. Vor Jahren bat ein verkaterter Student früh morgens um einen Kaffee, um die Vorlesung durchzustehen – und bedankte sich später handschriftlich auf einem Zettel, den Elisabeth Rockel-Dues bis heute aufbewahrt hat. Es ist auch schon vorgekommen, dass zum Dienstbeginn um 7.30 Uhr ein Blumenstrauß vor der Glasscheibe stand.

Solche Begegnungen werden ihr fehlen, wenn sie zu Ende des Jahres in den Ruhestand geht. Überhaupt die Menschen: „Wenn ich aus dem Urlaub wiederkomme, freuen sich viele, mich wieder am gewohnten Platz zu sehen“, berichtet sie. Die 64-Jährige freut sich darauf, mehr Zeit mit ihren zwei Enkelkindern zu verbringen, die im Stadtteil Mauritz nebenan wohnen. Vor ein paar Jahren hat Elisabeth Rockel-Dues die Naturfotografie für sich entdeckt. Häufig startet sie morgens gegen fünf Uhr zu Streifzügen, um perfekte Momente einzufangen, bevor es in den Schrebergarten geht. Beim samstägigen Wochenmarkteinkauf besteht ihr Mann darauf, möglichst früh dort zu sein. „Sonst werde ich oft angesprochen, mich kennen einfach viele.“ Vielleicht dauert der Wochenmarktbesuch in Zukunft doch etwas länger, wenn es ein Wiedersehen gibt mit all den Menschen, die das bekannte Gesicht des Schlosses vermissen werden.

Autorin: Anke Poppen

Dieser Artikel stammt aus der Unizeitung wissen|leben Nr. 8, 11. Dezember 2024.

 

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