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Münster (upm/lp).
Auf dem Foto sieht man Hände, die etwas auf einem Computer tippen. Über dem Computer ist ein Hologramm mit Daten abgebildet.<address>© stock.adobe.com - Summit Art Creations</address>
Das Vertrauen der deutschen Bevölkerung in die Wissenschaft ist stabil.
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Vertrauen in die Forschung ist stabil

Kommunikationswissenschaftlerin sieht positive Entwicklungen beim Wissenschaftsbarometer 2024

Ein Großteil der deutschen Bevölkerung hält den Einfluss der Wissenschaft auf die Politik für zu gering. Die aktuellen Daten des Wissenschaftsbarometers 2024 belegen, dass dieser Wert mit 47 Prozent erstmals seit Erhebungsstart 2014 über dem Anteil derer liegt, die den Einfluss für genau richtig halten. Prof. Dr. Julia Metag, Kommunikationswissenschaftlerin an der Universität Münster, sitzt im wissenschaftlichen Beirat der Studie und hat eine Erklärung für die Entwicklung. „Momentan ist der Zusammenhang zwischen wissenschaftlichen und politischen Debatten weniger offensichtlich“, vermutet sie. „Anders war das während der Coronapandemie, als wissenschaftliche Erkenntnisse über das Virus ausschlaggebend für politische Entscheidungen waren und diese öffentlich diskutiert wurden.“ Zwar wünscht sich die Forscherin bei Themen wie dem Klimawandel ein offeneres Ohr der Politik gegenüber der Wissenschaft. Gleichwohl sei eine strikte Trennung von wissenschaftlichen und politischen Aussagen wichtig. „Ansonsten droht ein Vertrauensverlust in die Wissenschaft“, betont Julia Metag.

Das Vertrauen der Bevölkerung in die Wissenschaft ist mit 55 Prozent ähnlich hoch wie im Vorjahr. „Das ist ein solider Wert. Viel wichtiger ist aber, dass die Zahl derer, die der Wissenschaft nicht vertrauen, auf neun Prozent gesunken ist“, unterstreicht die Wissenschaftlerin. Die Vermutung eines steigenden Misstrauens, die nach dem überraschenden Anstieg um fünf Prozent im vergangenen Jahr in Expertenkreisen kursierte, habe sich demnach nicht bestätigt. Wenn es um das Vertrauen in wissenschaftliche Themen rund um den Klimawandel geht, verzeichnen die Verantwortlichen der Studie ebenfalls einen Anstieg: In den vergangenen acht Jahren ist das Vertrauen in die Forschung zum Klimawandel von 39 Prozent auf 59 Prozent gestiegen.

Das sei auch den zunehmend umfangreicheren Formaten der Wissenschaftskommunikation zu verdanken. „Insbesondere in der Hochschullandschaft hat sich hier in den letzten zwanzig Jahren viel getan“, beobachtet Julia Metag. Jeder habe die Möglichkeit, sich umfassend über wissenschaftliche Themen zu informieren. Demnach gaben über 80 Prozent an, sich teilweise bis sehr gut über Forschungsthemen informiert zu fühlen.

Etwas besorgniserregender seien dagegen die strukturellen Probleme im Journalismus: In vielen Medienhäusern fallen Stellen weg, häufig wird in den Wissenschaftsressorts als erstes eingespart. Folglich sei der Umfang und die Qualität der wissenschaftsbezogenen Berichterstattung in den vergangenen Jahren zurückgegangen. Das spiegelt sich auch in den Ergebnissen des Wissenschaftsbarometers wider: 60 Prozent der Befragten hielten es für wahrscheinlich, dass Journalistinnen und Journalisten Forschungsergebnisse verzerrt wiedergeben.

Erstmals wurden in diesem Jahr die Einschätzungen der Bürgerinnen und Bürger zur Wissenschaftsfreiheit abgefragt. 45 Prozent der Befragten meinten: eher gut oder sehr gut. Das sei insofern überraschend, erklärt Julia Metag, als sich diese Zahlen durch andere Studien nicht bestätigen lassen. Einer Umfrage des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung zufolge empfinden vier von fünf Personen mit Professur, Postdocs und Promovierende den Zustand des Wissenschaftssystems im Hinblick auf Autonomie und Forschungsfreiheit als eher gut oder sehr gut. Die Diskrepanzen zwischen den Studien könnten in der Methodik des Wissenschaftsbarometers begründet sein. Vielen Befragten schien der Begriff Wissenschaftsfreiheit zu abstrakt gewesen zu sein, daher legten sich 40 Prozent nicht auf „gut“ oder „schlecht“ fest, sondern wählten die Option „teils, teils“.

Das Wissenschaftsbarometer ist eine jährlich durchgeführte Studie der Organisation „Wissenschaft im Dialog“. In diesem Jahr wurden 1.005 Personen ab 14 Jahren per Telefoninterview zu verschiedenen Themen rund um Wissenschaftsvertrauen und -freiheit befragt.

Autor: Linus Peikenkamp

Dieser Artikel stammt aus der Unizeitung wissen|leben Nr. 8, 11. Dezember 2024.

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