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Münster (upm/ap).
Prof. Dr. Miguel John Versluys und Prof. Dr. Engelbert Winter im Gespräch an einem Tisch sitzend.<address>© Uni MS - Linus Peikenkamp</address>
Der Archäologe Prof. Dr. Miguel John Versluys (l.) und der Altertumswissenschaftler Prof. Dr. Engelbert Winter arbeiten seit mehreren Jahren eng zusammen.
© Uni MS - Linus Peikenkamp

Globalisierung gab es schon in der Antike

Archäologe Miguel John Versluys ist als Humboldt-Forschungspreisträger zu Gast in Münster

Globalisierung und Konnektivität gelten als Megatrends, die die Zukunft entscheidend beeinflussen werden. Doch beide sind keine Phänomene der Neuzeit, sondern prägten bereits die Antike. Damit beschäftigt sich der niederländische Archäologe Prof. Dr. Miguel John Versluys von der Universität Leiden und hat dafür im Juli den Forschungspreis der Alexander-von-Humboldt-Stiftung erhalten. Die mit 60.000 Euro dotierte Auszeichnung ist mit mehreren Forschungsaufenthalten an der Universität Münster verbunden, die mit diesem Wintersemester beginnen. Prof. Dr. Engelbert Winter von der Forschungsstelle Asia Minor im Seminar für Alte Geschichte hat ihn für den Preis vorgeschlagen. „Miguel John Versluys bereichert die klassische Archäologie um neue Perspektiven. Zugleich trägt er mit seinem interdisziplinären Ansatz dazu bei, dass die Archäologie auch auf andere Fächer einwirkt“, erläutert der Altertumswissenschaftler. Die beiden Forscher lernten sich 2009 in Heidelberg kennen, seit 2014 arbeiten sie eng zusammen. „Der Preis ist eine große Ehre – sowohl für mich als auch als Würdigung unserer Kooperation“, sagt Miguel John Versluys.

Portraitfoto Prof. Dr. Miguel John Versluys<address>© Uni MS - Linus Peikenkamp</address>
Prof. Dr. Miguel John Versluys
© Uni MS - Linus Peikenkamp

Sein tiefenhistorischer Ansatz, der lange Zeitläufe in den Blick nimmt, eröffnet einen neuen Blick auf Phänomene, die vor allem mit der Neuzeit verbunden werden. „Schon im ersten Jahrtausend vor Christi gab es eine Beschleunigung der Lebenswelt. Das Perserreich sah sich als die ganze Welt umfassend. Die Antike ist wichtig für die Entstehung von Globalisierungskonzepten“, betont der Archäologe, der an Forschungsprojekten in Rom, Alexandria und Kommagene in der heutigen Türkei, ein Schwerpunkt der Forschungsstelle Asia Minor, beteiligt war. Dabei habe er sich bewusst nicht auf eine Region spezialisiert, um eine globale Perspektive zu entwickeln. „Frühere archäologische Forschungsarbeiten konzentrierten sich beispielsweise hauptsächlich entweder auf Rom oder Ägypten“, erläutert der 53-Jährige, der in seiner Dissertation von 2001 deren wechselseitige Verbindungen herausgearbeitet hat.

Ein weiteres Anliegen von Miguel John Versluys ist es, Geschichte nicht nur vom Menschen her zu denken. Er interessiert sich für die Verbindung von Mensch und Objekt. Wie agieren wir mit den Dingen, die uns umgeben, mit Tieren, mit dem Klima? Wie wirkt sich dies auf die Geschichte aus? „Wenn wir andere, nichtmenschliche Akteure mitbetrachten, haben wir ein differenzierteres Bild. Ein gutes aktuelles Beispiel ist unser Umgang mit Smartphones“, schlägt der Archäologe die Brücke in die Gegenwart. Um solche Vernetzungen zu erforschen, müsse man interdisziplinär arbeiten.

Unter dieser Prämisse stehen auch seine Forschungsaufenthalte, die den fächerübergreifenden Austausch der Altertumswissenschaften an der Universität Münster weiter fördern sollen. Zum Abschluss ist eine Tagung zur konzeptionellen Bedeutung von Konnektivität für historische Prozesse geplant, im nächsten Sommersemester steht ein Blockseminar an. „Das ist eine große Chance für unsere Studierenden, innovative Zugänge kennenzulernen“, betont Engelbert Winter. Vielleicht ergeben sich hieraus sogar neue Dissertationsprojekte. Es wäre nicht das erste Mal: Vor zwei Jahren wurde ein von der Forschungsstelle Asia Minor und Miguel John Versluys gemeinsam betreuter Doktorand mit einem Preis für die beste geisteswissenschaftliche Dissertation in den Niederlanden ausgezeichnet.

Autorin: Anke Poppen

Dieser Artikel stammt aus der Unizeitung wissen|leben Nr. 7, 6. November 2024.

 

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