Studie an Fischen zeigt verändertes Schlafverhalten durch Infektion
Das Phänomen ist bekannt: Wenn man nicht richtig schläft, wird man schneller krank. Umgekehrt beobachtet man, dass man bei einer Infektion anders schläft. Ein Team um Biologen vom Institut für Evolution und Biodiversität der Universität Münster hat nun untersucht, wie sich eine Infektion mit Parasiten auf das Immunsystem und auf das Schlafverhalten auswirkt – bei Dreistachligen Stichlingen, die mit ihrem natürlichen Parasiten, einem Bandwurm, infiziert waren. Ein Fazit: Infizierte Fische schlafen nach der Infektion länger als nicht infizierte Tiere. Allerdings beobachtete das Team diesen Unterschied erst einen Monat nach der Infektion. In den ersten Tagen gab es kaum Unterschiede. Die Ergebnisse sollen dazu beitragen, das Verständnis für die Wechselwirkungen zwischen Infektionen mit Makroparasiten, Schlaf und Immunantwort zu vertiefen.
Die Untersuchungen zeigen zudem: Fische, die dem Bandwurm zwar ausgesetzt waren, aber nicht infiziert wurden, weil das Immunsystem den Parasiten wahrscheinlich erfolgreich abwehrte, schliefen weniger als Tiere, die nicht mit ihm in Kontakt gekommen waren. Das Team stellte außerdem im Gehirn der Fische Unterschiede in der Aktivität der Gene fest, die für das Immunsystem und den Schlaf zuständige sind – abhängig davon, ob die Fische infiziert, dem Bandwurm ausgesetzt, aber nicht infiziert oder bandwurmfrei sind.
„Unsere Studie ist eine der ersten, die zeigt, wie Makroparasiten, also mehrzellige Parasiten, das Schlafverhalten von Wirten beeinflussen können“, betont Doktorand Marc Bauhus. Bisher habe es vor allem Untersuchungen zu Bakterien- und Virusinfektionen gegeben, die überwiegend bei Säugetieren durchgeführt wurden. Sie zeigten, dass Infektionen den Schlaf beeinflussen können, was mit den aktuellen Ergebnissen der münsterschen Studie übereinstimmt. Langfristig könnten diese Erkenntnisse auch in der Biomedizin relevant sein, zum Beispiel zur Behandlung von Schlafstörungen oder parasitären Erkrankungen.
Zu den Methoden: Das Team infizierte dreistachlige Stichlinge (Gasterosteus aculeatus) im Labor mit dem Bandwurm Schistocephalus solidus und zeichnete ihr Verhalten mit Kameras vollautomatisch auf, um die Aktivitäts- und Schlafphasen zu überwachen. Dabei kam ein mathematisches Modell („Hidden Markov-Modell“) zum Einsatz, um Schlafmuster anhand von Aktivitätsdaten objektiv zu identifizieren. Dieser neue Ansatz erleichtert das Messen von Schlaf in Organismen, bei denen sich die Gehirnaktivität nicht direkt messen lässt. „Genau genommen reden wir bei Fischen von schlaf-ähnlichem Verhalten, weil wir ihre Gehirnströme unter Wasser nicht wie bei Menschen im Schlaflabor messen können. Bei Fischen ist es in der Schlafforschung üblich, Inaktivität als Indikation für Schlaf zu verwenden“, erläutert Dr. Robert Peuß. Die Aktivität (Expression) von Genen im Gehirn wurde analysiert, um zu verstehen, welche Gene an den beobachteten Veränderungen beteiligt sein könnten.
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützte die Arbeit im Rahmen des Transregio-Sonderforschungsbereichs 212 („NC3“) finanziell.
Originalveröffentlichung
Marc B. Bauhus, Sina Mews, Joachim Kurtz, Alexander Brinker, Robert Peuß, Jaime M. Anaya-Rojas (2024): Tapeworm infection affects sleeplike behavior in three-spined sticklebacks. Scientific Reports 14, 23395: DOI: 10.1038/s41598-024-73992-7