Ein Studium der anderen Art
Studieren: Die meisten Menschen werden mit diesem Begriff eine wissenschaftliche Ausbildung an einer Hochschule in Vollzeit und einen bestimmten Lebensstil, geprägt von Vorlesungen, Semesterferien und dem Mensabesuch verbinden. Auf die überwältigende Mehrheit der rund 43.000 Studierenden der Universität Münster trifft dieses Bild in der einen oder anderen Form auch zu.
Bei einer verhältnismäßig kleinen und wenig bekannten Gruppe sieht der Studienalltag allerdings ganz anders aus: konkret bei den rund 1.000 Studierenden, die sich für ein berufsbegleitendes Studium an der Professional School der Universität Münster entschieden haben. Eine von ihnen ist – oder treffender: war – Fabienne Hoppe. Vor wenigen Wochen hat sie ihren „Master of Business Administration (MBA) in Marketing“ erfolgreich abgeschlossen.
Die 24-Jährige arbeitet seit 2018 bei der BASF Coatings GmbH in Münster-Hiltrup. Dort hat sie ein duales Studium absolviert und so ihre Ausbildung zur Industriekauffrau sowie zur Betriebswirtin abgeschlossen. Sie blieb der BASF erhalten, verschnaufte nach der Doppelbelastung Job und Studium kurz, nur um sie dann von vorne anzugehen. „Ich habe mich während des dualen Studiums sehr für Marketing interessiert. Mir war klar, dass ich Expertin in diesem Bereich werden und mich gleichzeitig weiterqualifizieren möchte, um irgendwann Verantwortung für ein Team oder eine Abteilung übernehmen zu können“, erklärt Fabienne Hoppe.
Sie machte sich also auf die Suche nach Masterstudiengängen, wägte ab, ob sie im Job bleiben und berufsbegleitend studieren möchte oder sich ganz der Uni verschreiben will. „Für mich stand schnell fest, dass ich es wieder berufsbegleitend machen möchte. Durch mein erstes Studium wusste ich, dass es mir gelingen würde, Beruf und Studium gemeinsam zu bewältigen. Außerdem war mir wichtig, die Theorie direkt in der Praxis anzuwenden – und das im Rahmen eines Präsenzstudiums“, betont sie. Mit dem Angebot der Professional School sowie der Nähe zum Wohn- und Arbeitsort fand Fabienne Hoppe die für sich optimalen Bedingungen vor, sodass sie im Juni 2022 mit ihrem Masterstudium begann.
Innerhalb von zwei Jahren absolvierte die gebürtige Essenerin acht Module, eine Seminar- und die Masterarbeit samt Disputation. Dabei beschäftigte sie sich mit operativem, strategischem und internationalem Marketing, lernte zudem mehr über interkulturelle Aspekte und Datenanalysen des Fachs. Die Module studierte sie ungefähr im acht- bis zehnwöchigen Rhythmus jeweils fünf Tage von Montag bis Freitag, hinzu kamen wenige Abendveranstaltungen und ein einwöchiger Aufenthalt an einer Hochschule in Hyderabad, Indien. Dabei reduzierte Fabienne Hoppe ihre Stunden beim Arbeitgeber nicht, was bedeutete, dass sie ihren Jahresurlaub für die Studientage aufwenden musste. „Mit dem Studienstart, der zu jedem einzelnen Modul möglich war, stand für mich der Plan für die nächsten zwei Jahre fest. Ich wusste genau, wann welcher Block stattfindet, wann ich welche Arbeiten einzureichen, wann ich welche Klausur zu schreiben hatte“, erklärt sie. Diese Planungssicherheit sei sehr hilfreich gewesen und habe es ihr ermöglicht, sich genauestens mit dem Arbeitgeber sowie den Kolleginnen und Kollegen zu koordinieren, das Lernen und Schreiben fürs Studium zu planen.
Bei BASF arbeitet Fabienne Hoppe in einem internen Start-up, das neue Geschäftsfelder für den Lackhersteller erschließen soll, der vor allem Lacke für den Fahrzeugbau produziert. „Ich begleite Großkunden aus der Spielzeugindustrie und unterstütze sie von der ersten Idee bis zum finalen Produkt.“ Ihre Weiterbildung hat das Unternehmen stark unterstützt, auch finanziell. Etwa 20.000 Euro kostete das Studium, einen Teil davon übernahm die BASF Coatings GmbH. Fabienne Hoppes Leistungen während ihres ersten dualen Studiums waren zudem so gut, dass sie ein Stipendium der Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen für den Master nutzen konnte.
Für Fabienne Hoppe bedeutete das Studium vor allem, von anderen lernen zu können – und das praxisnah. So kamen die Kommilitoninnen und Kommilitonen aus verschiedenen Branchen und Regionen, wodurch sie im direkten Austausch, aber auch durch die in den Seminaren besprochenen Fallstudien Einblicke in andere, reale Unternehmen bekam. „Ganz ähnlich war es mit den Lehrenden: Auch sie brachten ihre Erfahrungen aus der Praxis mit und stellten so immer eine Verbindung zu der Theorie her, die sie uns vermittelten.“
Für sie habe sich die Arbeit, die vor allem während des sechsmonatigen Schreibens der Masterarbeit an Abenden und Wochenenden enorm war, gelohnt. „Das liegt an den Inhalten des Masters, an dem großen Zusammenhalt unter uns Studierenden und dem direkten Draht zu den Dozentinnen und Dozenten. Das wäre in einem Studiengang mit Hunderten von Leuten nicht möglich gewesen“, unterstreicht Fabienne Hoppe, die zudem mit einem Lachen von der guten Organisation und der „luxuriösen“ Verpflegung seitens der Professional School schwärmt. Trotz des rundum positiven Fazits ist sie froh, sich nach über zwei Jahren der Doppelbelastung wieder nur um eine Aufgabe, ihren Job, zu kümmern – und Feierabend sowie Urlaub machen zu können. Und sie gönnt sich eine Belohnung für das abgeschlossene Studium: In Kürze reist sie nach Island.
Autor: André Bednarz
Dieser Artikel stammt aus der Unizeitung wissen|leben Nr. 6, 2. Oktober 2024.