„Die Datenpflege ist das A und O“
Sie bewerten Reputation, Ruf, Qualität der Lehre oder Forschungsaktivitäten: Wer es auf die vorderen Ränge in einem der großen internationalen Hochschulrankings schafft, ist für Studierende und Förderer attraktiv, hat gute Chancen, die besten wissenschaftliche Köpfe zu rekrutieren und weltweit exzellente Partnerinstitutionen zu finden. So bewerben die großen Rankingagenturen – etwa das QS World University Ranking, das Times Higher Education Ranking oder das Shanghai-Ranking – ihre Produkte. Doch spiegeln diese Marketingbotschaften wirklich die Realität wider? Seit den frühen 2000er Jahren sind internationale Hochschulrankings auf dem Markt, zugeschnitten auf das angelsächsische Universitätssystem. Kein Wunder also, dass vor allem die USA und Großbritannien bei den meisten Rankings die internationalen Bestenlisten anführen.
„Die deutschen Universitäten waren zunächst eher zurückhaltend gegenüber Rankings“, sagt Sarah Spiegel, Leiterin des Projekts Internationale Hochschulrankings von der Hochschulrektorenkonferenz (HRK). „Das hat sich in den vergangenen Jahren geändert. Auch wenn Rankings in erster Linie Marketinginstrumente sind, können sie im besten Fall den Universitäten nutzen.“ Insbesondere für die Internationalisierung seien gute Rangplatzierungen förderlich, denn sie stärkten die Anziehungskraft des Wissenschaftsstandorts Deutschland für ausländische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie für ausländische Studierende, so Sarah Spiegel.
Auch wenn Rankings in erster Linie Marketinginstrumente sind, können sie im besten Fall den Universitäten nutzen.
Die Universität Münster setzt sich seit 2015 systematisch mit dem Thema auseinander. Sie schuf eine Stelle für die Koordination von Rankings und verabschiedete 2019 eine eigene Ranking-Policy. „Dass Universitäten sich nachhaltige und passgenaue Strategien überlegen, ist entscheidend für den Rankingerfolg“, betont Dr. Linda Schücker, Rankingkoordinatorin an der Universität Münster. Mit ihrer Ranking Policy verfolgt die Universität Münster genau diesen Weg: Sie umfasst ein systematisches und kriteriengeleitetes Vorgehen sowohl hinsichtlich der aktiven Beteiligung an Rankings als auch der Verbreitung und Nutzung der Ergebnisse, etwa zur Identifizierung besonders erfolgreicher Fächer an der Universität Münster.
Die Rankings unterscheiden sich zum Teil in ihren Ausrichtungen und Methodiken. Manche vergleichen ganze Universitäten miteinander, andere betrachten nur einzelne Fachbereiche oder Fächer, einige fokussieren wissenschaftlichen Output wie der Nature-Index, andere umfassen Nachhaltigkeits-Indikatoren wie das relativ neue THE Impact Ranking. Bei den meisten Rankings ergibt sich das Gesamtergebnis in der Regel anhand der Gewichtung der unterschiedlichen Indikatoren. „Für einige Rankings sind Datenlieferungen der beteiligten Einrichtungen notwendig, andere beziehen sich auf verfügbare Informationen, etwa Zitationen oder öffentlich zugängliche statistische Daten. Bei Letzterem kann die Einrichtung also gar nicht frei entscheiden, ob sie mitmachen möchte oder nicht – sie taucht im Ranking auf. Das ist etwa beim Shanghai-Ranking der Fall“, erklärt Sarah Spiegel.
Das Rektorat der Universität Münster begrüßt vor allem Initiativen, die auf die Entwicklung, Erprobung und Etablierung wissenschaftsangemessener Verfahren von Leistungsvergleichen zielen – wie beispielsweise das Leiden Ranking – und spricht sich dafür aus, entsprechende Initiativen durch eine Teilnahme zu unterstützen. „Zudem sind uns die Qualitätsstandards der jeweiligen Rankingagenturen sehr wichtig. Dazu gehört unter anderem die Methodentransparenz, die das Verfahren zur Berechnung der Rangplätze offenlegt“, erläutert Linda Schücker.
Rankings stehen häufig in der Kritik: Zum einen geht ein großer Teil an differenzierter Aussagekraft verloren, wenn aus sehr heterogenen Daten Durchschnittswerte gebildet werden. Zum anderen müssen Qualitäten, um Vergleiche überhaupt zu ermöglichen, auf Zahlenwerte reduziert werden. Manche Studierendenvertretung vertritt die These, Rankings würden einen Wettbewerb schüren, der in der Bildung grundsätzlich nichts zu suchen habe. Zudem mehren sich Berichte darüber, dass einige Einrichtungen nicht regelkonform spielen. Beispielsweise die sogenannte Zitierkartelle in China und Saudi-Arabien. Dazu veröffentlichen Wissenschaftler qualitativ minderwertige Arbeiten, in denen sie die Aufsätze ihrer Kollegen immer wieder zitieren und dadurch ihre Institution in den Rankings nach oben treiben.
„Wir haben diese negativen Entwicklungen im Blick. Daher ist eine qualitativ hochwertige Datenpflege und exakte Weitergabe an die Rankingagenturen das A und O“, betont Linda Schücker. Die Universitäten müssten ihre Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für diese Thematik und dazugehörige Regeln sensibilisieren – etwa die korrekte Angabe zur Affiliation, also der Zugehörigkeit zu einer Forschungsinstitution. „Es gibt einige Fallstricke und stetige Änderungen oder Neuerungen seitens der Rankingagenturen. Um über solche Entwicklungen zu informieren und sich über Erfahrungen mit den verschiedenen Rankings auszutauschen, lädt die HRK alle Rankingkoordinatorinnen und -koordinatoren der Mitgliedsuniversitäten zu einem jährlichen Netzwerktreffen ein“, sagt Sarah Spiegel. Die nächste Fachtagung findet am 23. und 24. September an der Universität Münster statt.