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Münster (upm/ch).
Die Arbeit mit Jugendlichen - wie hier im Labor bei der Röntgenfluoreszenzanalyse - gehört zu Michael Holtkamps Lieblingsaufgaben.<address>© Uni MS - Johannes Wulf</address>
Die Arbeit mit Jugendlichen - wie hier im Labor bei der Röntgenfluoreszenzanalyse - gehört zu Michael Holtkamps Lieblingsaufgaben.
© Uni MS - Johannes Wulf

Mit Leidenschaft für die Chemie

Teil 5: Laborant Michael Holtkamp zwischen Seminarraum und Labor

Logo der Serie mit dem Schriftzug „Außeneinesatz“<address>© Uni MS - Linus Peikenkamp</address>
© Uni MS - Linus Peikenkamp
Auch in den Semesterferien gibt es an der Universität Münster allerhand zu tun. Die Redakteurinnen und Redakteure der Stabsstelle Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit nutzen die vorlesungsfreie Zeit, um das eigene Büro zu verlassen und im Außeneinsatz Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Universität jeweils einen Tag lang zu begleiten.

Ein Mann mit Vollbart lehnt im Türrahmen von Raum 186. Er trägt blaue Jeans, ehemals weiße Sneaker und ein schwarzes Band-T-Shirt der Foo Fighters, in der Hand hält er eine Kaffeetasse. Chemielaborant Michael Holtkamp wartet in der Corrensstraße 48 auf seinen Einsatz. In Kürze beginnt ein Workshop für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Internationalen Chemie-Olympiade. Die Jugendlichen, die sich hier im Seminarraum der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Uwe Karst am Institut für Anorganische und Analytische Chemie versammeln, haben es in die Endrunde der Landesauswahl geschafft. Heute steht Laborarbeit mit dem Team von Uwe Karst auf dem Programm. Aber zunächst hält der Chemie-Professor eine Einführungsvorlesung.

Michael Holtkamp begleitet die Vorlesung von Prof. Dr. Uwe Karst mit Experimenten.<address>© Uni MS - Johannes Wulf</address>
Michael Holtkamp begleitet die Vorlesung von Prof. Dr. Uwe Karst mit Experimenten.
© Uni MS - Johannes Wulf
Michael Holtkamp, der sich selbst als „Power-Duzer“ bezeichnet und daher hier ab jetzt beim Vornamen genannt wird, stellt seine Kaffeetasse beiseite und zieht einen Laborkittel über. Alle setzen sich, Uwe Karst begrüßt die Anwesenden und beginnt: Was ist analytische Chemie? Welche Methoden nutzt sie? Bei dem Stichwort „Wie entsteht Licht?“ greift Michael zu einer Wärmebildkamera, geht nach vorn und richtet das Gerät auf Uwe Karst.  Ein buntes Wärmebild des Professors erscheint auf der Projektionsfläche. Als alle Fragen zum Thema Infrarotstrahlung geklärt sind, setzt sich Michael wieder und wartet auf seinen nächsten Einsatz. Schwarzkörperstrahlung, die Glühbirne als Wärmequelle, Fluoreszenzfarbstoffe in Waschmitteln … Er begleitet die Vorlesung routiniert mit Experimenten, die das Gesagte veranschaulichen.

Die Arbeit mit den Jugendlichen gehört zu seinen Lieblingsaufgaben, sie ist eine Herzensangelegenheit. „Viele wissen noch gar nicht, welche Berufsmöglichkeiten es gibt. Ich freue mich, wenn junge Leute sich für Chemie begeistern, und ich will ihnen die Möglichkeit geben, Laborluft zu schnuppern, bevor sie sich für einen Beruf entscheiden“, betont er. Da auch Uwe Karst und dem Fachbereich Chemie und Pharmazie die Förderung des Chemienachwuchses ein Anliegen ist, darf Michael regelmäßig Schülerworkshops betreuen. Zu den Jugendlichen hat Michael einen guten Draht. Das liegt vermutlich an seiner lässigen, freundlichen Art – Standesdünkel ist ihm ein Gräuel. Wenn er spricht, nutzt er häufig Ausdrücke wie „cool“, „witzig“, „geil“, auch das Wort mit „Sch…“ fällt zwischendurch. Gepaart mit seiner Fachkompetenz, seinem Humor und seiner Zugänglichkeit ist das die richtige Mischung, um mit den jungen Menschen zu arbeiten. Und speziell auch mit Naturwissenschaftlerinnen und Naturwissenschaftlern jeglicher Art, denn die seien, findet er, im Allgemeinen locker drauf.

Unter anderem veranschaulicht der Chemielaborant das Thema Fluoreszenz.<address>© Uni MS - Johannes Wulf</address>
Unter anderem veranschaulicht der Chemielaborant das Thema Fluoreszenz.
© Uni MS - Johannes Wulf
Wie sein Arbeitsalltag ansonsten aussieht? „Ich mache immer das, was als nächstes kommt“, sagt er lachend. Etwa die Hälfte der Zeit verbringe er im Labor. Ansonsten: Praktikumsbetreuung bei den Studierenden, Coaching der Abschlusskandidaten, experimentelle Unterstützung bei Vorlesungen, PC-Arbeit, Organisation, Projektarbeit mit Kooperationspartnern der AG Karst aus verschiedenen Fachdisziplinen … Vieles ergebe sich spontan und sei nicht planbar. Während der Coronazeit habe er sich intensiv mit dem Thema Videobearbeitung beschäftigt, weil es plötzlich einen großen Bedarf an Lehrfilmen gab.

Geboren und aufgewachsen ist Michael in Nordwalde im Kreis Steinfurt. Er wusste schon mit 12 oder 13 Jahren, dass er später in einem Chemielabor arbeiten möchte. Mit 17, nach dem Realschulabschluss, fing er seine Lehre am Fachbereich Chemie und Pharmazie der Universität Münster an, seit 2006 arbeitet er in der Gruppe von Uwe Karst. Wenn er auf Partys auf ein demonstratives Desinteresse für Chemie trifft, wie es immer wieder vorkommt, ärgert ihn das. „Die Naturwissenschaften sind unentbehrlich. Mir war und ist es wichtig, die Welt zu verstehen“, betont der 40-Jährige. Dafür ist er gern bereit, sich in komplexe Themen „hineinzufuchsen“. Besonders, wenn es einen Anwendungsbezug gibt. Die wissenschaftlichen Inhalte nimmt er sehr ernst, auch wenn die Chemie mit spektakulären Experimenten Spaß machen darf. „Michael ist ein Spielkind, wenn es um die Chemie geht“, sagt Uwe Karst schmunzelnd.

Zurück zu den Teilnehmern der Chemie-Olympiade. Nach der Vorlesung teilen sich die Jugendlichen auf, in Kleingruppen führen sie verschiedene Versuche in den Laboren der analytischen Chemie durch. Michael ist für die Röntgenfluoreszenzanalyse zuständig. Die Schüler dürfen mitgebrachte Schmuckstücke oder andere Gegenstände auf die darin enthaltenen chemischen Elemente untersuchen. Der Chemielaborant erklärt, wie das Gerät funktioniert und wie man die Daten interpretiert.

Neben der Chemie hat Michael eine zweite große Leidenschaft: die Musik. Als Gitarrist und Sänger steht er mit der Rockband „42 Pounds“ und der Projektband „Der Band heißt Horst“ (Stil: „Hauptsache laut und spaßig“) auf der Bühne, mit Covern von Deichkind bis Nirvana. Daheim in Nordwalde hat er sich ein kleines Tonstudio eingerichtet, er produziert das meiste mit seinen Bandkollegen selbst. Etwas Besonders für ihn war ein Auftritt im vergangenen Jahr in Nordwalde, als er und seine Kollegen vor 1000 Menschen auftraten und 17.000 Euro für einen gemeinnützigen Zweck einspielten.

Zwischen seinem Hobby und seinem Beruf gibt es eine Parallele: Zu den dienstlichen Aufgaben von Michael gehört die Mithilfe bei den fast schon legendären Showvorlesungen des Fachbereichs Chemie und Pharmazie. Dann steht er auf der Bühne und lässt es knallen.

Autorin: Christina Hoppenbrock

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