|
Münster (upm/anb).
Ein Fundstück des Meteoriten „Ribbeck“<address>© Dennis Harries</address>
Ein Fundstück des Meteoriten „Ribbeck“
© Dennis Harries

Ribbeck’scher Meteorit aus dem Havelland ist 4,5 Milliarden Jahre alt

Forscher untersuchten 202 Bruchstücke / Streufeld umfasste eine Fläche von 1,5 mal 10 Kilometer

Zu Beginn dieses Jahres, am 21. Januar, war ein riesiger Feuerball vor allem über dem Bundesland Brandenburg sichtbar. Er entstand, weil ein kleiner Himmelskörper in die Erdatmosphäre eingedrungen war, zerplatzte und in zahlreichen Bruchstücken in der Nähe von Ribbeck im Havelland zu Boden ging. Nachdem sich in den folgenden Tagen Hunderte Menschen auf die Suche nach den Überresten des eingedrungenen Körpers gemacht hatten, konnten Forscher unter der Leitung von Prof. Dr. Addi Bischoff und Dr. Markus Patzek vom Institut für Planetologie der Universität Münster jetzt die Fundstücke untersuchen. Die beiden Wissenschaftler haben mit fast 30 weiteren Kolleginnen und Kollegen aus fünf Ländern ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift „Meteoritics & Planetary Science“ unter dem Titel „Cosmic pears from the Havelland (Germany): Ribbeck, the twelfth recorded aubrite fall in history“ veröffentlicht. Mit den „kosmischen Birnen“ spielen die Autoren auf das bekannte Gedicht „Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland“ von Theodor Fontane und die Birnen an, die die titelgebende Figur verteilt.

Kartenansicht des Trümmerfeldes in Ribbeck, Berge und Lietzow. Die Pfeile markieren die Fundstücke, die die Wissenschaftler untersucht haben.<address>© Andreas Möller</address>
Kartenansicht des Trümmerfeldes in Ribbeck, Berge und Lietzow. Die Pfeile markieren die Fundstücke, die die Wissenschaftler untersucht haben.
© Andreas Möller
In ihrer Publikation beschreiben die Autoren, dass 202 Bruchstücke des Meteoriten mit einem Gesamtgewicht von 1,8 Kilogramm aufgefunden wurden. Das Streufeld umfasste eine Größe von 1,5 mal 10 Kilometer in der Nähe der Ortschaften Ribbeck, Berge und Lietzow. Dank der ungewöhnlich schnell erfolgreichen Suche konnte das Team nur wenige Tage nach dem Fall mit ihrer Untersuchung beginnen. Ohne es zu diesem Zeitpunkt zu wissen, standen die Sucher zunächst vor einer Herausforderung. „In der Regel hält man bei der Meteoritensuche nach schwarzen Steinen Ausschau. Aufgrund der Mineralogie und Zusammensetzung wiesen die Bruchstücke von Ribbeck aber keine durchgängig dunkle Schmelzkruste auf. Wahrscheinlich wurden deshalb in den ersten Suchtagen zahlreiche Stücke übersehen, bis man diese Eigenart erkannt hatte“, erklärt der Erstautor der Publikation, Addi Bischoff.

Addi Bischoff (l.) und Markus Patzek untersuchen mithilfe eines Rasterelektronenmikroskops die Fundstücke.<address>© Uni MS - Institut für Planetologie</address>
Addi Bischoff (l.) und Markus Patzek untersuchen mithilfe eines Rasterelektronenmikroskops die Fundstücke.
© Uni MS - Institut für Planetologie
Bei der Analyse ermittelten die Wissenschaftler, dass der Meteorit „Ribbeck“ der eher seltenen Meteoritenklasse der Aubrite angehört. Diese Klasse ist nach dem Meteoriten von Aubres benannt, der 1936 in Frankreich vom Himmel fiel und zu der weltweit nur zwölf Fälle gehören. Die Aubrite sind reich an Magnesium und Silizium. Der Meteorit „Ribbeck“ nimmt innerhalb seiner Klasse wiederum eine Sonderstellung ein, da das Gestein über einen außergewöhnlich hohen Anteil an Feldspäten verfügt – einem Mineral, das zur Gruppe der Silikate gehört.

Auf diesem Bild ist die sogenannte Brekziierung des Meteoriten „Ribbeck“ mit seinen verfestigten Trümmerstücken gut zu erkennen.<address>© Markus Patzek</address>
Auf diesem Bild ist die sogenannte Brekziierung des Meteoriten „Ribbeck“ mit seinen verfestigten Trümmerstücken gut zu erkennen.
© Markus Patzek
Die Forscher gehen davon aus, dass der Mutterkörper des Ribbeck’schen Meteoriten etwa 4,5 Milliarden Jahre alt ist und aus dem Asteroidengürtel stammt. Dieser befindet sich zwischen den Umlaufbahnen der Planeten Mars und Jupiter. „Die intensive Brekziierung des Gesteins lässt auf eine bewegte Vergangenheit mit verheerenden Einschlagsergebnissen auf dem Mutterkörper schließen“, führt Markus Patzek aus. Bei Brekzien handelt es sich um Trümmergesteine, die durch Einschläge auf dem Mutterkörper entstanden sind und deren Trümmer, also Fragmente, durch einen erneuten Einschlag wieder verfestigt werden. Kleine Schmelzbereiche innerhalb der feinkörnigen Trümmer deuten beim Meteoriten „Ribbeck“ auf mindestens einen späteren Einschlagsprozess hin, der nach den Hauptfragmentierungsereignissen und der Brekzienbildung stattfand.

Die Meteoritenstücke fielen beim Auffinden durch einen intensiven Geruch nach Schwefelwasserstoff auf – ähnlich dem Geruch von faulen Eiern. Obwohl die Einzelstücke nur wenige Tage der feuchten Umgebung – Schnee mit anschließendem Tauwetter – ausgesetzt waren, fanden unmittelbar nach dem Fall chemische Reaktionen zwischen den Mineralphasen und der Feuchtigkeit statt, die den Geruch verursachten und die ursprüngliche Mineralogie des Gesteins veränderten. Bestimmte Mineralphasen im Meteoriten können unter irdischen Bedingungen nicht gebildet werden und sind instabil, das heißt, sie reagieren mit der irdischen Luftfeuchtigkeit und dem Wasser und zerfallen.

 

Originalveröffentlichung

Bischoff, Patzek et al., 2024: Cosmic pears from the Havelland (Germany): Ribbeck, the twelfth recorded aubrite fall in history. Meteoritics & Planetary Science; DOI: 10.1111/maps.14245.

Die „Open Access“-Bereitstellung des Artikels wird ermöglicht durch das DEAL-Projekt der Universität Münster und des Wiley-Verlages.

Links zu dieser Meldung