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Ein besonderes Anliegen von „Mathematik Münster“ ist es, exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in frühen Karrierestufen in die Forschung einzubinden und ihnen ein Sprungbrett für ihre Laufbahn zu bieten.<address>© David Ausserhofer</address>
Ein besonderes Anliegen von „Mathematik Münster“ ist es, exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in frühen Karrierestufen in die Forschung einzubinden und ihnen ein Sprungbrett für ihre Laufbahn zu bieten.
© David Ausserhofer

Mathematik als Innovationstreiber

Forschungsverbund verfolgt integrativen Ansatz - ein Gastbeitrag von Thomas Nikolaus und Mario Ohlberger

Die Mathematik gehört zu den Säulen für wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Fortschritt, sie ist ein essenzielles Fundament für viele Disziplinen. Um die komplexen Herausforderungen unserer Welt zu bewältigen, brauchen wir leistungsstarke mathematische Methoden, die die Grenzen traditioneller Teilgebiete der Mathematik überwinden. Genau hier setzt der Exzellenzcluster „Mathematik Münster: Dynamik – Geometrie – Struktur“ an – mit einer Forschungsprogrammatik, die innovative neue Perspektiven schafft.

Angetrieben wird die Forschung von rund 200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Einige exemplarische Projekte veranschaulichen die Bandbreite und Innovationskraft:

Analogien und Methodentransfer: Prof. Dr. Thomas Nikolaus forscht an „arithmetischen Kohomologietheorie“. Mithilfe topologischer Methoden, einem Gebiet, das sich mit Geometrie und Deformationen beschäftigt, will er Erkenntnisse in die Algebra und Zahlentheorie übertragen. Dort werden die abstrakten Eigenschaften von Zahlen und die ganzzahligen Lösungen von Gleichungen untersucht. In diesem Bereich wurde Prof. Dr. Eva Viehmann dieses Jahr mit dem Leibniz-Preis ausgezeichnet. Eine Arbeit von Thomas Nikolaus und dem Fields-Medaillisten Peter Scholze hat kürzlich die Grundlage für diesen Methodentransfer geschaffen.

Interdisziplinarität: In der mathematischen Physik zeigt sich die Tragweite interdisziplinärer Zusammenarbeit. Prof. Dr. Gustav Holzegel, der 2020 auf Basis einer Alexander-von-Humboldt-Professur nach Münster kam, untersucht mit seinem Team mathematische Aspekte der allgemeinen Relativitätstheorie. Dafür werden Methoden aus der Differentialgeometrie, der Theorie partieller Differentialgleichungen, der harmonischen Analysis und der mathematischen Physik kombiniert, um beispielsweise die Stabilität schwarzer Löcher mathematisch zu verstehen.

Mathematik in der Medizin: Prof. Dr. Benedikt Wirth arbeitet an mathematischen Methoden der medizinischen Bildgebung. Damit soll es gelingen, beispielsweise einzelne Zellen bei ihrer Bewegung durch den Körper zu verfolgen und dadurch Krankheitsverläufe besser zu verstehen. Prof. Dr. Angela Stevens entwickelt neue mathematische Modelle zur Beschreibung von Regenerationsprozessen in der Zellbiologie und von Infektionsprozessen in der Medizin. Für das Verständnis biologischer und medizinischer Prozesse gewinnt mathematische Modellierung zunehmend an Bedeutung.

Neue Paradigmen: Der Einsatz nichtlinearer Methoden des maschinellen Lernens revolutioniert gegenwärtig die Approximation hochdimensionaler partieller Differentialgleichungen. Prof. Dr. Arnulf Jentzen erzielte jüngst ein wichtiges Ergebnis, indem er den „Fluch der Dimensionen“ überwand. Seine Arbeit ebnet den Weg für weitere Forschung, etwa in den Finanzwissenschaften.

Simulation und Open-Source-Software: Prof. Dr. Mario Ohlberger entwickelt mit seiner Arbeitsgruppe effiziente Ansätze zur Echtzeitsimulation. Diese sind übertragbar auf eine große Klasse von realen Problemen und finden dadurch unter anderem Anwendung bei der Simulation von Batterien oder katalytischen Filtern. Durch entsprechende Open-Source-Software werden solche neuartigen numerischen Methoden für Anwendungen in der Industrie nutzbar.

Prof. Dr. Thomas Nikolaus (l.) und Prof. Dr. Mario Ohlberger<address>© Uni MS - Victora Liesche</address>
Prof. Dr. Thomas Nikolaus (l.) und Prof. Dr. Mario Ohlberger
© Uni MS - Victora Liesche
Transfer: In zahlreichen Veranstaltungen geben wir der Öffentlichkeit Einblicke in aktuelle mathematische Forschung. Darüber hinaus kooperieren wir mit der Wirtschaft in konkreten Forschungsprojekten oder durch das neue Format „Mathematics meets Business“, das wir mit der IHK Nord Westfalen anbieten, um einen Austausch zwischen mathematischer Forschung und technologieorientierten Unternehmen im Münsterland zu fördern.

Prof. Dr. Thomas Nikolaus ist Professor für theoretische Mathematik am Mathematischen Institut. Prof. Dr. Mario Ohlberger ist Professor für angewandte Mathematik am Institut für numerische und angewandte Mathematik. Sie sind Sprecher des Exzellenzclusters „Mathematik Münster“.

 

Zahlen & Fakten: Der Exzellenzcluster „Mathematik Münster: Dynamik – Geometrie – Struktur“

  • Im Jahr 2019 entstanden
  • Der Exzellenzcluster verfolgt einen integrativen Ansatz zur Lösung grundlegender Probleme in verschiedenen mathematischen Disziplinen. Dieser Ansatz kombiniert unterschiedliche Techniken, Perspektiven oder Fachgebiete, um Herausforderungen umfassend zu bewältigen und neue Anwendungsfelder zu erschließen.
  • Fokus auf zehn Forschungsthemen, die jeweils mehrere mathematische Bereiche einbinden und in drei übergeordneten Bereichen organisiert sind: Invarianten und Grundlagen; nichtlineare Räume und Operatoren; Modelle, Approximationen und Daten
  • Rund 200 Mitglieder, davon 50 Projektleiterinnen und -leiter sowie 150 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in internationalen Graduierten- und Postdoc-Programmen
  • Forschungszentrum „Centre of Mathematics Münster“ (CMM) wird 2026 am Coesfelder Kreuz eröffnet
  • Von 2019 bis 2025 mit 25 Millionen Euro gefördert

 

Dieser Artikel stammt aus der Unizeitung wissen|leben Nr. 5, 17. Juli 2024.

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