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Wer sich für eine Promotion entscheidet, auf den warten aufregende Zeiten und ein großes Ziel am Ende<address>© xy - AdobeStock</address>
Wer sich für eine Promotion entscheidet, auf den warten aufregende Zeiten und ein großes Ziel am Ende.
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Promotion: Gemeinsam zum Ziel

Zwei Gastbeiträge zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses an der Universität Münster

Netzwerke machen stark

Die Vorstellung, dass Promovierende einsam am Schreibtisch sitzen oder im Labor forschen, ist weit verbreitet. Zu Unrecht. Wissenschaft lebt, Forschung findet im Dialog und aktiven Austausch statt, das Aufgabenspektrum ist vielseitig. Promovierende sind nur allein, wenn sie nicht nach links und rechts schauen.

Die Promovierendenvertretung an der Universität Münster wurde 2015 geschaffen und ist an den Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) angegliedert. Unsere Aufgaben sind neben der hochschulpolitischen Repräsentation der Promovierenden die Organisation von sozialen und fachübergreifenden Veranstaltungen. Alle zwei Wochen finden Stammtische, Schreibabende und mehr statt. Unser wichtigster Tipp: Vernetzt euch! Wer sich mit Gleichgesinnten quer durch die Disziplinen verbindet, sichert sich einen guten Start und erhöht die Chancen für einen besseren Verlauf für die Qualifizierungsphase.

Viele Promovierende fühlen sich beim Einstieg in die Forschung wie in einem Informationsvakuum, was zu Unsicherheit und Frustration führt. Wie startet man in eine Promotion? Man muss das Thema wählen, einen Betreuer finden und die Finanzierung klären. In welcher Reihenfolge geht man diese Aufgaben an? Oft fehlt anfangs der Überblick über das Themengebiet, fachspezifische Informationen sind teils schwer zugänglich und verständlich. Was wird von mir erwartet? Welche Rechte habe ich? An wen kann ich mich wenden? All das klärt sich meistens erst im Verlauf der Promotion. Im ungünstigen Fall verliert man wertvolle Zeit sowie Nerven.

David Koke<address>© Henning Schulze Eißing</address>
David Koke
© Henning Schulze Eißing

Fast jeder Promovend erlebt während der Promotion Krisen. Manche liegen im Projekt begründet (Annahmen erweisen sich als falsch oder Geräte sind defekt), andere entstehen aus der Herausforderung, sich zu motivieren oder zu organisieren. In anderen Fällen sind Krisen das Ergebnis systemischer Probleme – so kann es passieren, dass die Finanzierung kürzer als die durchschnittliche Promotionszeit ist. Zudem kann das Verhältnis zum Betreuer problematisch sein. Deshalb begrüßen wir die Einrichtung einer Projektgruppe an der Universität Münster zum Thema „Machtmissbrauch in der Wissenschaft“ – es ist eng mit dem ungleichen Machtverhältnis zwischen Betreuenden und Promovierenden verbunden. Es kann zu einer unberechtigten Aneignung von Co-Autorschaften an Publikationen kommen, zur Verhinderung des Zugangs zu Forschungsdaten oder zur unfairen Verteilung von Mitteln für die Teilnahme an Konferenzen. Als Promovierendenvertretung sind wir an der Projektgruppe beteiligt. Wir sind zuversichtlich, Promovenden künftig vor derartigen Fällen schützen zu können.

Als Mitglied im neu gegründeten Bundesverband Promovierende e. V. machen wir uns für eine bessere Neufassung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes stark. Denn der vorliegende Reformentwurf reicht nicht aus, um die Forderungen nach besseren Arbeitsbedingungen zu erfüllen. Ein großes Problem ist die durchschnittliche Promotionsdauer: Sie liegt bei sechs Jahren, während der Entwurf als Mindestlaufzeit von Arbeitsverträgen nur drei Jahre vorsieht. Diese Zeitspanne ist in der Regel zu kurz, um die Promotion abzuschließen, was oft zum Feststecken in Kettenverträgen, Finanzierungsschwierigkeiten bis hin zu Abbrüchen führt. Wir fordern eine Anpassung der Vertragslaufzeiten an die Realität. Zudem halten wir es für falsch, dass Teilzeitstellen oft mit Lehr- und Verwaltungsaufgaben überfrachtet werden, wodurch die eigentliche Forschungsarbeit schlecht vergütet wird und in der ,Freizeit‘ stattfindet. Wir fordern eine Begrenzung solcher Aufgaben auf 25 Prozent der Arbeitszeit.

Ob sich diese Forderungen durchsetzen lassen oder nicht, die Gründung des Verbands ist ein wichtiger Schritt, damit unsere Perspektiven gehört werden. Wir können die Möglichkeiten für Promovierende an Programmen, am Fachbereich, an der Universität insgesamt und darüber hinaus mitgestalten. Deshalb rufen wir allen Promovierenden zu: Seid mit uns aktiv, gemeinsam kommen wir weiter.

David Koke ist Mitglied der Promovierendenvertretung der Universität Münster und Doktorand am Institut für Kernphysik in der AG Weinheimer.


Transparent, nachhaltig und zuverlässig

Die Universität Münster steht dafür, akademische Karrierewege für Wissenschaftler*innen transparent, nachhaltig und zuverlässig zu gestalten. In unserem Personalentwicklungskonzept heißt es dazu, dass die Förderung bedarfsorientiert, zielgerichtet und systematisch ist, dass sie die Eigeninitiative der Mitarbeiter*innen unterstützt sowie die individuellen und beruflichen Lebensphasen in den Blick nimmt.

Mehr denn je stellen Universitäten sich bei einer Verknappung von Ressourcen und vor dem Hintergrund der Diskussionen um das „Wissenschaftszeitvertragsgesetz“ (WissZeitVG) die Frage, wie Karrierewege an Hochschulen heutzutage attraktiv gestaltet werden können. Was sind die zentralen Bausteine für eine Wissenschaftskarriere? Wie können wir sie unterstützen?

Prof. Dr. Maike Tietjens<address>© Uni MS - P. Wattendorf</address>
Prof. Dr. Maike Tietjens
© Uni MS - P. Wattendorf

Ohne auf die gegenwärtig kontrovers geführte Debatte um das WissZeitVG im Detail einzugehen: Einerseits wird mit der Novellierung eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Qualifikationsphase durch Anschlusszusagen hervorgehoben, die dem wissenschaftlichen Output zugutekommt. Andererseits gibt es die Befürchtung, dass acht plus zwei Jahre mit Anschlusszusagen zu knapp bemessen sind und dass damit noch keine zusätzlichen Dauerstellen geschaffen werden. In jedem Fall ist der Diskurs darüber insoweit hilfreich, als dass damit umfangreichere Debatten angestoßen werden: über Karrierewege, die Ermöglichung selbstständiger Forschung neben der Professur, die Innovationskraft junger Wissenschaftler*innen, das umfangreiche Aufgabenspektrum von „Dauerstellen“ und nicht zuletzt über Strukturen an der Universität. Wir werden daher auch über die öffentlich diskutierten Karrierepfade zum Lecturer, Manager oder Researcher im Mittelbau gemeinsam diskutieren.

Gegenwärtig sind bereits eine Reihe von Maßnahmen und Steuerungsinstrumenten etabliert und auf den Weg gebracht, die dazu beitragen, den Strukturprozess voranzutreiben. Dazu zählen beispielsweise unser Personalentwicklungskonzept, das unterschiedliche Pfade als Perspektive beschreibt sowie neben fachlicher Beratung überfachliche Unterstützungsangebote rund um die Themen Fortbildung, Vernetzung, Mentoring und Coaching umfasst.

Eine zentrale Rolle spielen dabei unsere Führungskräfte, die Dekan*innen und die Professor*innen, die die jungen Forscher*innen in frühen Karrierephasen fördern. Auch für sie halten wir Angebote vor. Mit dem neu ausgerichteten Münster Centre for Emerging Researchers haben wir unser Unterstützungsangebot für Promovenden und Postdocs grundlegend überarbeitet und erweitert. Vernetzt mit anderen zentralen Einrichtungen werden die jungen Wissenschaftler*innen mit Blick auf ihre fachliche Profilierung, Drittmittelakquise, Karriereplanung, Managementkompetenzen und in Bezug auf lebens- und karrierespezifische Herausforderungen wie etwa die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Gleichstellung bedarfsgerecht unterstützt. Schließlich fördern wir mit unserem Tenure-Track-Programm strukturell und monetär die eingangs erwähnte Transparenz, Nachhaltigkeit und Verlässlichkeit für den Karriereweg zur Professur.

Prof. Dr. Maike Tietjens ist Prorektorin für akademische Karriereentwicklung und Diversity.
 

Diese Artikel stammen aus der Unizeitung wissen|leben Nr. 4, 12. Juni 2024.

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