EU-Forschungsrat fördert Mathematiker mit 1,4 Millionen Euro
Der Europäische Forschungsrat (auf Englisch: European Research Council, ERC) hat Prof. Dr. Arnulf Jentzen mit einem „Consolidator Grant“ ausgezeichnet. Der Wissenschaftler, der am Exzellenzcluster Mathematik Münster der Universität Münster forscht, beschäftigt sich mit den mathematischen Grundlagen des sogenannten Deep Learning. Dieser Teilbereich des maschinellen Lernens bildet wiederum die Basis, um Anwendungen der Künstlichen Intelligenz weiterzuentwickeln.
Für das Projekt „Overcoming the curse of dimensionality through nonlinear stochastic algorithms“ (MONTECARLO), das im Juli 2023 startet, erhält der Mathematiker für die kommenden fünf Jahre rund 1,4 Millionen Euro. „Das ist eine großartige Nachricht für Arnulf Jentzen, für unseren Profilbereich Mathematik und für die Universität Münster insgesamt. Es freut mich, dass der European Research Council die wichtige Grundlagenforschung in diesem zukunftsweisenden Bereich würdigt“, betont Rektor Prof. Dr. Johannes Wessels.
Zum Projekt
„In zahlreichen anwendungsrelevanten Problemen ist es von grundlegender Bedeutung, Auswertungen von hochdimensionalen Funktionen approximativ, das heißt näherungsweise, berechnen zu können“, sagt Arnulf Jentzen. Solche hochdimensionalen Approximationsprobleme treten zum Beispiel bei der näherungsweisen Bewertung von komplexen Finanzprodukten, bei der approximativen Lösung von stochastischen Optimalsteuerungsproblemen und bei der approximativen Lösung von Filterproblemen, bei denen charakteristische Größen eines physikalischen Systems nur zum Teil messbar und bekannt sind, auf. Derartige Approximationsprobleme werden häufig durch geeignete hochdimensionale partielle Differentialgleichungen und geeignete hochdimensionale stochastische Vorwärts-Rückwärts-Differentialgleichungen beschrieben.
„Deterministische Standard-Näherungsverfahren zur approximativen Berechnung der Lösungen solcher Gleichungen leiden in der Regel unter dem sogenannten ‚Fluch der Dimensionalität‘, was grob gesagt bedeutet, dass die Anzahl der Rechenoperationen des Verfahrens mindestens exponentiell in der Dimension der Gleichung beziehungsweise des Problems wächst“, erläutert Arnulf Jentzen. Selbst wenn man die zurzeit leistungsfähigsten Computer der Welt gleichzeitig einsetzen würde, wäre es mit solchen Approximationsverfahren unmöglich, die obigen Gleichungen in hohen Dimensionen in vernünftiger Zeit näherungsweise zu lösen. Das Hauptziel des ERC-Projektes MONTECARLO ist der Entwurf und die Analyse von zufälligen Näherungsverfahren, um diese Probleme zu überwinden.
Zur Person
Arnulf Jentzen, geboren 1983, studierte und promovierte an der Goethe-Universität Frankfurt. Nach einer Station als akademischer Rat an der Universität Bielefeld forschte er an der Princeton University in den USA. Von 2012 bis 2019 war er Assistenzprofessor an der ETH Zürich. Seit 2019 ist er Professor für Angewandte Mathematik am Fachbereich Mathematik und Informatik der Universität Münster und Mitglied des Exzellenzclusters Mathematik Münster. Seit 2021 hat er zusätzlich einen Lehrstuhl an der School of Data Science der Chinese University of Hong Kong, Shenzhen.
2020 erhielt er den „Felix Klein Prize“, der alle vier Jahre von der European Mathematical Society (EMS) und dem Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik (ITWM) an herausragende junge Mathematikerinnen und Mathematiker aus der angewandten Mathematik verliehen wird. Für seine Beiträge zur informationsbasierten Komplexität wurde er 2022 mit dem „Joseph F. Traub Prize“ geehrt.
Zu ERC Grants
Bei den ERC Grants handelt es sich um prestigeträchtige Förderprogramme des Europäischen Forschungsrats für herausragende Forscher. Die ERC-Förderlinie „Consolidator Grants“ richtet sich an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, deren Promotion sieben bis zwölf Jahre zurückliegt. Sie unterstützt den Aufbau oder die Verstetigung einer Forschungsgruppe. Weitere ERC-Programme sind „Starting Grants“ und „Advanced Grants“. Mit dem neuen „Consolidator Grant“ von Arnulf Jentzen erhalten aktuell 13 Forscher der Universität Münster eine ERC-Förderung, darunter fünf Mitglieder des Mathematik-Exzellenzclusters.