Auf der Jagd nach guten Geschichten
Wenn Inka Overbeck durch Münster geht, ist sie immer auch auf der Jagd nach besonderen Orten. Und wenn sie Zeitung liest, hält sie stets Ausschau nach spannenden Kriminalgeschichten. Entdeckt sie eine solche, greift sie zur Schere, schneidet den Artikel aus und schiebt ihn in ihre Kladde, zwischen Fotos von verschiedenen Orten in Münster und zwischen ihre handschriftlichen Notizen. Die Kladde ist Inka Overbecks Ideensammlung. Sie ist Kinderbuchautorin. Im Januar ist ihr erstes Buch beim Coppenrath-Verlag erschienen. Es ist der erste Band der Reihe "Münster Krimi Kids". Der Titel lautet "Das Geheimnis um die Tuckesburg". Im Juni soll der zweite Band erscheinen. Schauplatz des Geschehens wird die astronomische Uhr im Dom von Münster sein. In den Büchern lösen die drei Freunde Mo, Johnny und Sam einige knifflige Fälle in ihrer Heimatstadt. Der Krimi richtet sich an Kinder der dritten und vierten Klassen.
Eigentlich hat Inka Overbeck den Krimi für ihren Sohn Moritz geschrieben. Er sollte im Jahr 2020 für den damals Zehnjährigen ein Weihnachtsgeschenk sein und als Einzelstück und in Selbstpublikation erscheinen. Doch als Inka Overbeck das Buch auch beim Coppenrath-Verlag einreichte, kam alles anders. Der Verlag zeigte Interesse an dem Werk und an Folgebänden. Ein Vertrag wurde geschlossen, ein Zeitplan aufgestellt und das Lektorat begann. Inka Overbeck kennt den Verlag gut. Sie arbeitet dort in Teilzeit im Marketing und Vertrieb. "Bei der Bewertung des Buches hat das aber keine Rolle gespielt", sagt sie. "Wie jedes eingereichte Manuskript wurde auch meins von verschiedenen Personen geprüft. Und mein Name tauchte in dem Prozess nirgendwo auf."
Ihr Interesse am Schreiben wurde während des Studiums an der Universität Münster geweckt. 1999 besuchte Inka Overbeck eine kreative Schreibwerkstatt bei Dr. Johannes Berning. "Das war für mich wie eine Initialzündung", sagt die Alumna. "Ich habe die Schreibwerkstatt sehr gerne besucht", erinnert sie sich. In dem Kurs lernte sie, dass Schreiben nicht nur ein kreativer Prozess, sondern auch ein Handwerk ist. "Uns wurde das Manuskript eines Schriftstellers gezeigt. Dort gab es viele Anmerkungen und Änderungen zu sehen. In dem Moment habe ich verstanden, dass am Anfang nie ein fertiges Werk steht. Das hat mir meine Hemmungen genommen", sagt sie. Zu der Zeit schrieb sie vor allem Gedichte. Irgendwann kam ein Roman für Erwachsene hinzu, der bis heute unfertig ist. "Den will ich irgendwann unbedingt weiterschreiben", sagt Inka Overbeck. Die Geschichte spielt auf Juist, ihrer liebsten Nordseeinsel. "Das ist ein sogenannter Romcom-Roman", erklärt sie, also seichte Literatur, die vor allem der Unterhaltung dient. Inka Overbeck liest solche Bücher am liebsten. Kein Wunder also, dass auch die von ihr geschriebenen Kinderbücher diesem Prinzip folgen. "Die Bücher sollen zum Lesen anregen und Spaß machen. Sie sind keine schwere Kost", erklärt sie.
Bei uns wird viel gelesen, und Lesestoff ist schnell knapp.
Bücher haben in Inka Overbecks Leben seit jeher eine große Rolle gespielt. Sie wuchs in einem Haushalt auf, aus dem Bücher nicht wegzudenken waren. Das hat sich bis heute nicht geändert. „Bei uns wird viel gelesen, und Lesestoff ist schnell knapp“, sagt sie. Ihre Leidenschaft für gute Geschichten teilt sie mit ihrem Sohn Moritz. Bei ihren gemeinsamen Trips durch Münster hat sie gelernt, die Stadt mit anderen Augen zu sehen – durch Kinderaugen. Plötzlich tauchten viele spannende Orte auf, zu denen viele ebenso spannende Fragen aufkamen. Und so fing Inka Overbeck an zu schreiben. Zweimal in der Woche, immer wenn sie Moritz zur Musikschule brachte und auf das Ende des Klavierunterrichts wartete, saß sie 45 Minuten lang auf einer Bank vor der Tuckesburg auf dem ehemaligen Zoogelände und fertigte handschriftliche Rohnotizen für das Buch an. "Die Wartezeit reichte meist genau dafür aus, um eine Szene zu beschreiben", sagt Inka Overbeck. Die Rohnotizen landeten in ihrer Ideensammlungs-Kladde, bis sie sie Monate später schließlich zu einem Gesamtwerk zusammenfügte.
Inka Overbeck hofft, dass das Buch auch über Münsters Stadtgrenzen hinaus gelesen wird. "Die Geschichte spielt zwar in Münster, aber genau wie der Münster-Tatort ist sie sicher auch für eine größere Zielgruppe interessant." Derzeit hält sie immer mal wieder Lesungen in Grundschulen ab. Ihr Buch passt gut in das Curriculum der dritten und vierten Klassen, in dem es auch um das Thema der Stadtgeschichte geht. Um keine Langeweile aufkommen zu lassen, bindet sie die Schülerinnen und Schüler bei den Lesungen mit ein. Sie lässt die Kinder aus dem Buch vorlesen und zeigt ihnen Fotos von den Originalschauplätzen. "Ich habe an der Uni Münster Grundschullehramt studiert", erklärt sie. "Auch wenn ich den Beruf am Ende nicht ergriffen habe, fällt es mir leicht, eine einstündige Lesung so zu gestalten, dass die Grundschüler bei der Sache bleiben."
Autorin: Alice Büsch
Dieser Artikel stammt aus der Unizeitung wissen|leben Nr. 3, 3. Mai 2023.