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Münster (upm).
Im Lesesaal der Germanistischen Bibliothek am Schlossplatz soll das „Grüne Bild“ von Hal Busse den Lernenden dabei helfen, konzentriert zu arbeiten.<address>© WWU - MünsterView</address>
Im Lesesaal der Germanistischen Bibliothek am Schlossplatz soll das „Grüne Bild“ von Hal Busse den Lernenden dabei helfen, konzentriert zu arbeiten.
© WWU - MünsterView

Gemälde der Avantgarde in Szene gesetzt

Teil 8: Das „Grüne Bild“ von Hal Busse fand nach zwei Umzügen einen würdigen Platz

Wenn die Studierenden im Lesesaal der Germanistischen Bibliothek beim Lernen zwischendurch den Blick von ihren Büchern heben, sehen sie an der Stirnseite des Raums das „Grüne Bild“ von Hal Busse (1926 – 2018). Das Werk der Künstlerin, mit vollem Namen Hannelore Bendixen-Busse, könnte durchaus eine Ansicht von Münsterländer Feldern aus der Vogelperspektive darstellen. Die Künstlerin begann bereits in ihrer Jugend, Landschaften in Farbfelder zu verwandeln, sie auf der Leinwand zu „verflächigen“ und somit der freien Malerei sehr nahezukommen. „Mein Interesse gilt dem Menschenbild – im Bezug zur Welt“, schrieb sie andererseits. Sind daher vielleicht eher zwei stark abstrahierte Menschen zu sehen, die einander zugewandt sind? Oder Buchrücken in einem Regal? Letzteres könnte man in einem Lesesaal vermuten. Aber das Bild ist als Auftragsarbeit für einen anderen Raum der Universität entstanden.

1956 erhielt die aus Stuttgart stammende Hal Busse den Auftrag zur Ausschmückung der Direktionsräume im Germanistischen Institut. Den Kontakt stellte der Germanist und damalige Universitätsrektor Prof. Dr. Jost Trier her, mit dessen Neffen Klaus Bendixen die Künstlerin verheiratet war. Schon zwei Jahre später zog das Institut von der Reiterkaserne an der Steinfurter Straße, dem heutigen Leonardo-Campus, ins Fürstenberghaus um. Das Querformat landete zunächst unbeachtet auf dem Dachboden und hing später hochkant im Institutsflur. „Als ich 1972 den Lehrstuhl für Neuere deutsche Literaturgeschichte in Münster übernahm“, erinnert sich der Germanist Prof. Dr. Herbert Kraft, „hing neben der Tür meines Dienstzimmers im Fürstenberghaus ein großes grünes Bild.“ Der Literaturwissenschaftler fand heraus, wem das Kunstwerk gehörte und wer es gemalt hatte. „Das Bild war jeden Tag eine freundliche Begrüßung. So blieb es all die Jahre, bis das Germanistische Institut zum Schlossplatz 34 umzog.“

Bibliothekarin Eva Macke hat diesen Umzug von 2008 bis 2010 mitgeplant und weiß, wie es weiterging. „Wir wollten bei der Inneneinrichtung ohnehin die Farbe Grün berücksichtigen, weil sie dazu beitragen kann, die Konzentration zu stärken, und deshalb gut zu einem Ort des Forschens und Lernens passt.“ Einen grünen Fußbodenbelag oder grüne Stühle anzuschaffen, habe die Arbeitsgruppe nicht überzeugt. „Eines Tages sah der damalige Hausmeister Norbert Klitz das Bild von Hal Busse im Fürstenberghaus.“ Sofort habe er erkannt, dass es in der neuen Bibliothek perfekt zur Wirkung käme. „Norbert Klitz, der leider bereits im Jahr 2015 noch vor seinem Ruhestand verstorben ist, hatte großen Anteil daran, dass dieses Kunstwerk hier seinen neuen Platz gefunden hat“, sagt Eva Macke. „Deshalb ist es für mich auch eine Erinnerung an sein Engagement für die Bibliothek.“

Das etwa zwei mal drei Meter große Werk hat wahrscheinlich so viele Interpretationen wie Betrachter. In der zweiten Hälfte der 1950er-Jahre wurden die Werke von Hal Busse abstrakter und loteten die Grenzen zwischen Wirklichkeitsbezug und Ungegenständlichkeit aus. Früh setzte die Künstlerin innovative Techniken ein, etwa die Kombination von Nägeln, Leinwand und Malerei. Für das „Grüne Bild“ verwendete sie Wellpappe, mit deren Hilfe sie Acrylfarbe auf die Hartfaserplatte aufdruckte.

Hal Busse sei ein verkanntes Genie, schrieb „Die Zeit“ 2015 über die Künstlerin, die bei Willi Baumeister studiert und 1953 als Meisterschülerin von Manfred Henninger ihr Studium abgeschlossen hatte. Sie gehörte zur künstlerischen Avantgarde, erhielt Stipendien und Preise und beteiligte sich an internationalen Ausstellungen. Als Klaus Bendixen eine Professur an der Hamburger Kunsthochschule erhielt, ging sie mit, kümmerte sich um die Familie und fand viel weniger Zeit zum Malen.

Das war eine zeittypische Biografie, auch in den Regalen der Germanistik stehen mehr Werke von Autoren als von Autorinnen. Doch nicht nur wegen dieser Parallele ist das „Grüne Bild“ an seinem jetzigen Standort in der Bibliothek im Vom-Stein-Haus gut aufgehoben. Man kann es ebenso als Signal der Gelassenheit in einem fordernden (Arbeits-)Markt verstehen und als Botschaft eines humanistischen Lebensideals. „Das Gemälde hat seinen Platz gefunden“, sagt WWU-Kustos Dr. Eckhard Kluth. „Nach zwei Umzügen ist es hier würdig, fast sakral inszeniert.“

Autorin: Brigitte Heeke

Dieser Artikel stammt aus der Unizeitung wissen|leben Nr. 7, 16. November 2022.

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Die WWU verfügt über einen stetig wachsenden Bestand an Kunstwerken. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden zahlreiche Werke als Teil des Programms „Kunst am Bau“ und zur Erstausstattung angekauft. Regionale Künstler stehen dabei gleichberechtigt neben Künstlern von nationalem und internationalem Rang. Hinzu kommen zahlreiche Schenkungen aus allen Gattungen. Wir stellen Ihnen in den kommenden Monaten einige Kunstwerke in einer neuen Serie vor.

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