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In Peking, China, beginnen die 24. Olympischen Winterspiele.<address>© AdobeStock - rarrarorro</address>
In Peking, China, beginnen die 24. Olympischen Winterspiele.
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Start der Olympischen Spiele: Boykott ist nur symbolischer Triumph

Gastbeiträge: Sportwissenschaftler bewerten die Geschichte der Spiele und die politischen Effekte

Es ist angerichtet - am kommenden Freitag (4. Februar) beginnen in Peking die 24. Olympischen Winterspiele. Das sportliche Großereignis ist (wie so oft in der Vergangenheit) umstritten: Wegen des Umgangs der chinesischen Staatsführung mit ethnischen und religiösen Minderheiten haben zahlreiche Staaten angekündigt, keine Regierungsvertreter nach China zu entsenden. Prof. Dr. Henk Erik Meier und Prof. Dr. Michael Krüger (beide Institut für Sportwissenschaft der Universität Münster) sind Kenner der Olympischen Spiele - in zwei Gastbeiträgen beurteilen sie die Geschichte der Spiele und die politischen Boykotte.

Henk Erik Meier ist Professor für Sozialwissenschaften des Sports. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen Sportpolitik und Sportsoziologie.

Olympische Boykotte: Symbolische Triumphe ohne politische Effekte

Zweifellos haben die Olympischen Spiele eine starke politische Symbolbedeutung. Sie sind einerseits als weltweit sichtbarster sportlicher Nationenwettkampf organisiert und daher stets Anlässe für nationale Identifikation und Selbstinszenierungen. Andererseits verkörpern die Spiele die universalistische Idee einer Völkergemeinschaft, die sich den Werten des friedlichen Zusammenlebens und der Menschenwürde verpflichtet fühlt. So hat die Tatsache, dass die Spiele von 1936 von einem rassistischen Regime ausgetragen wurden, die ersten breiten, allerdings letztlich erfolglosen Boykottinitiativen ausgelöst. Gleichzeitig verdeutlichte die "Nazi-Olympiade" von 1936, welche propagandistischen Potenziale die Ausrichtung der Spiele bietet.

Prof. Dr. Henk Erik Meier<address>© WWU - privat</address>
Prof. Dr. Henk Erik Meier
© WWU - privat

Insbesondere in den jüngsten beiden Dekaden lässt sich beobachten, dass Nichtregierungsorganisationen zunehmend versuchen, ihre politischen Ziele zu erreichen, indem sie das Internationale Olympische Komitee (IOC) und nationale Regierungen zu Boykotten bewegen wollen. Im politischen Werkzeugkasten stellen Boykotte allerdings nur eine schwache symbolische Option im Vergleich etwa zu ökonomischen Sanktionen dar. Faktisch haben olympische Boykotte bestenfalls symbolische Triumphe erreicht, aber ihre politischen Ziele häufig verfehlt.

Kaum jemand erinnert sich an die Boykotte der Spiele in Melbourne von 1956. In stärkerer Erinnerung ist die Entscheidung von 22 afrikanischen Staaten, die Spiele von Montreal im Jahr 1976 zu boykottieren. Der Boykott zielte darauf ab, das IOC zum Ausschluss von Neuseeland zu zwingen, das seine sportlichen Beziehungen zum Apartheid-Regime in Südafrika aufrechterhalten hatte. Das IOC, das Südafrika bereits 1964 von der Teilnahme an den Olympischen Spielen ausgeschlossen hatte, kam diesem Anliegen nicht nach, zumal sich der fragliche Vorfall im nicht-olympischen Cricket ereignet hatte.

Das US-amerikanische Nachrichtenmagazin Newsweek titelte im Januar 1980 mit der Frage „Should We Boycott the Olympics?“<address>© Henk Erik Meier</address>
Das US-amerikanische Nachrichtenmagazin Newsweek titelte im Januar 1980 mit der Frage „Should We Boycott the Olympics?“
© Henk Erik Meier


Der Boykott der Moskauer Spiele 1980 durch die Vereinigten Staaten und weiterer Staaten, der sich gegen die sowjetische Intervention in Afghanistan richtete, verfehlte ebenfalls seine primären Ziele. Die Sowjetunion setzte ihr afghanisches Abenteuer bis zum bitteren Ende fort, ebenso konnte der unpopuläre US-Präsident Jimmy Carter seine Wahlniederlage nicht verhindern. Der "Vergeltungsboykott" der Spiele von Los Angeles im Jahr 1984 durch die Sowjetunion dürfte schließlich eher die Wiederwahl des "kalten Kriegers" Ronald Reagan befördert haben.

Boykott-Unterstützer überschätzen somit die politische Bedeutung des Sports und unterschätzen die Fähigkeit der Ausrichterstaaten zur Gegen-Propaganda. Darüber hinaus nehmen Boykotte in Kauf, die Anstrengungen und Opfer von Athletinnen und Athleten zu entwerten, während teilnehmende Nationen die Spiele dank unerwarteter Medaillenerfolge in guter Erinnerung behalten. Schließlich wird die olympische Bewegung in sportlicher, politischer und wirtschaftlicher Hinsicht in Mitleidenschaft gezogen. Damit ist nicht gesagt, dass sich das IOC nicht der Frage stellen muss, ob die Olympischen Spiele von Staaten ausgerichtet werden sollten, die Menschenrechtsverletzungen begehen. Allerdings bestehen die größten Aussichten, die Politik des Gastgeberlandes zu beeinflussen, vor den Spielen. Das IOC muss daher darauf verpflichtet werden, die Vergabe an die strikte Einhaltung von Menschenrechtsstandards zu knüpfen.

Michael Krüger ist Professor für Sportpädagogik und Sportgeschichte. Er forscht unter anderem zur Geschichte der Olympischen Spiele.

Erste Olympische Winterspiele im Schwarzwald und in Chamonix

Als Pierre de Coubertin und seine Kollegen 1894 an der Sorbonne in Paris das Internationale Olympische Komitee (IOC) gründeten und die Olympischen Spiele der Antike "wiederbeleben" wollten, dachten sie nicht an Wintersport. Schließlich sind die alten Griechen weder Ski noch Schlitten gefahren. Die Idee für Olympische Winterspiele kam erstmals 1908 im Vorfeld der vierten Olympiade in London auf, wurde aber nicht umgesetzt. Der deutsche Vertreter im IOC, Adalbert Graf von Francken-Sierstorpff, schlug im Frühjahr 1914 vor, die bevorstehenden Feiern zur sechsten Olympiade in Berlin 1916 mit einer "Wintersportwoche" auf dem Feldberg im Schwarzwald zu eröffnen. Vorgesehen waren "ein Dauerlauf über 50 Kilometer, ein Langlauf über 12 Kilometer, ein Sprunglauf und ein zusammengesetzter Lauf (Lang- und Sprunglauf)", wie die Deutsche Turn-Zeitung berichtete.

Prof. Dr. Michael Krüger<address>© WWU - privat</address>
Prof. Dr. Michael Krüger
© WWU - privat

Wegen des Ersten Weltkriegs wurde jedoch aus diesen Plänen nichts. Als das IOC 1921 die Spiele für 1924 an Paris vergab, sollte die Olympiade, wie schon für 1916 geplant, durch eine "Wintersportwoche" in Chamonix eingeleitet werden. Coubertin, damals noch Präsident des IOC, sah sie als Vorbild für die künftige Durchführung von "Nordic Games" an. Sie gelten seitdem als erste Olympische Winterspiele. Wintersportler aus Deutschland waren nicht vertreten, weil Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg noch nicht wieder in die olympische Familie aufgenommen worden war.

Bis heute zählen der Skilanglauf, der Sprunglauf (beziehungsweise Skispringen) und das Eislaufen sowie das Schlitten- oder Bobfahren zu den Kerndisziplinen Olympischer Winterspiele – in allen möglichen Varianten und Kombinationen. In Chamonix gab es außerdem noch Wettbewerbe im Curling und Eishockey. Nach und nach kamen zahlreiche weitere Wintersportarten und Disziplinen hinzu, insbesondere solche des alpinen Skilaufs, erstmals bei den Olympischen Winterspielen in Garmisch-Partenkirchen 1936. Unvergessen ist der Olympiasieg von Christl Cranz (1914-2004). Sie gewann die erste Goldmedaille im alpinen Skilauf überhaupt – obwohl sie auf der Piste gestürzt war. Während in Chamonix 16 Wettbewerbe in neun Sportarten oder Disziplinen durchgeführt wurden, sind es bei den bevorstehenden XXIV. Olympischen Winterspielen in Peking 109 Wettbewerbe, die aus sieben Sportarten beziehungsweise 15 Disziplinen in einzelnen Sportarten kreiert wurden; darunter beispielsweise auch Snowboarding.

Als die 1. Olympischen Winterspiele in Chamonix stattfanden, war Pierre de Coubertin Präsident des Internationalen Olympischen Komitees.<address>© Sammlung George Grantham der Library of Congress, Vereinigte Staaten von Amerika</address>
Als die 1. Olympischen Winterspiele in Chamonix stattfanden, war Pierre de Coubertin Präsident des Internationalen Olympischen Komitees.
© Sammlung George Grantham der Library of Congress, Vereinigte Staaten von Amerika

Der Wettbewerb ist das leitende Prinzip des olympischen Sports. Es geht darum, sich mit anderen zu messen und um den Sieg zu kämpfen. Coubertin bewunderte die Leistungen der Athleten bei den Winterspielen ebenso wie die der britischen Alpinisten, die seit den 1920er-Jahren die ersten Versuche unternommen hatten, den Mount Everest zu besteigen.

Olympischer Sport sei mehr als körperliche Erziehung aus hygienischen Gründen, sagte er bei seiner Abschlussrede in Chamonix: "Sport ist eine Schule für Mut, Energie und Willensbildung. Er hat eine Tendenz zum Exzess. Er braucht Champions und Rekorde." Der athletische Wintersport gehöre zu den "reinsten sports", wie er meinte. Deshalb sei es die Aufgabe der Organisatoren Olympischer Winterspiele, auf das Ideal des olympischen Athleten zu achten und vor Missbrauch zu bewahren.

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