Experten entschlammen die Schlossgräfte
Das seltsam anmutende Gerät, das seit einigen Wochen durch die Schlossgräfte fährt, dürfte keinem Spaziergänger entgehen. Es handelt sich um einen sogenannten Schneidsaugschwimmroboter, der das Gewässer entschlammt. Notwendig ist dieser Vorgang, weil mit der Zeit durch herabfallendes Laub und nachrutschenden Sand vom Ufer eine Schlammschicht am Gewässergrund entstanden ist – ein natürlicher Prozess. Ein Problem entsteht allerdings, wenn die Sommer heiß und trocken bleiben. In diesen Fällen verringert sich der Sauerstoffgehalt im Wasser, und die Lebensumstände für Tiere und Pflanzen verschlechtern sich. Um dem vorzubeugen, hat der Bau- und Liegenschaftsbetrieb Nordhrein-Westfalen (BLB NRW) vor einigen Monaten beschlossen: Der Schlamm muss raus aus der Gräfte – seit einigen Tagen ist der besagte Schneidsaugschwimmroboter der Firma Kurstjens entsprechend unter Wasser aktiv.
Für die Absaugung sind sowohl die spezielle Technik als auch die Erfahrung der Mitarbeiter notwendig. Der von drei Seilen gehaltene Saugbagger ist mit vier unterschiedlichen Messgeräten ausgestattet, mit denen sich der sogenannte Schwimmsaugbagger-Maschinist Stück für Stück durch die Gräfte tastet. Permanent prüfen die Geräte, ob sich der Schlamm problemlos lösen lässt oder möglicherweise ein Hindernis vor der Maschine auf dem Grund liegt. Noch wichtiger als die Messgeräte ist allerdings das feine und fachkundige Gehör des Mitarbeiters. Anhand der Geräusche kann er erkennen, ob der Vorgang ohne Probleme funktioniert.
Der Saugroboter bewegt sich während der Entschlammung in langsamen Bahnen vom linken zum rechten Ufer und löst mit einem Schneidkopf vorsichtig den Schlamm unter Wasser, um ihn anschließend abzusaugen. Durch dieses schonende Verfahren wird lediglich der Schlamm entfernt, ohne die darunter liegende Kiesschicht zu beschädigen. Jede Bahn beträgt nur 30 Zentimeter. Hält man sich vor Augen, dass die Gräfte fast 1,2 Kilometer lang ist, wird klar, warum die Entschlammung ihre Zeit braucht.
Den abgesogenen Schlamm sammelt die Firma Kurstjens in Containern, die zwischen Schloss und Schlossbrücke stehen. Dort wird er gesiebt, sodass die einzelnen Bestandteile – Sand, Wasser und Schlamm – übrigbleiben. Durch die Trennung können die Stoffe weiterverwertet werden. Das Wasser kippen die Experten zurück in die Gräfte, der Sand kann später als Baustoff und der Schlamm als Dünger verwendet werden.
Ob und wie sich der Zustand des Gewässers verbessert, prüfen Studierende der Biowissenschaften und Wasserwissenschaften unter der Leitung von Prof. Dr. Bettina Zeis vom Institut für Zoophysiologie in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Geowissenschaften und der Fachhochschule Münster. In den letzten zwei Jahren haben die Studierenden bereits im Rahmen von Praktika, Bachelor- und Masterarbeiten den ökologischen Zustand vor der Entschlammung erfasst. Sie erhoben Parameter wie die Zu- und Abflüsse, den Grundwasserstand, aber auch Temperatur, Sauerstoff- und den Nährstoffgehalt. Diese Informationen erlauben Rückschlüsse auf die Rahmenbedingungen für die im Gewässer lebenden Organismen. Die gleichen Daten erheben die Studierenden 2022 und 2023, um die Effizienz der Sanierung zu bewerten.
Bislang haben Mensch und Maschine rund 1600 Tonnen Schlamm aus der Gräfte entfernt, am Ende werden es 15.000 Tonnen sein. Die Arbeiten werden wahrscheinlich im ersten Quartal des kommenden Jahres abgeschlossen sein. Eine weitere gute Nachricht: Eine erneute Entschlammung steht aller Voraussicht erst in einigen Jahrzehnten wieder an.
Sophie Pieper