|
Münster (upm/kn)
Freie Universität Berlin: Nachhaltigkeit betrifft die ganze Institution.<address>© Dirk Laubner</address>
Freie Universität Berlin: Nachhaltigkeit betrifft die ganze Institution.
© Dirk Laubner

Der akademische grüne Daumen

Für deutsche Universitäten und Hochschulen spielt Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle – drei Gastbeiträge zum Dossier-Abschluss

Fridays for Future, Plastikmüll in den Meeren, erneuerbare Energien, umweltfreundlicher Konsum – Nachhaltigkeit ist ein viel diskutiertes Thema. Mit natürlichen Ressourcen sollten wir sorgsam umgehen und weder auf Kosten der Menschen in anderen Regionen noch auf Kosten zukünftiger Generationen leben. Die Forschung an der WWU kann dazu einen Beitrag leisten. In einem sechsmonatigen Dossier hat die Stabsstelle Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit das Thema Nachhaltigkeit in seinen zahlreichen Facetten und die entsprechenden Herausforderungen beleuchtet. Zum Abschluss blicken wir über den Tellerrand der WWU hinaus.

 

„Wir wollen bis 2025 die Klimaneutralität für die Universität erreichen“

An der Freien Universität Berlin adressieren nach einer aktuellen Bestandsaufnahme 37 Prozent aller Forschungsprojekte und 16 Prozent aller Lehrangebote Themen der nachhaltigen Entwicklung im Sinne der 2015 von den Vereinten Nationen verabschiedeten Nachhaltigkeitsziele. Diese prägen somit deutlich den Kernbereich der Hochschule.

Die gesellschaftliche Verantwortung der Universität für eine nachhaltige Entwicklung geht jedoch über Forschung und Lehre hinaus und schließt auch die eigene Institution ein. Dieser Verantwortung hat sich die Freie Universität Berlin vergleichsweise früh gestellt. Mit einem Bündel unterschiedlicher Maßnahmen ist es ihr gelungen, den Energieverbrauch auf dem Campus zwischen 2000 und 2019 um 27 Prozent beziehungsweise 29 Prozent (ohne Flächenzuwachs) zu reduzieren. Bezieht man ein, dass die Universität – einer Entscheidung des Berliner Abgeordnetenhauses folgend – seit 2010 Kohlendioxid(CO2)-freien Strom bezieht, beziffert sich die Reduktion der campusbezogenen CO2-Emissionen sogar auf 80 Prozent.

Die Universität will sich jedoch nicht auf ihren bisherigen Erfolgen ausruhen. Im Dezember 2019 hat sie als erste deutsche Universität den Klimanotstand erklärt, verbunden mit dem Teilziel, bis zum Jahr 2025 die Klimaneutralität für die Universität zu erreichen. Da dieses Ziel auch die Treibhausgas-Emissionen aus Dienstreisen einschließt, die mindestens ein Drittel der Gesamt-Emissionen umfassen, steht die Universität vor einer ambitionierten Aufgabe.

Die Hochschule wird ihre Aktivitäten zur Energieeffizienz konsequent weiterführen und Maßnahmen zur Begrenzung der Flugmobilität ergreifen. Zusätzlich wird die Universität auch Antworten darauf finden müssen, wie die Erzeugung und Beschaffung erneuerbarer Energien maßgeblich erweitert werden kann. Außerdem geht es darum, Kompensationsmechanismen einzuführen, die der kritischen Kompetenz von Studierenden sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler standhalten. Dies wird umso eher gelingen, wenn die Universität es schafft, ihre Nachhaltigkeitskompetenzen in Forschung, Lehre und Verwaltung in ‚Living Labs‘ zu bündeln.

Autor Andreas Wanke leitet die Stabsstelle Nachhaltigkeit und Energie an der Freien Universität Berlin.

 

„Das Thema Nachhaltigkeit steht oben auf der Agenda“

Leuphana Universität Lüneburg: Nachhaltigkeit bestimmt das akademische Leben.<address>© Leuphana Universität Lüneburg</address>
Leuphana Universität Lüneburg: Nachhaltigkeit bestimmt das akademische Leben.
© Leuphana Universität Lüneburg
Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern der Campusgebäude, Stadt-Räder am Eingang zur Universität, Elektro-Tankstellen, Fairtrade-Kaffee aus Mehrwegbechern und Bio-Essen in der Mensa: Wer die Leuphana Universität Lüneburg besucht, erkennt bereits an solchen äußerlichen Merkmalen, dass die Universität das Thema Nachhaltigkeit oben auf ihre Agenda gesetzt hat. Projekte wie der „Klimaneutrale Campus“, die Umstellung der Energieversorgung auf Ökostrom, die Verwendung nachhaltiger Büromaterialien und das freiwillige Umweltmanagementsystem nach EMAS (Eco-Management and Audit Scheme) sind weniger augenfällig, gehören aber ebenso zum umfassenden Nachhaltigkeitskonzept wie einschlägige Studienangebote und Forschungsprojekte. „Zeit Wissen“ und die Initiative „Mut zur Nachhaltigkeit“ würdigten diese gelungene Integration des Nachhaltigkeitsgedankens in alle Bereiche des akademischen Lebens ebenso mit einer Auszeichnung wie zuletzt das Bundesumweltministerium und der Deutsche Industrie- und Handelskammertag das innovative Umweltmanagement. Die Leuphana Universität Lüneburg ist seit 2014 aus eigenen Projekten klimaneutral und benötigt daher keine externen Kohlendioxid (CO2)-Neutralisationen mehr. Emissionen aus Dienstreisen, Dienstfahrzeugen, Strom- und Wärmeverbrauch werden vermieden beziehungsweise ausgeglichen. Erreicht wurde das durch die klimaneutrale Energieversorgung, die Einsparung von 50 Prozent Primärenergie und von 30 Prozent Endenergie. Nur wenige der mehr als 500 Hochschulen im deutschsprachigen Raum haben bisher die eigene Entwicklung unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit dokumentiert. Die Leuphana Universität Lüneburg hat bereits ihren sechsten Nachhaltigkeitsbericht vorgelegt. Das ist Ausdruck der Weiterentwicklung des Nachhaltigkeitsgedankens in allen Bereichen der Universität – von der Forschung bis zur Campusgestaltung. Innovative Lehrveranstaltungen, Projekte, Konferenzen und Initiativen in der Hochschulverwaltung zeigen, warum die Leuphana Universität Lüneburg als Vorbild gilt, wenn es darum geht, Nachhaltigkeitsfragen im Zusammenspiel unterschiedlicher Disziplinen zu bearbeiten.

Autorin Irmhild Brüggen ist Beauftragte für Nachhaltigkeit an der Leuphana Universität Lüneburg.

 

„Nachhaltigkeit ist der ‚grüne Faden‘“

Umwelt-Campus Birkenfeld: Nachhaltigkeit ist der „grüne Faden“.<address>© Christopher Müller-Dönnhoff</address>
Umwelt-Campus Birkenfeld: Nachhaltigkeit ist der „grüne Faden“.
© Christopher Müller-Dönnhoff
Bereits seit der Gründung des Umwelt-Campus‘ Birkenfeld der Hochschule Trier vor 25 Jahren sind nachhaltige Entwicklung und Kreislaufwirtschaft prägend für die Ausgestaltung aller Aktivitäten. In unserer Nachhaltigkeitsstrategie, die unter dem Leitsatz „Nachhaltig. Innovativ. Digital.“ steht, wird ein ganzheitlicher Ansatz verfolgt, der Lehre, Forschung, Transfer und Betrieb umfasst. Am Umwelt-Campus Birkenfeld werden etwa 2.400 Studierende aus mehr als 80 Ländern in 13 Bachelor-, fünf dualen Bachelor- und 12 Master-Studiengängen von 56 Professorinnen und Professoren in naturwissenschaftlichen-, technischen, betriebswirtschaftlichen, juristischen Fächern und der Informatik unterrichtet. Nachhaltigkeit ist der „grüne Faden“, der alle Studienangebote interdisziplinär vernetzt. Im GreenMetric-Ranking glänzt der Umwelt-Campus Birkenfeld seit vier Jahren als „grünste Hochschule Deutschlands“ und belegt weltweit Rang 6 von 912 teilnehmenden Hochschulen. Im Betrieb der Hochschule spielt Nachhaltigkeit ebenfalls eine entscheidende Rolle. Der Umwelt-Campus Birkenfeld ist die erste „Zero Emission University“ Europas, denn die Liegenschaft wird in Bezug auf Wärme und Strom vollständig mit erneuerbaren Energien versorgt. In einem nahegelegenen Holzhackschnitzel-Heizkraftwerk wird aus regionalen Althölzern klimaneutral und effizient mithilfe der Kraft-Wärme-Kopplung Wärme und Strom erzeugt. Der Umwelt-Campus bezieht „Grünstrom“ und erzeugt durch großflächige Solaranlagen auf den Dächern, auf Solarcarports für unsere Elektrofahrzeuge und an den Fassaden zudem mehr als 50 Prozent des Strombedarfs erneuerbar. Ein ökologisches Baukonzept und CO2-neutrale Energie-, Wärme- und Kälteversorgung sowie neueste Gebäude- und Anlagentechniken bieten einen einzigartigen Ort zum „Leben, Lernen und Arbeiten“.

Basierend auf den Leitlinien für Nachhaltigkeit setzt ein Nachhaltigkeitsrat unter Federführung des Nachhaltigkeitsbeauftragten regelmäßig neue Ziele. Wichtiger Impulsgeber ist das studentische „Green Office“, das unter anderem jüngst die Fairtrade-Zertifizierung des Umwelt-Campus' auf den Weg gebracht hat.

Autor Prof. Dr. Klaus Helling ist Nachhaltigkeits-Beauftragter des Umwelt-Campus‘ Birkenfeld.

Diese Gastbeiträge stammen aus der Unizeitung „wissen|leben“ Nr. 4, 16. Juni 2021.

Links zu dieser Meldung