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Münster (upm/kk)
Das Brillenschötchen (Biscutella didyma)<address>© Martina Petru</address>
Das Brillenschötchen (Biscutella didyma)
© Martina Petru

Schnelle Evolution unter Klimawandel

Forscherteam untersuchte Anpassungen von Pflanzen an die zunehmende Trockenheit / Studie in "Ecology Letters"

Ökosysteme sind weltweit durch den raschen Klimawandel bedroht. Pflanzen spielen in allen Ökosystemen eine entscheidende Rolle, da sie die Grundlage aller Nahrungsnetze bilden. Für viele Regionen, die heute bereits sehr trocken sind, wie Wüsten oder Halbwüsten, sagen viele Klimaforsacher noch niedrigere Niederschlagsmengen voraus. Ein Forscherteam um Prof. Dr. Katja Tielbörger von der Universität Tübingen hat jetzt herausgefunden, dass sich bestimmte Pflanzenarten unter Dürre sehr schnell anpassen können. Das bedeutet, dass die Pflanzen veränderte Eigenschaften unter neuen Umweltveränderungen in ihren Genen festschreiben und diese weitervererben können. An der Studie waren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universitäten Hildesheim und Köln sowie Dr. Christian Lampei vom Institut für Landschaftsökologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) beteiligt. Die Ergebnisse sind der in der Fachzeitschrift "Ecology Letters" erschienen.

Auswertung eines Langzeitexperiments

Langzeitexperiment im Freiland in einer israelischen Halbwüstenlandschaft: Über zwölf Jahre hinweg wurde das Wachstum und Gedeihen von Pflanzengemeinschaften bei experimentell veränderten Niederschlägen untersucht. Zu sehen sind Dächer, die 30 Prozent des Niederschlags abhalten.<address>© Johannes Metz</address>
Langzeitexperiment im Freiland in einer israelischen Halbwüstenlandschaft: Über zwölf Jahre hinweg wurde das Wachstum und Gedeihen von Pflanzengemeinschaften bei experimentell veränderten Niederschlägen untersucht. Zu sehen sind Dächer, die 30 Prozent des Niederschlags abhalten.
© Johannes Metz
Die Basis für die Untersuchung, ob und wie Pflanzen eine schnelle Anpassung realisieren, war ein einzigartiges Langzeitexperiment in Israel. Dabei manipulierten die Wissenschaftler zwölf Jahre lang die Niederschläge von Pflanzengemeinschaften im Feld, indem sie die Pflanzen entweder zusätzlich bewässerten oder die Regenmenge mit Hilfe von speziellen Dächern reduzierten. „Solche Langzeitexperimente gibt es nur selten. Daher gibt es nur wenige Studien, in denen sich die Evolution von Pflanzen unter naturnahen Bedingungen erforschen lässt“, sagt Katja Tielbörger. In einer früheren Studie hatte die Wissenschaftlerin bereits festgestellt, dass die Pflanzengemeinschaften extrem resistent gegenüber Dürre sind, und hatte schon damals vermutet, dass dies zum Teil auf eine schnelle Anpassung der überwiegend sehr kurzlebigen Arten zurückzuführen sein muss.

In seinen Experimenten konzentrierte sich das Team auf das Brillenschötchen (Biscutella didyma), eine Art, die in extremen Wüsten bis hin zu mediterranen Gebieten vorkommt. „Wir haben eine große Zahl von Eigenschaften betrachtet, deren genetische Informationen gut erforscht sind und die großen Einfluss auf die Überlebensfähigkeit der Pflanze haben“, sagt Erstautor Dr. Johannes Metz (Universität Hildesheim). Eine Besonderheit des Langzeitexperiments war, dass es an vier Stellen entlang eines sehr steilen Regengradienten stattfand. Dort untersuchte das Forschungsteam, welche Eigenschaften sich entlang des Gradienten verändern.

Unterschiedliche Geschwindigkeiten

 

Die Forscher beobachteten, dass ursprünglich an feuchtere Bedingungen gewöhnte Pflanzen unter künstlicher Dürre innerhalb von nur neun Jahren einen früheren Blühzeitpunkt entwickelten und mehr Ressourcen in die Samenproduktion steckten. „Die Stärke unserer Studie besteht darin, dass mehrere Beweislinien verwendet wurden, um festzustellen, dass die evolutionären Veränderungen unter veränderten Bedingungen tatsächlich vorteilhaft waren", erklärt WWU-Forscher Christian Lampei. „Eine Beweislinie war, dass die gleichen Anpassungen in Wüstenpopulationen der Art gefunden wurden, eine andere, dass sie in einem Dürreexperiment vorteilhaft waren", erläutert der Wissenschaftler. Allerdings gab es auch mehrere überlebenswichtige Eigenschaften, die sich im Experiment nicht anpassten, wie zum Beispiel die Effizienz der Wassernutzung oder die Länge der Samenruhe.

„Die Botschaft unserer Studie ist daher nur bedingt optimistisch“, sagt Johannes Metz. „Zwar konnten wir belegen, dass eine schnelle Evolution bei wichtigen Pflanzeneigenschaften möglich ist; daneben gibt es aber auch Eigenschaften, bei denen die Anpassungsprozesse womöglich zu langsam ablaufen, um mit dem Klimawandel Schritt zu halten.“

Originalpublikation:

Johannes Metz, Christian Lampei, Laura Bäumler, Herve Bocherens, Hannes Dittberner, Lorenz Henneberg, Juliette de Meaux, and Katja Tielbörger (2020): Rapid adaptive evolution to drought in a subset of plant traits in a large-scale climate change experiment. Ecology Letters. Doi: 10.22541/au.159231512.24779850

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