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Münster (upm/kn)
Nach einer fünfeinhalbjährigen Umbauphase werden im Bibelmuseum zukünftig 1.500 Exponate ausgestellt.© WWU - MünsterView
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Besonders konserviert zur Schau gestellt

Einzigartige Vitrinentechnik schützt die Bücher im Bibelmuseum

Die Wände, der Boden, die Decke – alles ist schwarz. Das Licht ist so sehr gedimmt, dass sich die Augen beim Betreten des Raums zunächst daran gewöhnen müssen. Beim Blick in die schwarze Vitrine sticht ein goldenes Kreuz aus dem 15. Jahrhundert hinter der Glasscheibe hervor. In seiner dunklen Umgebung scheint es zu schweben. Darauf abgebildet ist die Kreuzigung Jesu von Nazaret, umgeben von den Symbolen der Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes. Im Hintergrund summt die Klimaanlage leise vor sich hin.

Der dunkle Raum, die Beleuchtung und Klimaanlage sind notwendig, um die wertvollen Gegenstände des Bibelmuseums zu schützen. „Sehr viele Exponate benötigen eine besondere Konservierung. Pergament beispielsweise lebt noch. Es gibt Feuchtigkeit ab und nimmt welche auf. Wir stellen Stücke aus ganz unterschiedlichen Materialien wie Papier, Papyrus, Leder oder Holz aus“, erläutert Kustos Dr. Jan Graefe. In den vergangenen fünfeinhalb Jahren war das Bibelmuseum – eines von acht deutschlandweit – für die inhaltliche und ausstellungstechnische Neukonzeption geschlossen. Mit der Wiederöffnung am 13. Dezember werden auf einer Ausstellungsfläche von rund 160 Quadratmetern zukünftig 1.500 Exponate präsentiert. Erstmals sind die 650 altsprachlichen Bibeln der Sammlung „Walter Remy“ zu sehen.

Die zwei 13 Meter langen Vitrinen mit jeweils einer integrierten Klimaanlage sind einzigartig. In den Vitrinen herrscht ein konstantes Klima zwischen 18 und 20 Grad Celsius. Die Luftfeuchtigkeit liegt zwischen 45 und 50 Prozent. Die Luft wird fortwährend umgewälzt. „Innerhalb von 24 Stunden dürfen sich diese Werte maximal um drei Prozent verändern“, erklärt Jan Graefe. „Weichen die Werte zu stark ab, bekomme ich eine Nachricht auf mein Handy.“ Auch die Beleuchtung ist an die konservatorischen Bedürfnisse der teilweise jahrtausendalten Bibeln angepasst. Die Beleuchtungsstärke in dem Raum liegt bei nur 30 bis 40 Lux. Zum Vergleich: Ein wolkenfreier Sommertag erreicht bis zu 100.000 Lux. Mehr über die Geschichte, Aufgaben und aktuelle Forschung des Bibelmuseums, das Teil des Instituts für Neutestamentliche Textforschung (INTF) ist, erfahren die Besucherinnen und Besucher mithilfe der virtuellen Realität. Die speziell für eine VR-Brille konzipierte digitale Führung gibt Einblicke in die Neutestamentliche Textforschung.

Inhaltlich macht das Museum die Geschichte der Bibel als zentrales Medium der christlichen Glaubensüberlieferung an Originalen sichtbar. Es pflegt, bewahrt, erweitert und erforscht seine für Münster und Nordrhein-Westfalen einzigartige Sammlung. Der Ausstellungsschwerpunkt liegt auf dem griechischen Neuen Testament und der deutschen Bibel. Die Wissenschaftler des INTF beschäftigen sich mit der Überlieferungsgeschichte der Bibel. Leitfrage ist die Rekonstruktion des Ausgangstextes. Die Forscher untersuchen, wie der genaue Wortlaut des griechischen Neuen Testaments ursprünglich aussah. Denn alle originalen Handschriften der 27 neutestamentlichen Bücher sind verlorengegangen. Es gibt nur Abschriften aus späteren Jahrhunderten, deren Inhalte teilweise sehr unterschiedlich sind. Die an der WWU rekonstruierte Ausgabe des griechischen Neuen Testaments wird heute weltweit von allen großen Kirchen und wissenschaftlichen Ausbildungsstätten genutzt. Zudem bildet sie die Grundlage für fast alle modernen Bibelübersetzungen. „Unsere Sammlung ist auch weiterhin für die Wissenschaft zugänglich. Denn vieles ist noch nicht erforscht. Daneben werden wieder Proseminare für Studierende im Bibelmuseum stattfinden“, betont Jan Graefe.

Mit der Neukonzeption sollen zukünftig wechselnde Exponate ausgestellt werden. „Im Dezember zeigen wir Bibelstellen, die sich mit Weihnachten beschäftigen. Zu Ostern oder Pfingsten stellen wir dann neue Fundstellen aus. Die Inhalte ändern sich also regelmäßig“, beschreibt Jan Graefe. Zu den Besonderheiten der Sammlung zählt eine Lutherbibel mit eigenhändiger Widmung des Reformators aus seinen letzten Lebenstagen. Eine sumerische Tontafel von 2.500 v. Chr. ist das älteste Exponat. Die zwölf mal sieben Zentimeter große Tafel ist rundherum mit einem Schöpfungsbericht beschrieben.

Die Wiedereröffnung fällt gerade noch in ein Jahr, in dem die Einrichtung gleich zwei Jubiläen begeht: Zum einen feiert das Bibelmuseum seinen 40. Geburtstag. Zum anderen besteht das INTF seit 60 Jahren.

Besucherservice
Zur Eröffnung am Freitag, 13. Dezember, hat die Öffentlichkeit ab 19.30 Uhr Zugang zum Archäologischen Museum und zum Bibelmuseum. Ab Samstag, 14. Dezember, sind beide Museen regulär – in Anlehnung an das gegenüberliegende LWL-Museum für Kunst und Kultur – täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet (montags geschlossen). Am Langen Freitag, der zweite Freitag im Monat, sind die Museen von 10 bis 22 Uhr geöffnet.

Kontakt
Bibelmuseum: Tel. 0251 83-22580, E-Mail bibelmuseum@uni-muenster.de (auch für die Buchung von Führungen)

Autorin: Kathrin Nolte

Dieser Artikel stammt aus der Unizeitung wissen|leben, Nr. 7, November 2019.

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