Ruinen der alten Universität
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1945

Unter Britischer Verwaltung wird die Universität Münster am 03.11.2945 als Westfälische Landesuniversität wiedereröffnet.

  • Umschlag des Vorlesungsverzeichnisses Winter 1946
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    1945: Die Universität eröffnet nach dem Zweiten Weltkrieg als "Westfälische Landesuniversität".

    Umschlag des Vorlesungsverzeichnisses für das Wintersemester 1946/47

    Quellennachweis: Universitätsarchiv Münster, Bibliothek

    Transkription

    "Westfälische Landes-Universität
    Münster (Westf.)

    Verzeichnis der Vorlesungen
    Wintersemester 1946/47"

    Kommentar

    Nachdem in den ersten Wochen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs unklar war, ob am Standort Münster wieder eine Universität ihren Betrieb aufnehmen werde, erfolgte die Wiedereröffnung am 3. November 1945.

    Zum Wintersemester 1946 erschien das erste gedruckte Vorlesungsverzeichnis, eine Broschüre in der alle Lehrveranstaltungen der Universität nach Fächern und Instituten geordnet mit Titel, Uhrzeit und Veranstaltungsort aufgelistet sind. Auf dem Titelblatt wird als Hochschulnamen „Westfälische Landes-Universität Münster (Westf.)“ genannt. Ein gleichlautender Stempel findet sich bereits auf dem maschinenschriftlichen Vorlesungsverzeichnis des Sommersemesters 1946.

    Es wird allgemein davon ausgegangen, dass der neue Universitätsname auf die britische Militärregierung zurückgeht, unter deren Verwaltung die Universität zunächst stand. Archivarische Quellen hierzu sowie ein Senatsbeschluss liegen uns derzeit nicht vor.

    Unter dem Schrifttitel der Broschüre ist eine stilisierte Darstellung der Münsteraner Rathausfassade gedruckt. Eine Rathaussilhouette zierte auch das letzte gedruckte Vorlesungsverzeichnis der Kriegszeit (Wintersemester 1944/45).

  • Schreiben des Universitätskurators
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    1948: Ein Schreiben des Universitätskurators deutet auf Unklarheiten bzgl. des Universitätsnamens hin.

    Schreiben des Universitätskurators an das Postamt der Stadt Münster vom 5. März 1948

    Quellennachweis: Universitätsarchiv Münster, Bestand 9, Nr. 4.

    Transkription

    "Der Universitätskurator
    Münster, den 5. März 1948
    Nr. 1071

    1.) An die Firmenstelle beim Postamt I
    Münster/Westf.
    Auf die mündliche Anfrage vom 11.2.1948 teile ich Ihnen
    mit, dass sich bei der Universität Münster die Bezeichnung
    „Westfälische Landesuniversität“ eingebürgert hat. Aber
    auch die Bezeichnung „Westfälische Wilhelms-Universität“
    ist offiziell noch nicht aufgehoben worden, da eine amtliche
    Anerkennung „Westfälische Landesuniversität“ bisher noch
    nicht erfolgte.

    2.) z.d.A.

    I.V. (Kürzel)"

    Kommentar

    Bei diesem Schriftstück handelt es sich um die Abschrift eines Briefs, in dem der Universitätskurator auf eine mündliche Anfrage seitens des Postamts der Stadt Münster antwortet. Mit dem Stempel und den Signaturkürzeln am linken Rand wird die Übereinstimmung der Abschrift mit dem eigentlichen Brief bestätigt. Die Abschrift hat die Form eines Vermerks, in dem unter 1) der Inhalt des Schreibens dokumentiert wird und unter 2) festgehalten wird, was in der Angelegenheit weiter geschehen soll- Die Abkürzung z.d.A. bedeutet, dass die Abschrift „zu den Akten“ genommen, also abgeheftet werden soll. Die Angelegenheit ist also beendet.

    Der Kurator weist darauf hin, dass der bisher geführte Name „Westfälische Wilhelms-Universität“ formal noch immer geführt werde, da eine Änderung des Namens zu „Westfälische Landesuniversität“ durch den Senat nicht stattgefunden hat. Dass es zum Zeitpunkt der Wiedereröffnung der Universität einen beschlussfähigen Senat gab, zeigt schon die Tatsache, dass der Senat den ersten Nachkriegsrektor wählen konnte.

    (Bis zur Universitätsverfassung von 1970 wurde die Universität Münster von einer „Doppelspitze“ geführt. Der/Die Rektor/in wurde vom Senat gewählt und leitete die Universität in allen wissenschaftlichen Belangen, der Universitätskurator (es waren nur Männer) war für alle Finanz- und Verwaltungsthemen zuständig. Während die Amtszeit der/s Rektors/in zunächst auf ein, später auf zwei Jahre begrenzt war, wurde der Universitätskurator durch die Landesregierung als Beamter auf Lebenszeit eingestellt. Die Aufgaben des Kurators werden heute vom/von der Kanzler:in wahrgenommen. Diese:r ist Mitglied des Rektorats, die Stelle ist ein befristetes Wahlamt.)

    [aktualisiert 27.04.2021]

  • Auszug aus dem Protokollbuch
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    1949: Der durch die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät eingebrachte Antrag zur Namensänderung kommt im Senat der Universität nicht zur Abstimmung.

    Das Protokoll der Senatssitzung am 2. Mai 1949

    Quellennachweis: Universitätsarchiv Münster, Bestand 4, Nr. 24.

    Transkription:

    „3.) Der Antrag der rechts- u. staatswiss. Fakultät, die jetzige Bezeichnung der Universität als Westfälische Landes-Universität wieder in den alten Namen Westfälische Wilhelms-Universität umzuwandeln, erscheint im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zweckmässig, da ein solches Vorgehen den Bestrebungen widerspricht, die Provinz Westfalen als Verwaltungseinheit zu erhalten."

    Kommentar:

    Trotz der Ausführungen des Kurators in dem Schreiben an die Poststelle der Stadt Münster im Jahr 1948, in dem er darauf hinweist, der Name „Westfälische Wilhelms-Universität Münster“ sei der formal korrekte Name der Universität, wird 1949 im Senat der Name „Westfälische Landesuniversität Münster“ als offizieller Name angesprochen.

    Der von der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät eingebrachte Antrag (in der Sitzung anwesend ist der Dekan Prof. Dr. Schumann), den Namen der Universität wieder in „Westfälische Wilhelms-Universität“ umzuwandeln, kommt nicht zur Abstimmung. Die Ablehnung verweist darauf, dass 1949 die Entwicklung der Verwaltungsstrukturen innerhalb des Landes Nordrhein-Westfalen noch nicht abgeschlossen war, und hebt den politisch-regionalen Bezug der Universität hervor.

    Mit "Provinz Westfalen" ist hier der Provinzialverband Westfalen gemeint, denn die eigentliche preußische Provinz Westfalen war bereits 1946 mit Gründung des Landes NRW aufgelöst worden. 1953 wurde der Provinzialverband Westfalen in den Landschaftsverband Westfalen-Lippe überführt.

  • Umschlag des Vorlesungsverzeichnisses Sommer 1950
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    Sommersemester 1950: Auf dem Einband des Vorlesungsverzeichnisses steht der Name "Universität Münster".

    Umschlag des Vorlesungsverzeichnisses für das Sommersemester 1950

    Quellennachweis: Universitätsarchiv Münster, Bibliothek

    Transkription

    "Universität Münster

    [Abbildung des Universitätssiegels]

    Vorlesungsverzeichnis
    Sommersemester
    1950"

    Kommentar

    Von Sommersemester 1950 bis Sommersemester 1952 erscheint auf den Vorlesungsverzeichnissen als Hochschulname "Universität Münster".

    Das Universitätssiegel, das die thronende Muttergottes mit dem Jesusknaben zeigt, geht auf die Gründungszeit der Universität im 18. Jahrhundert zurück. Die Verwendung des Universitätssiegels ist dem Rektorat vorbehalten. 

    [ergänzt 18.04.2021, Leserhinweis]

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    Frühjahr 1950: In einem Briefwechsel diskutieren Juraprofessoren den offiziellen Namen der Universität.

    Schreiben des Juristen Prof. Dr. Hans Schumann an den Rektor der Universität Münster vom 3. April 1950

    Quellennachweis: Universitätsarchiv Münster, Bestand 4, Nr. 1487

    Transkription

    „Universitäts-Prof.
    Dr. Hans Schumann
    Münster i. Westf.
    Gutenbergstraße 2
    3.4.50

    Magnifizenz!
    In Bezug auf den Namen besteht folgende Situation: Die Satzung von 1902
    bezeichnet sich als Satzung der köngl. Universität Münster“. Der kaiserl.
    Erlaß v. 22.8.07 hat ihr den Namen „Westfälische Wilhelms-Universität
    zu Münster“ verliehen. Die vom preuß. Staatsministerium erlassene Satzung
    von 1929 bezeichnet sich als „Satzung der Universität Münster“. Entsprechend
    verfahren die Satzungen z.B. für Göttingen und Marburg, die zu gleicher
    Zeit erlassen sind. Wie jene anderen Universitäten hat auch Münster
    den alten

    [Seitenwechsel]

    Namen unter Duldung der zuständigen Stellen geführt. Wenn über-
    haupt die Verfassung von 1929 die Namensfrage hat regeln wollen,
    dann hat sich der alte Name doch gewohnheitsrechtlich durchgesetzt.
    Da für den Rektor nach Kriegsende kein Führersystem mehr bestanden
    hat, konnte er als solcher keinen neuen Namen staturieren. Immer-
    hin ist auch die „Westf. Landesuniversität“ vier Jahre unangefochten
    geblieben, so daß man den Standpunkt vertreten kann, auch diese Be-
    zeichnung habe sich durchgesetzt. Eine im Wesentlichen gleiche Äußerung
    des Kollegen Wolff füge ich bei. Das Kabinett mit der Sache zu
    befassen, scheint mir persönlich nicht sehr angebracht. Schumann“

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    Transkription der Anlage

    „Prof. Dr. Jur. Hans J. Wolff
    Münster (Westf.) am 31. März 1950
    Melcherstrasse 15
    Ruf 13720

    Urschriftlich
    Herrn Prof. Dr. SCHUMANN
    zurückgereicht.
    Durch die Satzung vom 1. Mai 1929 ist der Name unserer Univer-
    sität von „Westfälische Wilhelms-Universität zu Münster“ ge-
    ändert worden in „Universität Münster“, weil in der Republik
    monarchische Reminiszenzen vermieden werden sollten. Diese
    Absicht des Staatsministeriums hat sich jedoch nicht durchge-
    setzt. Es bildete sich vielmehr ein Gewohnheitsrecht, die
    Universität weiterhin „Westfälische Wilhelms-Universität zu
    Münster“ zu benennen, wie es entsprechend auch in Göttingen,
    Marburg, Königsberg und anderwärts der Fall war, denn das Kul-
    tus-Ministerium oder gar das Staatsministerium sind 16 Jahre
    lang diesem Brauch nicht entgegen-getreten.

    Seit dem Rektorat des Prälaten Prof. Dr. Dr. SCHREIBER hat sich
    die Bezeichnung „Westfälische Landesuniversität“ allmählich
    aber nachdrücklich eingebürgert im Gebrauch der Universitäts-
    behörden, der Universitätsangehörigen, der Presse und der Öf-
    fentlichkeit. Wiederum hat das Kultus-Ministerium nunmehr
    4 Jahre lang keinen Anlaß genommen, dagegen einzuschreiten.
    Ob diese Zeit zur Bildung eines neuen Gewohnheitsrechtes aus-
    reicht, scheint mir allerdings nicht ganz sicher.

    Ich empfehle dem Senat zu beschließen, das Kultus-Ministerium
    zu bitten, einen Beschluß des Staatsministeriums darüber her-

    [Seitenwechsel]

    beizuführen, daß die Universität zu Münster ihrem
    seit Jahren üblichen Brauch entsprechenden Namen
    „Westfälische Landesuniversität“ zu führen berech-
    tigt ist, da der bis zum Kriegsende geführte Name
    „Westfälische Wilhelms-Universität zu Münster“ nicht
    mehr zeitgemäß erscheint.
    Mit schönstem Gruß bin ich
    Ihr
    Wolff (Unterschrift)“

     

    Kommentar:

    Das Schreiben nebst Anlage steht im Zusammenhang der Namensdiskussion 1949/50. Es ist allerdings auf April 1950 datiert, spielte also bei der Entscheidung , das Vorlesungsverzeichnis des Sommersemesters 1950 unter dem Namen "Universität Münster" erscheinen zu lassen, keine Rolle. Im Personal- und Vorlesungsverzeichnis der Universität Münster für das Sommersemester 1950 wird Prof. Dr. Hans Schumann als Geschäftsführender Direktor des Rechtswissenschaftlichen Seminars, Prof. Dr. Hans J. Wolff als dessen Direktor geführt. Schumann hatte, damals als Dekan der Fakultät, im Mai 1949 im Senat den Antrag der Rechts-und Staatswissenschaftlichen Fakultät zur Rückkehr zum Traditionsnamen vertreten.

    Wolff argumentiert in seinen Ausführungen für eine Beibehaltung des seit 1946 gebräuchlichen Namen "Westfälische Landesuniversität", auch weil ihm der Namen "Westfälische Wilhelms-Universität" nicht mehr zeitgemäß erscheint. Dagegen deutet Schumann in seinem Schreiben Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Umbenennung der Universität nach Kriegende an. Dennoch spricht er sich ausdrücklich gegen die Empfehlung Wolffs aus, über den Senat eine Entscheidung durch die Landesregierung in Düsseldorf zu erwirken.

    Deutlich wird, dass die beiden Vertreter des rechtwissenschaftlichen Seminars keine gemeinsame Position gefunden haben. Beide Autoren stimmen aber darin überein, dass die Verfassung von 1929 zur Klärung der Namensdebatte 1949/50 nicht geeignet sei, da trotz der Berliner Initiative, die Namen der preußischen Universitäten zu vereinheitlichen, in Münster wie an anderen Orten die Universitäten ihre Traditionsnamen ohne Widerstand aus Berlin weiterführten.

    Mit dem Stichwort "Führersystem" bezieht sich Schumann übrigens auf die "Richtlinie zur Vereinheitlichung der Hochschulverwaltung" vom 1. April 1935 des Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung, wo es heißt: „Führer der Hochschule ist der Rektor. Er untersteht dem Reichswissenschaftsminister unmittelbar und ist ihm allein verantwortlich." dem Senat war also das Recht der Rektorwahl genommen (zitiert nach H. Seier: Der Rektor als Führer. In: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 1964, H.2, S. 105). Diese Richtlinie wurde duch das Kontrollratsgesetz Nr.1 für die Provinz Westfalen von 1945 aufgehoben, die Verfassung von 1929 aber nicht ausdrücklich wieder eingesetzt. Entwürfe zu einer neuen Verfassung mit einem vom Minister eingesetzten Rektor an der Spitze (vor 1949), scheiterten im Senat. Es sollte bis zum 4. Juli 1960 dauern, dass die WWU eine erste vom NRW-Kultusminister genehmigte Satzung erhielt (vgl. N. Achterberg: Die verfassungsrechtliche Entwicklung der WWU von 1918 bis zur Gegenwart. In H. Dollinger: Die Universität Münster 1780-1980. Münstetr 1980, S. 69-88).