Fürstenberg und die Feier zum 150. Jubiläum der Universität 1930
„Fackelzug der Studentenschaft aus Anlass der Feier des 150jähr. Bestehens der Universität in den Tagen vom 19. bis 21. Juni 1930“, heißt es auf einem Aushang des Rektorats, und weiter: Die „Teilnahme jedes Kommilitonen ist Ehrenpflicht“ und auch, dass die Fackeln kostenlos ausgegeben werden.
28 Jahre nach der Erhebung der Akademie zur Universität durch Wilhelm II. bereitete man sich also darauf vor, das 150stes Jubiläum der Universität zu feiern. Möglich war dies, weil die alte Universität Münster am 16. April 1780 durch Franz Freiherr von Fürstenberg eröffnet wurde. Zugleich wollte man an den 200. Geburtstag Fürstenbergs erinnern. Der wurde zwar bereits 1729 geboren, aber auch bei den „Lebensjahren“ der Universität nahm man es nicht so genau: 1818 wurde die alte Universität aufgehoben und bestand bis 1902 als Höhere Lehranstalt, bzw. Akademie. Diese Brüche in der Universitätsgeschichte wurden durch den Titel „150-jähriges Münsterisches Hochschuljubiläum“ kaschiert (die Presse berichtete dennoch vom 150-jährigen Jubiläum der Universität).
Die Feierlichkeiten fanden aufgrund der Ferien nicht am 16. April, sondern vom 19. bis zum 21. Juni 1930 statt. Eröffnet wurden die Feiern am Abend des 19. Juni mit Musik des 18. Jahrhunderts, gespielt von Musikern in Barockkostümen. Es folgten zahlreiche Reden und Ansprachen und zum Abschluss ein Fackelzug von Studierenden der Universität. Dieser Fackelzug – in der Presse ist von ca. 2000 Personen die Rede – zog vom Ludgeriplatz durch die Innenstadt zum Hauptgebäude der Alten Akademie (dort steht heute das Fürstenberghaus). Was dann folgte, wurde im Ablaufplan der Feierlichkeiten als „Salutieren am Fürstenbergdenkmal durch Grüßen und leichtes Senken der Fahnen“ beschrieben. Vom Denkmal aus zog der Fackelzug weiter zum Schlossplatz, wo der Umzug mit einer kleinen Inszenierung am Reiterstandbild Kaiser Wilhelms I. endete: die Studierenden positionierten sich sternförmig um das Denkmal herum.
Die dreitätigen Feierlichkeiten waren ganz auf Franz Freiherr von Fürstenberg als Gründer der Universität ausgerichtet. In seinem Festvortrag mit dem Titel „Fürstenberg und seine Universität“ betonte der Historiker Prof. Dr. Eitel die 150-jährige Geschichte und Tradition der Hochschule. Fürstenberg selbst war in Form einer Büste auf dem Rednerpult präsent. Die Tagespresse berichtete ausführlich von den Feierlichkeiten und den Reden. Von der Wiedererhebung 1902 und dem Namensgeber der Universität ist, wenn seine Person überhaupt erwähnt wird, nur am Rande die Rede.
An dem Beispiel dieser Feier lässt sich nachvollziehen, wie beliebig sich Traditionen konstruieren lassen: Der Bezug auf Fürstenberg diente 1930 nicht nur als Verweis auf die Verbundenheit zwischen Universität und Region, sondern auch dazu, die Brüche in der Universitätsgeschichte zu kaschieren und der WWU in Konkurrenz mit anderen Universitäten Anciennität durch Tradition zu verliehen.