© Stadtmuseum Münster

Reiterstandbild Wilhelm I.

„Mit Stolz und Befriedigung darf Münster und das Münsterland auf die beiden letzten Tage zurückblicken, an denen es uns vergönnt war, einen erlauchten Sproß des Hohenzollernhauses in unserer Mitte zu haben und an denen einem Denkmal die Weihe gegeben wurde, welches ehrendes Zeugnis von dem vaterländischen Geiste gibt, der des Münsterlandes Bewohner von jeher ausgezeichnet hat.“

So heißt es in der Abendausgabe des Münsterschen Anzeigers am 27. Oktober 1897. Der erlauchte „Sproß des Hohenzollernhauses“ ist Prinz Friedrich Leopold von Preußen, der Schwager Kaiser Wilhelms II.; das geweihte Denkmal das Reiterstandbild Kaiser Wilhelms I., das feierlich vor dem Schloss in Münster enthüllt wurde – begleitet von Reden, Musik und Schaulustigen. Mit einem fünfeinhalb Meter großen Steinsockel und einem über vier Meter großen Reiterstandbild ist das Denkmal recht imposant.

Den Sockel entwarf Bruno Schmitz, der Architekt der Kaiser Wilhelm Denkmäler am Deutschen Eck in Koblenz und an der Porta Westfalica sowie des Kyffhäuser-Denkmal. Das Standbild selbst wurde von dem Bildhauer Friedrich Reusch entworfen, der ebenfalls mehrere Denkmäler für Kaiser Wilhelm I. schuf, so in Duisburg, Siegen und Königsberg. Hier zeigt sich: Die Ereignisse des 21. Oktober 1897 in Münster waren keineswegs singulär – nach dem Tod Wilhelms I. wurden ihm (und damit dem Haus Hohenzollern) hunderte Denkmäler gesetzt.

Die Initiative zur Errichtung des Denkmals in Münster ging vom Oberpräsidenten der preußischen Provinz Westfalen aus, der seinerzeit im Schloss residierte – zum Sitz der Universität wurde das Schloss erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Idee kam zwar von preußischer Seite, die Stadtverordneten-Versammlung Münsters steuerte aber erhebliche Mittel zur Realisierung bei.

Einen direkten Bezug zwischen Denkmal und Universität gibt es nicht. Aber schon während der Weimarer Republik werden seitens der Universität mehrfach zu feierlichen Anlässen Fackelzüge organisiert, die ihren festlichen Abschluss am Reiterstandbild finden. Vielleicht war dies Hintergrund für die These, dass die Universität nach Wilhelm I. benannt sei, die Senatskommission zur Namensfrage 1996/97 konnte dies schlüssig widerlegen. Trotzdem schmück das Reiterstandbilds das Titelblatt des AStA-Readers zur Namensfrage.

So feierlich die Enthüllung des Denkmals 1897 begangen wurde, so geräuschlos war sein Verschwinden im Jahr 1942. Schon 1936 dachte man über eine Neugestaltung des Platzes nach und suchte einen neuen Standort. Im Juni 1940 erschient eine Richtlinie, nach der alle öffentlichen Denkmale erfasst und ihre Eignung als Metallspenden für die Rüstungsindustrie geprüft werden sollten. Münsters Oberbürgermeister votierte für einen Abriss, auch weil dadurch doch die Sichtachse auf das Schloss wieder frei werde. Am 31. August 1941 wurde das Denkmal demontiert, kurze Zeit später auch der Sockel. Beim Abriss fand man im Grundstein einen kleinen Bleikasten, dessen Inhalt heute im Stadtarchiv Münster aufbewahrt wird.


Literatur:
Schiel, Regine: Das Reiterstandbild Kaiser Wilhelm I. Ein herrschaftliches Denkmal auf dem Schlossplatz in Münster. Veröffentlicht im Blog des Stadtmuseums Münster am 17.01.2013: https://magazin.stadtmuseum-muenster.de/orte/das-reiterstandbild-kaiser-wilhem-i (Zugriff am 8.6.2021).
Beeke, Christoph: Der Tod des Bronzekaisers, in: Wilhelm Bauhus et al. (Hrsg.), Durch Münsteraner Geschichte(n), Route 5. Münster 2016, S. 7 – 17.