Die Seite 243 aus dem Jahrbuch für Philologie und Paedagogik aus dem Jahr 1827.
Ausgabe des Jahrbuchs für Philologie und Paedagogkik aus dem Jahr 1827. Unter 7) findet sich die Bezeichnung Max-Friedrichs-Akademie zu Münster.
© Jahrbücher für Philologie und Paedagogik 1827

Maximilian Friedrich als Namensgeber?

1771 unterzeichnet Maximilian Friedrich von Königsegg-Rothenfels, von 1761 bis 1784 Erzbischof von Köln und Fürstbischof von Münster, das erste Gründungsprivileg zur Errichtung einer Universität in Münster. Seit diesen Anfängen hat die Hochschule in Münster mehrfach ihren Status und auch ihren Namen gewechselt: Universität, Höhere Lehranstalt, Königliche Akademie und Westfälische Wilhelms-Universität aber auch Westfälische Landesuniversität. Diese Bezeichnungen finden sich in der Fachliteratur, auf Vorlesungsverzeichnissen und in offiziellen Dokumenten der Universität.

Bei den Forschungen zur Geschichte des Hochschulnamens tauchen nun zwei weitere Namen auf: Maximilians-Universität und Max-Friedrichs-Akademie. Die Quellen sind zwar keine Satzungen oder ähnliches, die Namen tauchen aber an so prominenter Stelle auf, dass sich ein genauerer Blick lohnt:
1794 unterzeichnet der Münsteraner Jurist Matthias Sprickmann ein Rechtsgutachten für das Hochstift Essen mit „Decanus und Professores der Juristen Facultät auf der Maximilians Universität zu Münster in Westphalen“. Wolf Lammers, der 2002 erstmals auf diese Quelle aufmerksam machte, vermutete damals, dass hier der 1794 amtierende Landesherr Maximilian Franz von Österreich gemeint sei. Wahrscheinlicher ist aber, dass Sprickmann sich auf den Gründer der Universität Maximilian Friedrichs von Königsegg-Rothenfels bezieht.

Das Geheime Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, in dem die Akten des preußischen Kulturministeriums aufbewahrt werden, listet in dem entsprechenden Findbuch eine Akte mit dem Titel „Wahl und Bestätigung des Rektors an der Max-Friedrichs-Akademie bzw. der Theologischen und Philosophischen Fakultät Münster“ und mit der Laufzeit 1826 bis 1893. 1818 wurde die Universität Münster aufgehoben und nur die Theologische und die Philosophische Fakultät zunächst als „Höhere Lehranstalt“ später als „Königlichen Akademie“ weitergeführt. Eine Anfrage zu dieser Akte an das Archiv ist gestellt.

1827 publiziert das in Leipzig erscheinende Jahrbuch für Philologie und Paedagogik eine Liste der Bildungsanstalten in Preußen. Unter „Hochschulen“ wird nach sechs Universitäten die „Max-Friedrichs-Akademie zu Münster“ aufgeführt. Da es unwahrscheinlich ist, dass die Herausgeber der Zeitschrift diese Liste ohne Zutun der preußischen Kultusverwaltung zusammengestellt haben, kann man annehmen, dass der Name dort im aktiven Gebrauch war. Dafür spricht auch, dass die „Allgemeine deutsche Real-Encyklopädie für die gebildeten Stände“ aus dem Brockhaus-Verlag, Leipzig, in ihren Ausgaben von 1829/30 bis 1853 im Artikel zur Stadt Münster die dortige Hochschule als Max-Friedrichs-Akademie anspricht – allerdings wird in dem Artikel auch 1824 als Gründungsjahr für die Akademie angegeben, was nach aktueller Quellenlage nicht korrekt ist.

Sehr wahrscheinlich ist der Brockhaus-Artikel die Ursache dafür, dass verschiedene Reiseführer – eine Buchgattung, die sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts einer steigenden Beliebtheit erfreute – von einer „Max-Friedrichs-Akademie“ in Münster berichten. Als Beispiele seien genannt „Reichard’s Passagier auf der Reise“, 1837 in Berlin gedruckt, und das 1847 von C.F. Jahn herausgegebene „Illustrierte Reisebuch“, die beide durch mehrere Auflagen große Verbreitung fanden.

Auch wenn Maximilian Friedrich nicht offizieller Namensgeber von Universität bzw. Akademie war, scheint der Name im gesamten 19. Jahrhundert präsent gewesen zu sein. So erwähnt Richard Lehmann in seinem Gedächtnisprotokoll der Verhandlungen zur Umsetzung der Universitätserhebung 1902 [de]  ausdrücklich die „früher hier bestandene Maximilian-Friedrichs-Univ.“. Ausführlicher äußert sich dazu in seinen später verfassten Erinnerungen: Es habe in Westfalen nach der Wiedererhebung zur Universität den Wunsch zur Benennung nach ihrem ersten Gründer gegeben.
Noch ist unklar, wie diese vereinzelten Fund zu bewerten sind – insofern ist dieser Eintrag Work in Progress. Bemerkenswert ist allerdings, dass in dem in Münster bewahrten Archivmaterial – soweit bisher bekannt – Maximilian Friedrich von Königsegg-Rothenfels, der offizielle Gründer der ersten Universität, als Namensgeber der Münsteraner Hochschule keine Rolle spielt und dass er nahezu vollständig zugunsten des eigentlichen Initiators der Universitätsgründung Franz von Fürstenberg aus dem kollektiven Gedächtnis von Universität und Stadt verschwunden ist.

Quellen:
Gutachten Matthias Sprickmanns „Wird das Hochstift Essen bei seiner Verfassung glücklich und gegen alle fürstliche Willkür geschützt?“ (1794): Landesarchiv Duisburg, AA 0250 Essen Stift Akten Nr. 731.

Jahn, Johann Christian (Hg.): Jahrbücher für Philologie und Paedagogik. Eine kritische Zeitschrift in Verbindung mit einem Verein von gelehrten, Bd. 4. Leipzig 1827.

Brockhaus: Allgemeine deutsche Real-Encyklopädie der gebildeten Stände - Konversations-Lexikon, Bd. 7. Leipzig 18307.

Heinrich August Ottokar Reichard (Hg.): Passagier auf der Reise in Deutschland, der Schweiz, nach Venedig, Amsterdam, Kopenhagen, Paris und St. Petersburg
Mit besonderer Berücksichtigung der vergnüglichsten Badeörter, der Gebirgsreisen, der Donau- und Rheinfahrt. Ein Reisehandbuch für Jedermann. Berlin 1837.

C. F. Jahn (Hg.): Illustriertes Reisebuch. Ein Führer durch Deutschland, die Schweiz, Tyrol, Italien und nach Paris, London, Brüssel, Amsterdam, Kopenhagen, Stockholm, Warschau. Berlin 1847.

Gedankenprotokoll Lehmanns sowie dessen Erinnerungen: Universitätsarchiv Münster, Bestand 7, Nr. 11 und 12.