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TRANSPOSE Working Paper No6: Einflussgrößen auf das Stromsparen im Haushalt aus psychologischer Perspektive
Dörthe Krömker und Christian Dehmel - 2010, 108 Seiten (Abstract: DE EN) (Download Paper)
Abstract
In dieser Studie wurden umfassend psycho-soziale sowie sozio-demographische Einflussgrößen auf insgesamt fünf ausgewählte Verhaltensweisen zum Stromverbrauch untersucht. Es wurden mittels einer bundesweiten Telefonbefragung (N=1000) die Gründe für den Kauf energieeffizienter Kühlgeräte sowie TV-Geräte, alltägliches Ausschalten von Steckleisten und Standby Geräten sowie weiteren Alltagshandlungen (Lichtausschalten, Kochen mit Deckel, Nutzung von Sparprogrammen etc.) erfasst. Zusätzlich wurden Haushalte, die mit Stromheizungen heizen, nach Ihrer Bereitschaft befragt, die Stromheizung gegen ein alternatives Heizsystem auszutauschen (N=126). Die Befragungen fanden auf der Grundlage eines integrierten Handlungsmodells (OSA-Modell) statt.
Die Ergebnisse zeigen, dass für die jeweiligen Handlungsweisen im Detail unterschiedliche Einflussgrößen maßgeblich sind, die bei der Entwicklung von Interventionen zur Verbrauchsreduktion entsprechend adressiert werden müssen.
Für das allgemeine Stromsparen, von dem 65% eine häufige Ausführung berichten, sind vor allem Faktoren des OSA-Modells entscheidend, so das Selbstverständnis im Hinblick auf Sparsamkeit, Ökologie und Besitzorientierungen sowie moralisch normative Aspekte (personale Norm) und die Überzeugung, dass Stromsparen auf diesem Wege aufwändig und teuer ist, aber auch das soziale Umfeld ist in seiner unterstützenden Funktion wichtig. Die Nutzung von Steckerleisten, die 74% der Befragten häufig vornehmen, wird maßgeblich durch Gewohnheiten behindert sowie von der Wahrnehmung als lästig und komfortbeeinträchtigend. Lediglich das Zutrauen, mit diesen Schwierigkeiten umgehen zu können (Selbstwirksamkeit), nimmt einen positiven Einfluss auf die Ausführung.
Für Kühlgeräte kann ein aus ökologischer Perspektive wünschenswerter Stromverbrauch von unter 400 kWh/a angenommen werden. Derzeit ist dieser Stromverbrauch jedoch nur bei knapp 30 % der Befragten gegeben. Der aktuelle Stromverbrauch durch Kühlschränke ist gar nicht durch klimabezogene oder weitergehende Kosten-Nutzen Erwägungen bestimmt, sondern durch den vor allem von Platzmangel bestimmten Mehrbedarf an Kühlgeräten und sozio-demographische Faktoren: Mieter verbrauchen im Vergleich zu Eigentümern weniger Strom durch Kühlgeräte. Einen konkreten Vorsatz zur Anschaffung eines energiesparenden Kühlschrankes hegt nur eine Minderheit (14%). Einfluss auf den Vorsatz nehmen das Selbstkonzept als innovativ, die Wahrnehmung, dass der Stromverbrauch durch Kühlgeräte überhaupt beeinflussbar ist (Handlungskontrolle) sowie ein hoher aktueller Stromverbrauch durch Kühlgeräte. Bei der nächsten Anschaffung will jedoch die große Mehrheit (94%) der Befragten auf ein energiesparendes Gerät zurückgreifen. Dieser Vorsatz wiederum wird durch die Überzeugung, zum Klimaschutz beitragen zu können sowie die positive Haltung der restlichen Haushaltsmitglieder zum Thema gefördert. EigenheimbesitzerInnen sind weniger geneigt, die Energieeigenschaften der künftigen Kühlgeräte zu berücksichtigen.
In Bezug auf TV-Geräte besteht die Herausforderung zum Stromsparen darin, bei der nächsten Anschaffung die stromsparendsten Geräte zu wählen. Ein möglichst rascher
Austausch, wie bei den Kühlgeräten, ist hier nicht notwendig, da die große Mehrheit der Befragten nach wie vor relativ kleine Röhrengeräte nutzt und neue LCD-Geräte nur dann weniger Strom verbrauchen, wenn die Bildschirme nicht größer sind als beim bisherigen Bestand. Der aktuelle Stromverbrauch durch TV-Geräte ist höher bei höherem Einkommen sowie einem Selbstverständnis als besitzorientiert (höhere Geräteanzahl). Nur eine Minderheit (8%) plant in allernächster Zeit ein neues TV-Gerät anzuschaffen. Der von 82% der Befragten gehegte Vorsatz beim nächsten Kauf eines Fernsehers auf seinen Stromverbrauch zu achten, wird vom Selbstverständnis als ökologisch, dem Gefühl der moralischen Verpflichtung zum Stromsparen (personale Norm) und bestimmten Überzeugungen bestimmt. Hindernd wirken die Einschätzung, dass energiesparende Geräte nicht im Handel verfügbar seien und ein höheres Einkommen.
Die Absicht, in naher Zukunft die Stromheizung auszutauschen, besteht nur bei einer kleinen Minderheit von 6 % der Befragten. Einfluss auf diesen Vorsatz nimmt die Überzeugung, dass sich der Austausch nicht mehr lohnt und dass es der nächsten Generation obliegt, sich um diese Angelegenheiten zu kümmern. Auch spielt das Alter und das Gefühl der moralischen Verpflichtung zum Stromsparen eine gewisse Rolle. Der direkte Vergleich zwischen Personen mit und ohne Vorsatz zum Austausch zeigt, dass in der (kleinen) Gruppe derjenigen, die den Vorsatz zum Austausch der Stromheizung gefasst haben, die Befragten jünger sind und ein höheres Einkommen aufweisen. Auch halten sie Heizungen mit anderen Energieträgern langfristig für billiger und fühlen sich eher im Angesicht von Umweltproblemen schuldig, nicht genug getan zu haben. Des Weiteren sind eine Reihe von hemmenden Überzeugungen weniger stark ausgeprägt, so etwa sich den Austausch im Moment nicht leisten zu können, dass sich die Investition nicht in ausreichendem Maße rentiert oder dass sich die nächste Generation um diese Dinge kümmern muss.
Der Gesamtstromverbrauch eines Haushaltes ist wesentlich durch die Dauer der Anwesenheit der Mitglieder bestimmt und ist in Einfamilienhäusern höher als in Mehrfamilienhäusern. Des Weiteren verringert eine starke moralische Verpflichtung zum Stromsparen den Verbrauch und das Gefühl, den Verbrauch kontrollieren zu können, spielt eine gewisse Rolle.
In dieser Studie wurden zum ersten Mal umfassend denkbare psycho-soziale und sozio-demographische Einflussfaktoren auf ausgewählte Verhaltensweisen zum Stromverbrauch untersucht. Die Ergebnisse zu den psycho-sozialen Einflussgrößen erlauben es, diese durch gezielte Kommunikationsstrategien zu adressieren und Hindernisse zu beseitigen. Die Ergebnisse zu den sozio-demographischen Einflussgrößen erlauben es, Zielgruppen mittels der entsprechenden Merkmale zu identifizieren.rden die empirischen Befunde vor diesem
Hintergrund präsentiert und diskutiert.