Forschungsaufenthalt an der City University of New York, New York City, USA
Antragsstellender: Jurian Thomas
Fachbereich, Studienrichtung: FB 14, Master Biowissenschaften
Im August des letzten Jahres präsentierte mir mein Professor Ralf Stanewsky ein Projekt, das er Clara Lober, einer ehemaligen Masterstudentin, als Forschungsmodul für Anfang 2020 in New York angeboten hatte. Leider wurde das Projekt aufgrund des Ausbruchs der Pandemie zu dieser Zeit nicht durchgeführt. Glücklicherweise passte dieses Projekt perfekt zu meiner Masterarbeit mit dem Titel "Funktionelle Konnektivität zwischen zentralen Neuronen der zirkadianen Uhr und potenziellen peripheren Temperatursensoren in Drosophila". Daher bot mir mein Professor die Möglichkeit an, drei Monate meiner Masterarbeit bei Professor Dr. Orie Shafer an der Neuroscience Initiative des Advanced Science Research Centers der City University of New York zu verbringen, was mir durch die finanzielle Unterstützung durch den Santander Mobilitätsfond ermöglicht wurde. Dort würde ich eine Methode erlernen und Experimente durchführen, für die uns in Münster das erforderliche Know-how und Equipment fehlen. Professor Shafer und Stanewsky haben in der Vergangenheit bereits erfolgreich zusammengearbeitet, da sie beide auf dem Gebiet der Chronobiologie tätig sind und sich mit der molekularen inneren Uhr beschäftigen.
Grundlegend sind Fruchtfliegen wie Menschen und soweit bekannt, fast alle Lebewesen, in der Lage einen ~24 h Rhythmus zu halten und danach ihre Aktivität und Ruhezeiten anzupassen. Tatsächlich funktioniert diese innere Uhr auf molekularem Level und wird durch Umweltfaktoren, sogenannte Zeitgeber, vor allem Licht und Temperatur, synchronisiert. Warum, könnte man sich jetzt fragen, muss die innere Uhr synchonisierbar sein? Zum einen ist ein Tag, also die Umdrehung der Erde um die Sonne, nicht genau 24 h lang, sondern nur etwa 23 Stunden und 56 Minuten. Des Weiteren sind Dauer von Tag und Nacht, wie Temperaturen von saisonalen Veränderungen abhängig und einige Organismen wechseln auch gerne mal die Zeitzone, in der sie leben. Damit sie unter anderem also nicht für immer einen Jetlag haben, ist es essentiell, sich an die gegebenen Umweltbedingungen anzupassen. Dies ist für Licht als Zeitgeber schon gut erforscht, wie aber Fruchtfliegen bei konstanten Licht- oder Dunkelheitsbedingungen anhand von Temperaturzyklen ihre innere Uhr synchronisieren können, ist kaum erforscht. Da Professor Stanewsky in diesem Forschungsbereich führend ist, spiegelt eine Masterarbeit genau dieses Thema wider - wie die Neurone der inneren Uhr durch potenzielle Temperatursensoren beeinflusst werden können.
Nach einem langwierigen Visa-Prozess, Crowdfunding, Wohnungssuche und Stipendienbewerbungen (Santander Mobilitätsfond und PROMOS) konnte ich meinen Forschungsaufenthalt vom 01.03 bis 31.05.2023 erfolgreich absolvieren.
Bei der betreffenden Methode, ATP/P2X2 - GCaMP, werden genetisch veränderte Fruchtfliegen (Drosophila melanogaster) verwendet, bei denen der P2X2-Purinrezeptor in diesem Fall in den Chordotonalen Organ (ChO) Neuronen exprimiert wird, die potenzielle Temperatursensoren im peripheren Nervensystem darstellen. P2X2 ist ein Kationenkanalprotein, das in Säugetieren, jedoch nicht im Genom der Fruchtfliege vorkommt. P2X2 wird durch Adenosintriphosphat (ATP) aktiviert und ermöglicht das Eindringen positiv geladener Ionen in die ChO Neuronen, was zu deren Aktivierung führt.
Gleichzeitig wird in diesen Fliegen der Calciumsensor GCaMP exprimiert, insbesondere in einer Untergruppe der insgesamt 150 zentralen zirkadianen Uhr Neuronen, den heteromorphen DN1ps (posteriore Dorsale Neurone 1).
Die Grundidee besteht darin, dass eine funktionelle Konnektivität zwischen den ChO Neuronen und den DN1ps besteht, sei es direkt oder indirekt. Daher sollte eine künstliche ATP-vermittelte Aktivierung der ChO Neuronen zu einer Veränderung der Calciumkonzentration in den DN1ps führen.
Praktisch wird für jedes Experiment das Gehirn der Fliege (in dem sich die DN1ps befinden) zusammen mit dem ventralen Nervenstrang (wo die Axone der ChO Neuronen projizieren) in einem haemolymph-ähnlichen Puffer (HL3) präpariert. Der Puffer hält das Gehirn am Leben, versorgt es mit Mineralien und Zucker. Das Gehirn mit dem verbundenen Nervenstrang wird dann in eine Petrischale mit HL3 überführt, wobei poly-L-Lysin am Boden für Haftung sorgt, um das Präparat möglichst stabil zu halten. Während sich das Präparat unter einem Laser-Konfokalmikroskop befindet, das den Calciumsensor GCaMP visualisieren kann, wird frisches HL3 in die Petrischale zugeführt und gleichzeitig abgepumpt. Nach 30 Sekunden wird zur Bewegungskontrolle für weitere 30 Sekunden HL3 aus einem anderen Kanal zugeführt, bevor wieder zum ursprünglichen HL3-Kanal gewechselt wird. Im eigentlichen Experiment wird nach 30 Sekunden HL3 ATP-haltiges HL3 für weitere 30 Sekunden in die Petrischale geleitet, um P2X2 in den ChO Neuronen zu aktivieren.
Nach viel Übung und zahlreichen Fehlversuchen konnte ich an meinen letzten Tagen in New York tatsächlich die Aktivierung einzelner DN1ps beobachten, die durch die starke Erhöhung der Calciumkonzentration visualisiert wurde, die durch die Zugabe von ATP-haltigem HL3 verursacht wurde.
Diese Ergebnisse fließen in meine Masterarbeit ein und stellen den Höhepunkt meiner Arbeit dar! Da P2X2 und GCaMP einfach mit anderen Treibern für verschiedene Neuronentypen kombiniert werden können, kann diese Methode zur Untersuchung verschiedener funktioneller Verbindungen zwischen verschiedenen Neuronentypen genutzt werden. Es wird lediglich ein Laser-Konfokalmikroskop benötigt, wie wir es auch in Münster haben, sowie ein Perfusionssystem, welches kommerziell gekauft werden kann, um verschiedene Flüssigkeiten in die Petrischale leiten zu können.
Vielen Dank an Safir für die Beratung und Unterstützung entlang des Bewerbungsprozesses für den Santander Mobilitätsfond!