Teilnahme an der Tagung “Ukrainian Musical Avant-Gardes", Paris, Frankreich
Antragstellender: Eleonora Maksiutenko
Fachbereich, Studienrichtung: FB 08, Musikwissenschaft
Die Tagung “Ukrainian Musical Avant-Gardes”, die der Avantgarde in der ukrainischen Musik gewidmet war, fand an der Universität Sorbonne statt und wurde vom Ukrainischen Institut (Kyiv), dem Ukrainian Contemporary Music Festival (New York) und dem Institut de recherche en Musicologie (IReMus) der Sorbonne unterstützt. Das Hauptprogramm der Konferenz dauerte zwei Tage – 24. und 25. April – mit einer allgemeinen Diskussion am Morgen des 26. April.
Das Organisationsteam brachte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus verschiedenen Teilen der Welt zusammen, wie Peter Schmelz (Arizona Institute), Myroslav Skandrij (University of Manitoba), Leah Batstone (Universität Wien, Ukrainian Contemporary Music Festival), Louisa Martin-Chevalier (IReMus, Sorbonne University), Alla Zahaykevych (Komponistin, Kyiv/Paris) und andere, was die Diskussion nach den Präsentationen natürlich intensivierte, denn alle Mitglieder der Kreativkommission haben sich bereits auf dem Gebiet der Avantgarde-Kunst und ihrer Verbindung zur ukrainischen Kultur etabliert.
Die beiden Vortragstage boten eine Fülle neuer Erkenntnisse zur ukrainischen Kunstmusik vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Seit den 1910er und 1920er Jahren experimentierten Komponist*innen, die in der heutigen Ukraine lebten und arbeiteten, frei mit allen neuen musikalischen Strömungen in Europa, einschließlich Expressionismus, Impressionismus, Dodekaphonie, Neoklassizismus und Neofolklorismus. Über die Grenzen der Musik hinaus gaben sie damit der bildenden Kunst, der Literatur und dem Theater entscheidende Impulse zur Entstehung einer eigenständigen ukrainischen Moderne.
Mein Vortrag "Between Two Waves: Western Influences in Ukrainian Avant-Garde Music during the 1930s and 1940s" war dem ukrainischen Musikleben gewidmet, mit besonderem Schwerpunkt auf der Avantgarde. Die Diskussion im Anschluss an den Vortrag war interessant, denn das Hauptproblem für viele Wissenschaftler*innen auf der Konferenz war der Unterschied in der Formulierung dessen, was Avantgarde und was Modernismus ist und wie sich dies auf musikalische Beispiele bezieht. Unabhängig davon stießen meine neuen Quellenfunde zur Nähe einiger ukrainischen Komponisten und Komponistinnen zur Zweiten Wiener Schule von Arnold Schönberg auf großes internationales Interesse.
Alle Teilnehmer waren sich einig, dass solche Konferenzen für viele ukrainische Musikwissenschaftler*innen heute äußerst notwendig sind, da die Aufmerksamkeit für ukrainische Forschungsthemen in den letzten Jahren in der westlichen akademischen Welt noch nie so populär war. In vielerlei Hinsicht werden die Werke ukrainischer Komponist*innen wiederentdeckt und solche Veranstaltungen steigern zusätzlich das Interesse und den Dialog zwischen Wissenschaftler*innen aus aller Welt. Die ukrainische Kultur hat die Chance erhalten, in ihrer Eigenständigkeit anerkannt zu werden, während sie gleichzeitig vollständig in gesamteuropäische Prozesse integriert ist, wie die
musikwissenschaftliche Forschung wiederholt bewiesen hat. Eine weiterer Konsens auf der Abschlusssitzung war die Bedeutung der Verbreitung des Interesses an der ukrainischen Kultur und die mögliche Fortsetzung solcher Symposien in der Zukunft. Denn jetzt, wo das Thema alles Ukrainischen aufgrund der tragischen Umstände des Krieges populärer geworden ist, ist es für alle Wissenschaftler*innen wichtig, das Interesse der Gemeinschaft nicht nur im Zusammenhang mit dem Kampf des ukrainischen Volkes aufrechtzuerhalten, sondern auch das kulturelle Niveau auf eine andere Wahrnehmungsebene zu heben, vor allem, wenn die ukrainische Kultur eine so große Bandbreite an Beispielen aufweisen kann.
Die Konferenz wurde zu einem Bindeglied für meine weiteren Forschungen im Bereich der Musik der 1940er Jahre, und einige Fakten über die Biografien ukrainischer Künstler*innen, die ich bislang nicht hatte überprüfen und diskutieren können, wurden dank der Informationen anderer Wisenschaftler*innen verifiziert. Zudem erhielt ich wertvolle Hinweise auf Notenmaterialien, die entwe-der unzugänglich oder aufgrund des Krieges an andere Standorte ausgelagert sind.
Ich bin sehr glücklich und aufrichtig dankbar, dass ich dank der Unterstützung des Santader Mobilitätsfonds nicht nur die Möglichkeit hatte, mein Wissen weiterzugeben, sondern auch meine akademischen Kontakte zu erweitern und neue Informationen zu erhalten. Ein besonderes Beispiel dafür ist die Partitur der Symphonie der ersten ukrainischen Avantgarde-Komponistin StefanijaTurkewytsch (1898-1977), die sich in einem Familienarchiv befand und nun Leah Batstone zur Verfügung steht, was mir zweifellos helfen wird, neue Materialien hinzuzufügen, die für meine Dissertation notwendig sind, da sie mir eine gründlichere Analyse des gewählten Themas ermöglichen.