FB 09: Teilnahme am Interaktionskolloquium, Heidelberg, Deutschland
Antragstellende: Jie Zhao
Fachbereich, Studienrichtung: FB 09, Deutsche Philologie
Dank der Unterstützung des Santander Mobilitätsfonds hatte ich die Möglichkeit, am Interaktionskolloquium in Heidelberg teilzunehmen, das vom 13. bis 14. Februar 2025 stattfand. Dieses jährlich organisierte Kolloquium bringt Linguist*innen sowie deren Mitarbeitende aus verschiedenen Universitäten (u. a. Freiburg, Hamburg, Heidelberg, Jena, Münster, Osnabrück und Potsdam) zusammen, die im Bereich der Interaktionalen Linguistik forschen. Neben inspirierenden Vorträgen renommierter Linguist*innen bietet die Veranstaltung insbesondere Nachwuchswissenschaftler*innen (Doktorand*innen und Postdocs) eine wertvolle Gelegenheit zum wissenschaftlichen Austausch und zur Vernetzung.
Während meiner Promotionszeit habe ich bereits dreimal am Interaktionskolloquium teilgenommen, doch in diesem Jahr konnte ich erstmals einen Vortrag halten. Gemeinsam mit meiner Betreuerin, Prof. Dr. Susanne Günthner, präsentierte ich unsere Untersuchung zum Thema „Facetten ‚uneigentlicher‘ Gebrauchsweisen der Pluralpronomen wir und 我们 wǒmen in universitären Sprechstundeninteraktionen“. Darüber hinaus thematisierten wir auch die „uneigentlichen“ Verwendungsweisen des sogenannten inklusiven Pronomens 咱们 zánmen. Die Relevanz dieser Untersuchung ergibt sich aus der Besonderheit des Chinesischen im Vergleich zu indoeuropäischen Sprachen: Während in letzteren keine morphologischen oder lexikalischen Unterschiede zwischen inklusiven und exklusiven Formen des Pluralpronomens wir existieren, unterscheidet das Chinesische zwischen dem inklusiven 咱们 zánmen und dem exklusiven 我们 wǒmen. Unsere Analysen zeigen, dass der Gebrauch dieser Pronomen metapragmatische Funktionen erfüllt: Sprecher*innen konstituieren nicht nur deiktische Referenzen und Partizipationsformationen, sondern indizieren auch soziales Miteinander, Teambildung im Rahmen gemeinsamer Aufgaben, Empathie und Höflichkeit.
In der anschließenden Diskussion wurde insbesondere das methodische Problem der Interpretation „uneigentlicher“ Pronomenverwendungen ausführlich erörtert. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie sich nicht-kanonische Gebrauchsweisen jenseits der sprachlichen Oberflächenstruktur angemessen analysieren lassen. Ich erhielt zahlreiche Anregungen und Literaturempfehlungen, die nicht nur in meine Dissertation einfließen, sondern auch als Vorbereitung für eine mögliche Publikation sowie für unseren geplanten gemeinsamen Vortrag auf der Tagung „Personenreferenz und Klusivität“ mit dem Schwerpunkt „Sprachvergleich“ dienen, die im November 2025 in Münster stattfinden wird.
