Forschungsaufenthalt an der Bristol Veterinary School der University of Bristol, England

Antragstellende: Celine Sophie Kretschmann
Fachbereich, Studienrichtung: FB 13, Master Biowissenschaften

Im Rahmen meines Masterstudiums in Biowissenschaften erhielt ich die Möglichkeit, einen dreimonatigen Forschungsaufenthalt im Frühjahr 2024 an der Bristol Veterinary School der University of Bristol in England in der Gruppe von Prof. Dr. Michael Mendl zu verbringen. Der langjährige Forschungsschwerpunkt der Arbeitsgruppe umfasst Themen wie affective states, also Emotionen in Tieren, und wie diese durch Haltungsbedingungen beeinflusst werden, sowie den Einfluss von Kognition auf Emotionen und Entscheidungsfindungen. Dies ermöglichte es mir, nicht nur meinen Wissenshorizont in neuartigen Themenkomplexen enorm zu erweitern, sondern auch mit vielen renommierten Wissenschaftler*innen in Kontakt zu kommen, was mir schon jetzt einige Türen für meinen zukünftigen Werdegang öffnete.

Da ich mich während meines Masters im Bereich der Verhaltensbiologie spezialisieren möchte, stellte die Arbeitsgruppe von Prof. Mendl das perfekte Ziel für meinen Aufenthalt dar. Mit Forschungsprojekten an sowohl Labor- als auch Farmtieren bot mir die Arbeitsgruppe die Möglichkeit, sowohl erste Erfahrungen in der verhaltensbiologischen Arbeit mit Kälbern zu sammeln als auch meine bisherige Erfahrung mit Labortieren auf Ratten zu erweitern und neue Themenkomplexe kennenzulernen.

In meinem ersten Projekt, welches sich über die ersten zwei Monate meines Aufenthalts erstreckte, half ich an einem Promotionsprojekt bezüglich des Zusammenhangs von Hunger und Kognition in Kälbern mit. Dies fand auf der universitätseigenen Milchkuhfarm statt, welche nicht nur zur Milchproduktion, sondern auch zur Lehre von Studierenden der Tiermedizin genutzt wird und nun auch seit wenigen Jahren Standort für Forschungsprojekte ist. Da mein Aufenthalt zufälligerweise gleichzeitig mit dem Projekt begann, hatte ich die Möglichkeit, mich von Anfang an aktiv an der Umsetzung des Projekts zu beteiligen, wodurch ich essenzielle Versuchsdesign- und -aufbaufertigkeiten lernte, sowie das Projekt mit eigenen Ideen unterstützen konnte. Während meiner Arbeit wurden wir zudem immer wieder mit Problemen konfrontiert, was mir verdeutlichte, wie wichtig Flexibilität bei der Arbeit mit Tieren ist, und mir half, meine Kreativität und Problemlösefähigkeit zu stärken. Auch wenn mir die Arbeit mit jungen Kälbern eine unglaubliche Menge an Spaß und Freude bereitete, so erweiterte sie jedoch auch mein Wissen über konventionelle Milchbetriebe sowie weltweit vorherrschende Haltungsbedingungen, die Hintergrund für unseren Versuch waren. Durch die Durchführung eines sogenannten hole board test zur Beurteilung und Erforschung des Kurz- und Langzeitgedächtnisses, nahm ich vor allem eine Sache aus diesem Projekt mit: Kälber sind unglaublich schlau!

In meinem zweiten Projekt sollte ich ursprünglich einen neuen Test zur Bestimmung von Lateralisation in Ratten durchführen. Dies musste allerdings kurz vor Beginn meines Projekts abgesagt werden, da die Ratten Verhaltensauffälligkeiten zeigten und ich aus diesem Grund nicht mit ihnen allein arbeiten sollte. Dass mir dieser Umstand am Ende die Tür zu einem mir bis dato unbekannten, aber aufstrebenden Themengebiet ermöglichte, ahnte ich noch nicht. Mein Alternativprojekt bestand zum einen aus der Mithilfe an Pilotversuchen zu einem vollkommen automatisierten pavlovian interference und goal-directed vs. habitual behaviour Test, welche beide darauf abzielten, Emotionen in Ratten mit Entscheidungsfindung und -flexibilität zu verknüpfen. Auch hier konnte ich mein Hintergrundwissen deutlich erweitern, bei der Versuchsplanung mitwirken, sowie den Umgang mit Ratten erlernen. Unterstützend zu diesem Projekt sollten Videoaufnahmen aus dem Heimatkäfig der Ratten aufgenommen werden, ebenfalls vollkommen automatisiert mit der Hilfe von Raspberry Pis (Einplatinen-Computern). Da mir lediglich dies als Ziel genannt wurde und ich zuvor noch nie etwas von Raspberry Pis gehört hatte, fühlte ich mich zunächst etwas überfordert, da ich das Kamera-Setup allein leiten sollte. Doch dank der hilfreichen Unterstützung eines Doktoranten schaffte ich es schnell, mich in diesen Themenkomplex einzuarbeiten und stellte fast das gesamte Kamera-Setup in wenigen Wochen fertig. Zudem lernte ich noch die Arbeit mit der Software sleap.ai kennen, mit welcher ich die Ratten auf den Videos trackte, um später Informationen über ihr Verhalten miteinander zu bekommen. Insgesamt musste ich lernen, dass Computer Programming mit vielen Niederlagen verbunden ist. Die Arbeit an diesem Projekt half mir jedoch sehr in meiner wissenschaftlichen und persönlichen Entwicklung und förderte mein eigenständiges Arbeiten.

Vor meinem Aufenthalt freute ich mich bereits sehr über die Möglichkeit, Prof. Mendl als einen der führenden Wissenschaftler in seinem Bereich kennenzulernen. Über zufällige Wege begegnete ich dann allerdings noch einigen weiteren mir sehr bekannten Wissenschaftler*innen, von denen ich gar nicht wusste, dass diese in Bristol ihren Standort hatten. Ich hatte außerdem das Glück beim 75-Jährigen der Bristol Veterinary School anwesend zu sein, zu welchem viele bereits pensionierte Wissenschaftler*innen kamen, die die heutige Forschung enorm geprägt haben. Es war mir eine große Freude, die Chance zu bekommen, diesen Forschenden zuzuhören, sowie die Chance zu bekommen, mich vorzustellen und ins Gespräch zu kommen. Besonders freut mich, dass sich aus den vielen Gesprächen eine eventuelle Kooperation mit Münster ergeben hat, welche mir die Möglichkeit für ein weiteres interessantes Projekt im Laufe meines restlichen Masters geben könnte. Ich hoffte zwar bereits vor meinem Aufenthalt, dass sich mir ein Netzwerk an wichtigen Kontakten eröffnen würde, aber dass dieses Netzwerk dann so enorm ausfiel, damit rechnete ich keinesfalls und ich bin immer noch überwältigt und unendlich dankbar für diese Erfahrung.

Der Einblick und Kontakt mit jungen Wissenschaftler*innen in Bristol lieferte mir außerdem wertvolle Erkenntnisse für meinen zukünftigen Werdegang und half mir, meine Vorstellungen für meine Karriere nach dem Master zu schärfen. Zuletzt bin ich sehr dankbar für Alle der Bristol Veterinary School, die mir mit ihrer Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit diesen Aufenthalt zu etwas ganz Besonderem machten. Ich hoffe sehr, dass die entstandenen Freundschaften noch lange halten werden.

Vielen Dank an Safir für diese Förderung!

Celine Kretschmann in Bristol, Copyright Xiyi Hu
© Xiyi Hu
Celine Kretschmann in Bristol, Copyright Jillian Hendricks
Celine Kretschmann in Bristol, Copyright Jillian Hendricks
© Jillian Hendricks