Religion und Entscheiden
Neue Ringvorlesung des Exzellenzclusters und des SFB „Kulturen des Entscheidens“
Mit dem Thema „Religion und Entscheiden“ befasst sich die neue öffentliche Ringvorlesung des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ und des Sonderforschungsbereichs (SFB) 1150 „Kulturen des Entscheidens“ der Uni Münster im Wintersemester 2016/2017. „Religion und Entscheiden stehen in einem Spannungsverhältnis zueinander, sie scheinen sich in gewisser Weise auszuschließen. Denn Entscheiden beinhaltet, dass Alternativen hervorgebracht, expliziert und zum Gegenstand sozialen Handelns gemacht werden können“, sagt der Historiker Prof. Dr. Ulrich Pfister, der SFB-Sprecher und Mitglied des Exzellenzclusters ist. “Das geschieht immer unter der Perspektive, dass in einem kontingenten Akt der Entscheidung, der decisio, eine Option ausgewählt und festgesetzt wird.“ Demgegenüber würden in der Regel zumindest der Kern religiöser Wahrheit und grundlegende Glaubensvorstellungen als gegeben und daher unverfügbar angesehen, als etwas, das menschlichem Handeln vorgelagert und so dem Entscheiden entzogen sei oder sein solle.
Die interdisziplinäre Ringvorlesung „Religion und Entscheiden“ geht daher der Frage nach, unter welchen sozialen und kulturellen Bedingungen Entscheiden über Religiöses im Allgemeinen und über Glaubensfragen im Besonderen überhaupt erst möglich und wahrscheinlich wird. Die 14 Vorträge untersuchen auch, welche Auffassungen darüber bestehen, über welche Bereiche und Aspekte des Religiösen entschieden werden kann und darf und was dem Entscheiden entzogen sein sollte.
Wer entscheidet über Religiöses?
Daran lassen sich weitere Fragen anschließen, wie Prof. Pfister ausführt: „Wie, von wem und unter Rückgriff auf welche Ressourcen wird über Religiöses entschieden, inwiefern ist religiöses Entscheiden institutionell gerahmt, inwieweit wird das Entscheiden über religiöse Fragen als etwas angesehen, das jedem Einzelnen überlassen bleiben sollte?“ Erörtert wird in der Vortragsreihe auch, in welcher Weise und in welchen diskursiven – etwa philosophischen, theologischen oder literarischen – Kontexten Fragen reflektiert werden, die das Entscheiden über religiöse Gegenstände betreffen. „Fragt man schließlich danach, unter welchen historischen Bedingungen sich die Möglichkeiten, Voraussetzungen, Formen, Ausprägungen und Narrative des Entscheidens über Religiöses wandelten und wie und warum dies geschah, dann kann damit ein wichtiger Beitrag zum Verständnis religiösen Wandels im Allgemeinen geleistet werden“, sagt der Historiker.
Zu Wort kommen in der Ringvorlesung Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Disziplinen: der Geschichts- und der Islamwissenschaft, der Religionssoziologie, Ethnologie, Theologie, Byzantinistik, Germanistik und der Judaistik. Die Vorträge sind dienstags von 18.15 Uhr bis 19.45 Uhr im Hörsaal F 2, Fürstenberghaus am Domplatz 20-22, zu hören. Die Reihe beginnt am 18. Oktober mit einem Einführungsvortrag des Religionssoziologen Prof. Dr. Detlef Pollack und der Historikerin Prof. Dr. Barbara Stollberg-Rilinger. (exc/ska/vvm)