„Eine unterschätzte Macht“

Neue Publikation von Hubert Wolf und Holger Arning zeichnet 100 Katholikentage nach

Buchcover
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Zum 100. Katholikentag im Mai in Leipzig haben der Kirchenhistoriker Prof. Dr. Hubert Wolf vom Exzellenzcluster und Historiker Dr. Holger Arning vom Seminar für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte der WWU einen Jubiläumsband vorgelegt. Sie nehmen in der geschichtlichen Darstellung zu jedem Katholikentag ein zentrales Thema in den Fokus. Zugleich machen sie auf die „unterschätzte Macht“ der katholischen Laien aufmerksam, die sich auf Katholikentagen treffen. „Die deutsche Gesellschaft und die Weltkirche würden heute ohne sie ganz anders aussehen“, so die Autoren. „Die Beschlüsse der Katholikentage im Deutschen Kaiserreich und in der Weimarer Republik entsprachen beispielsweise der Politik der Zentrumspartei entsprochen, die großen Einfluss auf die Sozial- und Ehegesetzgebung nahm.“ Zum ersten Katholikentag waren Vertreter des „Katholischen Vereins“ im Revolutionsjahr 1848 in Mainz zusammengekommen.

„Aus 100 wissenschaftlich fundierten, aber unterhaltsam geschriebenen Geschichten soll so ein buntes Mosaik zum deutschen Katholizismus der vergangenen 170 Jahre entstehen“, erläutert Holger Arning. Themen des Buches, das in der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft Darmstadt erschienen ist, seien etwa das Verhältnis von Kirche und Staat, die Caritas und die „Soziale Frage“, Erziehung und Bildung, die Mission sowie der Umgang mit Andersgläubigen und politischen Gegnern. Zudem hätten die Katholikentage immer auch das Zeitgeschehen widergespiegelt. „Herz-Jesu-Frömmigkeit und Reliquienverehrung werden ebenso angesprochen wie Pistolenduelle, der Untergang der Titanic, der Contergan-Skandal, der Prager Frühling oder der Krieg in Biafra.“

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Kirchenhistoriker Prof. Dr. Hubert Wolf und Historiker Dr. Holger Arning
© Privat

Widerspruch zur Position des Vatikans

Die Katholikentage waren den Autoren zufolge auch entscheidend dafür, dass in Deutschland ein dichtes Netz von katholischen Verbänden entstand, das bis heute fortbesteht. Dieses ist den Worten von Prof. Wolf weltweit einmalig. In politischen und sozialen Fragen hätten die deutschen Katholiken großen Wert auf ihre Unabhängigkeit von Rom gelegt und schnell an Selbstbewusstsein gewonnen. Seit einem turbulenten Katholikentag 1968 in Essen habe es auf den Laientreffen verstärkt Widerspruch zur Position des Vatikans und der Bischöfe gegeben, etwa zur Rolle der Laien und der Frauen in der katholischen Kirche, zur Sexualmoral und dem Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen, Schwulen und Lesben.

„Der Band richtet sich nicht nur an Katholikentagsbesucher und engagierte Katholiken. Vielleicht ist er sogar für die Kirchenkritiker interessant, die sich in Leipzig und Münster, dem Veranstaltungsort 2018, gegen öffentliche Mittel für die Katholikentage engagieren und deswegen mehr darüber erfahren möchten“, so die Autoren. (exc/mit/vvm)

Hinweis: Arning, Holger/ Wolf, Hubert: Hundert Katholikentage. Von Mainz 1848 bis Leipzig 2016, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2016, 256 Seiten, ISBN: 9783534267729, 24,95 Euro.