Neuer Schwerpunkt Jüdische Studien
Humboldt-Professorin Kogman-Appel nimmt Forschungen am Exzellenzcluster auf
Die neue Humboldt-Professorin für Jüdische Studien der WWU, Prof. Dr. Katrin Kogman-Appel, hat ihre Forschungen am Exzellenzcluster „Religion und Politik“ aufgenommen. Die international renommierte Judaistin, die jüngst von der israelischen „Ben-Gurion-Universität des Negev“ nach Münster wechselte und am Exzellenzcluster als Principal Investigator forscht, befasst sich in ihrem Projekt mit der jüdischen Handschriften- und Buchkultur des Mittelalters. Ihr Projektteam wird in den kommenden Jahren untersuchen, wie sich jüdische Manuskripte im Zuge des Buchdrucks veränderten. Es vergleicht diese Entwicklung mit Prozessen in nicht-jüdischen Buchproduktionen. Das Projekt B2-24 trägt den Titel From Manuscript to Printing Press: The Illustrated Book in Jewish Culture (Fourteenth–Sixteenth Centuries) (Von der Handschrift zum Buchdruck: Das illustrierte Buch in der jüdischen Kultur (14.-16. Jahrhundert).
Neben ihren Forschungsarbeiten wird die gebürtige Österreicherin gemeinsam mit der Judaistin Prof. Dr. Regina Grundmann, ebenfalls Principal Investigator am Exzellenzcluster, den Studiengang „Jüdische Studien“ mit dem Schwerpunkt der jüdischen Kultur- und Kunstgeschichte aufbauen. Der Studiengang soll in zwei bis drei Jahren im neu gegründeten Institut für Jüdische Studien im Fachbereich Philologie der WWU starten.
Bereicherung der Religionsforschung in Münster
Die Humboldt-Professur von Katrin Kogman-Appel trägt den Schwerpunkt jüdische Kunst- und Kulturgeschichte und Buchkultur des Mittelalters sowie sephardisches Judentum, und die Professur von Regina Grundmann den Schwerpunkt rabbinisches Judentum und jüdische Geistesgeschichte. Mit dem Ausbau der Jüdischen Studien wird die vielfältige interdisziplinäre Religionsforschung der Universität, etwa am Exzellenzcluster „Religion und Politik“, in den christlichen Theologien, in den Religionswissenschaften und im Zentrum für Islamische Theologie (ZIT), wesentlich bereichert.
Das Forschungsprojekt am Exzellenzcluster untersucht die jüdischen Handschriften und Bücher vor dem Hintergrund der sozialen und ökonomischen Entwicklung verschiedener jüdischer Gemeinden des Mittelalters. „Neben der mündlichen Kommunikation war die Handschrift das wichtigste Kommunikationsmittel“, erläutert die Wissenschaftlerin. Heute könnten die Handschriften viel über die Entstehungsbedingungen eines Werkes und die Auslegung des Schreibers berichten. „Handgeschriebene Bücher hatten eine weitere wichtige Aufgabe: Sie verliehen ihren Besitzern Status, denn sie waren aufwändiger herzustellen und damit teurer als gedruckte Exemplare.“ Lange Zeit hätten handschriftliche und gedruckte Bücher nebeneinander bestanden. „Der Übergang zum Buchdruck ist daher als langsamer Wandel zu verstehen, nicht nur als Revolution.“
In der jüdischen Kunstgeschichte weltweit führend
Prof. Kogman-Appel gilt in der jüdischen Kunstgeschichte des Mittelalters als weltweit führend. Sie versteht Kunstgeschichte als Kulturgeschichte, verbindet sie mit sozialhistorischen und religionsgeschichtlichen Fragen und wirkt so über die Judaistik hinaus in die Mittelalterforschung allgemein. Weitere Projekte der Wissenschaftlerin an der Universität Münster befassen sich mit der Arbeit des Sefardischen Schreibers Cresques ben Abraham, der im 14. Jahrhundert als Kartograph für den Hof der Könige von Aragon tätig war, sowie einer Untersuchung rabbinischer Quellen über die Rolle der Visualität in der jüdischen Kultur des Mittelalters. Vor ihrem Wechsel nach Münster hatte die Forscherin den „Evelyn Metz Memorial Research Chair“ an der israelischen „Ben-Gurion-Universität des Negev“ inne. Sie sitzt im redaktionellen Beirat verschiedener Fachzeitschriften und gehört der „European Association of Jewish Studies“ und der „Medieval Academy of America“ an.
Die Humboldt-Professur ist der höchstdotierte deutsche Forschungspreis. Damit zeichnen die Alexander von Humboldt-Stiftung und das Bundesministerium für Bildung und Forschung weltweit führende und im Ausland tätige Forscher aller Disziplinen aus. Das Preisgeld von jeweils bis zu fünf Millionen Euro ist für die Finanzierung der ersten fünf Jahre in Deutschland bestimmt. Mit dem Preis bekommen die Hochschulen die Chance, internationalen Spitzenkräften konkurrenzfähige Rahmenbedingungen und eine langfristige Perspektive für die Arbeit in Deutschland zu bieten. Die Verleihung der Preise an die Ausgewählten findet im Mai in Berlin statt. Nach dem Mathematiker Prof. Dr. Michael Weiss ist es der WWU damit zum zweiten Mal gelungen, eine Humboldt-Professur einzuwerben. (vvm/ska)