„Säkulare Tabus“
Neuerscheinung über die Sakralisierung der Menschenwürde in politischen Debatten
Mit der Begründung von unverfügbaren Normen befasst sich das neue Buch „Säkulare Tabus“, zu dessen Autoren die Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Thomas Gutmann und PD Dr. Bijan Fateh-Moghadam vom Exzellenzcluster „Religion und Politik“ gehören. „Die Würde des Menschen ist unantastbar‘, proklamiert der erste Artikel des Grundgesetzes und setzt damit gleich zu Beginn der Verfassung ein Tabu“, schreiben die Autoren, zu denen auch die Germanisten Prof. Dr. Thomas Weitin und Dr. Michael Neumann vom Exzellenzcluster „Kulturelle Grundlagen von Integration“ der Universität Konstanz gehören. „Doch als rhetorische Figur religiöser Natur taugt das Tabu in der säkularen Moderne kaum mehr zur Begründung allgemeiner Normen.“
Gleichwohl sei zu beobachten, dass sich in Zeiten gesellschaftlicher Verunsicherungen und moralischer Herausforderungen durch Terrorismus und Krisen religiöse Argumentationsmuster als Grundlage gemeinsamer Werte zunehmender Beliebtheit erfreuten und zu einer „eigentümlichen Selbstverzauberung der politischen Debatte“ führten. „Doch diese Verklärung hat fatale Konsequenzen: Die vermeintlich geheiligte Menschenwürde entpuppt sich als Leerformel und Exklusionsmittel, die dem Zugriff politischer Interessen ausgeliefert ist, solange sie der Begründung entzogen bleibt.“
Der Essay richtet sich sowohl gegen eine spezifische rechtstheoretische Konzeptualisierung der Menschenwürde als einem (säkularen) Tabu, als auch gegen die diffamierende Bezeichnung der Menschenwürde als Tabu, wie die Autoren erläutern. Der Text betont die Notwendigkeit und die Möglichkeit einer rationalen Begründung der Menschenwürde als einer unverfügbaren, abwägungsfesten Rechtsposition auch und gerade in der säkularen Moderne. Der Band ist in der Reihe „Fröhliche Wissenschaft“ im Verlag Matthes & Seitz Berlin erschienen. (Verlag Matthes & Seitz Berlin/ska/vvm)