Wie vermittelt man Geschichte richtig?
Dialoge zum Frieden 2015: Exzellenzcluster am Kongress "History sells?" beteiligt
Pressemitteilung der Stadt Münster vom 30. September 2015
Zwei Premieren gibt es 2015 bei den „Dialogen zum Frieden“ in Münster: Mit „History sells? Geschichte und Marke(ting)“ steht vom 22. bis 23. Oktober erstmals ein bundesweiter Kongress auf dem Programm der städtischen Veranstaltungsreihe, an dem sich der Exzellenzcluster „Religion und Politik“ der Universität Münster mit zwei Beiträgen beteiligt. Das Treffen der Religionsgemeinschaften und Konfessionen am 19. November findet erstmals gemeinsam mit Osnabrück statt.
Den Anstoß zu den beiden Neuerungen gab das Europäische Kulturerbe-Siegel, mit dem die Europäische Union (EU) im April die Rathäuser von Münster und Osnabrück als „Stätten des Westfälischen Friedens“ auszeichnete. Dies ist mit dem Auftrag verbunden, die Werte von Toleranz und Dialog in beiden Städten mit Leben zu füllen und die Geschichte des Westfälischen Friedens möglichst vielen Menschen zu vermitteln.
Doch wie erzählt man seine Stadtgeschichte „richtig“? Wie gelingt es, die breite Öffentlichkeit zu erreichen und zu begeistern, ohne dabei eine wissenschaftlich seriöse Geschichtsvermittlung aus den Augen zu verlieren? Um den hohen Anspruch zu erfüllen, ringen Marketingexperten, Historiker und Denkmalschützer immer wieder aufs Neue um angemessene Formate und Kommunikationsstrategien. Münster Marketing bringt daher unterschiedliche Positionen auf einem bundesweiten Kongress erstmals miteinander ins Gespräch, um gute Beispiele aus Städten zu diskutieren und die Beziehung von Wissenschaft und Marketing im Spannungsfeld zwischen Authentizität und Geschichtsboom auszuloten.
Kongress „History sells? Geschichte und Marke(ting)“
Der zweitägige Kongress, den Münster Marketing und die Allianz für Wissenschaft gemeinsam mit der Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing Deutschland e.V. (bcsd) veranstalten, findet am 22. und 23. Oktober im Rathaus statt. 14 Historiker, Kommunikations- und Kulturwissenschaftler sowie Marketingfachleute aus ganz Deutschland beleuchten das Thema: Vom Umgang mit Geschichte und Identität in Städten wie Nürnberg, Leipzig und Wittenberg über Beiträge zum Geschichtsboom und der Marke „Mittelalter“ bis zur Frage, wie populärwissenschaftlich Geschichtsvermittlung sein darf. Moderator ist Sven Felix Kellerhoff, leitender Redakteur für Zeit- und Kulturgeschichte bei der Zeitung „Die Welt“.
Mittelalter-Historiker Prof. Dr. Gerd Althoff vom Exzellenzcluster „Religion und Politik“ sagte im Vorfeld der Tagung, die zentrale Frage der Veranstaltung, wie weit man mit der Nutzung geschichtlichen Geschehens zur Profilierung einer Stadt gehen dürfe, stelle sich nicht nur den Verantwortlichen für das Stadtmarketing. Sie sei auch eine wichtige Frage der Geschichtswissenschaft.. „Schon immer dienten Personen und Ereignisse der Vergangenheit als Ansporn für die jeweilige Gegenwart; darüber hinaus wurden mit ihnen aber auch immer wieder Ansprüche dieser Gegenwart zu rechtfertigen versucht.“ Zwischen den Polen „Ansporn und Anspruch“ verlaufe eine Grenze, über die sich Geschichtsmarketing und Geschichtswissenschaft verständigen sollten.
Der 2007 gegründete Exzellenzcluster „Religion und Politik“ richtet seine Veranstaltungen regelmäßig bewusst an die Münsteraner Öffentlichkeit und arbeitet seit 2008 mit der Stadt Münster zusammen, wie Prof. Althoff hervorhob. Auf dem Kongress hält der er den Abschlussvortrag unter dem Titel „Geschichte im Superlativ. Zur langen Ahnenreihe des Stadtmarketings“. Wie der Exzellenzcluster Forschungsthemen in die Stadtöffentlichkeit vermittelt und warum Geistes- und Sozialwissenschaftler Interesse daran haben, veranschaulicht die Leiterin des Zentrums für Wissenschaftskommunikation des Forschungsverbunds, Viola van Melis, im Workshop „Wissenschaftskommunikation für Geisteswissenschaften“.
Zu den Referenten gehören außerdem der ehemalige Direktor des Rijksmuseums Amsterdam, Jan Willem Sieburgh, Dr. Frank Britsche von der Universität Leipzig, Prof. Dr. Charlotte Bühl-Gramer von der Friedrich-Alexander-Universität Nürnberg-Erlangen, Karl Jasper aus dem NRW-Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr, Dr. Cornelia Kühn von der Humboldt-Universität Berlin, der Magdeburger Kulturdezernent Prof. Dr. Matthias Puhle, Dr. Alexander Schubert vom Historischen Museum der Pfalz Speyer, der Geschäftsführer der Lutherstadt Wittenberg Marketing GmbH, Johannes Winkelmann sowie Dr. Irmgard Zündorf vom Zentrum für zeithistorische Forschung in Potsdam.
Weitere Beiträge aus Münster kommen vom Sprecher des Arbeitskreises „1648 - Dialoge zum Frieden“, Prof. Dr. Alfons Kenkmann, von Dr. Kathrin Minner vom Historischen Seminar der Westfälischen Wilhelms-Universität sowie von Bernadette Spinnen, Leiterin von Münster Marketing und stellvertretende bcsd-Vorsitzende. Der interdisziplinäre Kongress richtet sich gleichermaßen an Historiker, Stadtmarketing- und Touristikexperten, Stadtplaner, Kommunikations- und Kulturwissenschaftler. Die Anmeldung ist noch bis zum 5. Oktober möglich unter: www.historysells.de
Empfang der Religionsgemeinschaften und Konfessionen
Zum ersten Mal laden Oberbürgermeister Markus Lewe und sein Kollege aus Osnabrück, Oberbürgermeister Wolfgang Griesert, am 19. November Religionsgemeinschaften aus beiden Städten zum Treffen in den Friedensaal in Münsters Rathaus ein (nur für geladene Gäste). Der Begrüßung folgt eine Friedenslichter-Zeremonie, bei der die Vertreterinnen und Vertreter der Religionsgemeinschaften und Konfessionen als Zeichen für Toleranz und Dialog Friedenskerzen entzünden. Im Anschluss gibt es Zeit für Gespräche in der Bürgerhalle des Rathauses.
„Feind im Bild“ als Thema der Schülerakademie
Um Fragen der Medienberichterstattung zwischen Krieg und Frieden geht es in der siebten Schülerakademie im Rahmen der Dialoge zum Frieden am 22. Oktober. In der Jungen Akademie Franz Hitze Haus setzen sich Jugendliche aus weiterführenden Schulen in Münster bei Impulsreferaten, in Workshops, einer Schreibwerkstatt und Diskussionsrunden mit dem „Feind im Bild“ auseinander. Fachreferenten und Journalisten begleiten die Schülerakademie, unter anderem mit einem Erfahrungsbericht aus Syrien und dem Irak.
Weitere Bausteine der Veranstaltungsreihe „Dialoge zum Frieden“ sind die traditionelle Ökumenische Friedensvesper (24. Oktober, 16 Uhr, Lambertikirche) und das Historienspiel „Verkündung des Friedensschlusses 1648 mit Aussendung der Friedensreiter“ (25. Oktober, 16 Uhr, Platz des Westfälischen Friedens).
Mit der Veranstaltungsreihe will Münster seine historisch begründete Verantwortung und Kompetenz für Konfliktlösungen durch Dialog in der Tradition der Verhandlungen zum Westfälischen Frieden deutlich machen. Konzipiert und organisiert wird sie von Münster Marketing und dem Arbeitskreis „1648 - Dialoge zum Frieden“, dem der Exzellenzcluster angehört. Die Kooperation ist zugleich ein Schwerpunktthema der von Universität, Fachhochschule und Stadt getragenen „Allianz für Wissenschaft“. Gefördert werden die Dialoge zum Frieden durch die Sparkasse Münsterland Ost. (Stadt Münster/ska)