Religiöse Akteure gegen wachsende Säkularisierung
Politologin Papkova über Religion und Opposition in Russland und im Arabischen Frühling
Über die Bedeutung von Religion für politische Oppositionelle in Russland und im Arabischen Frühling hat Politikwissenschaftlerin Dr. Irina Papkova vom „Berkley Center for Religion, Peace and World Affairs“ in Washington, D.C., am Exzellenzcluster „Religion und Politik“ gesprochen. Sie verglich die jüngsten Entwicklungen in der russischen Politik mit denen in arabischen Revolutionsländern und legte dar, dass religiöse Akteure in beiden Fällen eher diejenigen gesellschaftlichen Kräfte unterstützten, die einer Säkularisierung der Gesellschaft entgegenwirken. Die Bedeutung von Religion in der Öffentlichkeit sei in den betreffenden Ländern in den vergangenen Jahren insgesamt stark gewachsen. Die Forscherin sprach auf Einladung des Habilitandenkollegs des Exzellenzclusters.
Der öffentliche englischsprachige Vortrag trug den Titel „Religion, Identity Politics and Political Opposition in the Twenty First Century: Comparing Russia and the Arab Spring“ (Religion, Identitätspolitik und politische Opposition im 21. Jahrhundert: Russland und der Arabische Frühling im Vergleich). Dr. Irina Papkova ist Research Fellow am „Berkley Center for Religion, Peace and World Affairs“, das zur Georgetown University gehört. Sie kam auf Einladung von Historikerin Dr. Liliya Berezhnaya vom Habilitandenkolleg nach Münster und ist noch bis einschließlich Donnerstag, 6. Februar, zu Gast am Exzellenzcluster.
Die Referentin führte aus, die russische und arabische Situation sei zwar sehr unterschiedlich, doch in beiden Fällen hätten sich religiöse Akteure jeweils gegen diejenigen positioniert, die aus ihrer Sicht für mehr Säkularisierung kämpften. „Ob diese Seite demokratisch oder antidemokratisch war, spielte eine untergeordnete Rolle.“ Entscheidend sei für die religiös motivierten politischen Kräfte die Haltung gegenüber dem Platz der Religion im öffentlichen Raum gewesen. „So kämpften im Arabischen Frühling die religiös motivierten Islamisten an der Spitze der Volksaufstände gegen die bestehenden autokratischen Regimes. In Russland hingegen stellte sich die Russisch-Orthodoxe Kirche an die Seite des bestehenden Putin-Regimes, während die Opposition in der Gesellschaft insgesamt zunahm.“
Dr. Irina Papkova forscht schwerpunktmäßig zur Orthodoxen Kirche und russischen Politik. 2011 hat sie dazu eine Monographie mit dem Titel „The Orthodox Church and Russian Politics“ im Verlag Oxford University Press veröffentlicht. Untersuchungen zum Verhältnis von Religion und Politik führten sie zur aktuellen Forschungsarbeit über die Situation von Christen im Nahen Osten im Kontext des Arabischen Frühlings. In Ergänzung zum Vortrag hielt Dr. Papkova eine Masterclass mit Mitgliedern des Exzellenzclusters und der Universität Münster ab. (bhe/vvm)