Der Einfluss zentraler Bezugspersonen auf die Entwicklung des Lächelns im Säuglingsalter – Konvergierende Evidenz über komplementäre methodische Zugänge
DFG-Projekt (KA 3451/9-1) in Kooperation mit Prof. Dr. Iris Nomikou (University of Portsmouth), Prof. Dr. Daniel Messinger (University of Miami), Jorge Mantilla (Universidad de Otavalo) & Marc de Lussanet de la Sablonière (Universität Münster)
Laufzeit: 2024 bis 2026
Kontakt: Helen Wefers, Joscha Kärtner
Basierend auf einer abgeschlossenen, längsschnittlichen Datenerhebung mit Müttern und Säuglingen aus zwei kulturellen Kontexten, ist das zentrale Ziel des Projekts aufgrund unterschiedlicher methodischer Zugänge den Einfluss der Bezugspersonen auf die Entwicklung des Lächelns beim Säugling zu untersuchen. Die Dyaden kommen aus Familien der städtischen Mittelschicht in Münster oder aus Familien der Kichwa-Kultur in Ecuador und unterscheiden sich hinsichtlich der Ethnotheorien über den idealen emotionalen Zustand beim Säugling. Die Daten umfassen standardisierte Erhebungen der mütterlichen Ethnotheorien in der 7. Lebenswoche der Säuglinge, längsschnittliche Erhebungen natürlicher Mutter-Säuglings-Interaktionen zwischen der 8. und 18. Woche und standardisierte Erhebungen der Säuglinge bei unterschiedlichen Graden der Lächelstimulation durch eine Versuchsleiterin in der 12. und 18. Woche. Die längsschnittliche Erhebung natürlicher Interaktionen erlaubt die Beschreibung und Analyse individueller Entwicklungsverläufe und die Analyse der Veränderung des Lächelns und des Stimulationsverhaltens der Mütter über die Zeit. Der kulturvergleichende Ansatz ermöglicht es, Unterschiede in den Ethnotheorien zu kontrastieren und deren Implikationen für das mütterliche Verhalten und die kulturspezifischen Entwicklungspfade des Lächelns zwischen dem 2. und 5. Lebensmonat zu untersuchen. Die standardisierte Erfassung der Reaktion der Säuglinge auf unterschiedliche Grade der Stimulation erlaubt den Schluss, dass die Entwicklung der Kinder sich nachhaltig und nicht nur in der Interaktion mit der eigenen Mutter zum Ausdruck kommt. Schließlich erlaubt der prozessorientierte Ansatz die Dynamik der Mutter-Säuglings-Interaktion rund um das Lächeln des Säuglings genauer zu analysieren. Hier ist das zentrale Ziel, die bidirektionalen Verbindungen zwischen dem Säuglingslächeln und dem Lächeln und der Stimulation durch die Mütter und die Veränderung dieser Dynamik vom 3. zum 5. Lebensmonat zu untersuchen. Während die oben skizzierten Analysen auf Grundlage von linearen gemischten Mehrebenen-Modellen erfolgen, kommen bei der Analyse der bidirektionalen Dynamik des Verhaltens von Mutter und Säugling und die Veränderung dieser Dynamik über die Zeit spezifische Zeitreihen-Analysemodelle zum Einsatz. In allen Analysen ist die zentrale Hypothese, dass das Säuglingslächeln und die mütterlichen Verhaltensweisen, die dazu beitragen – also das Lächeln und andere Formen der Stimulation – in Dyaden aus Münster stärker ausgeprägt bzw. miteinander verbunden sind. Darüber hinaus ist eine weitere zentrale Hypothese, dass diese Unterschiede durch Unterschiede in den mütterlichen Ethnotheorien zum idealen Affekt beim Säugling erklärt werden können. Insgesamt haben diese Analysen das Potenzial, über komplementäre methodische Zugänge konvergierende Evidenz für den Einfluss der zentralen Bezugspersonen auf die Entwicklung des Lächelns im Säuglingsalter zu liefern.
Ausgewählte Publikationen:
Kärtner, J., Schwick, M.*, Wefers, H & Nomikou, I. (2022). Interactional preludes to infants’ affective climax. Infant Behavior and Development, 67, 101715. https://doi.org/10.1016/j.infbeh.2022.101715 * shared first author
Wefers, H., Schuhmacher, N., Hernández Chacón, L. & Kärtner, J. (2023). Universality without the uniformity – Infants’ reactions to unresponsive partners in urban Germany and rural Ecuador. Memory & Cognition, 51, 807–823. https://doi.org/10.3758/s13421-022-01318-x
Wefers, H., Schwarz, C. L., Hernández Chacón, L., & Kärtner, J. (2022). Maternal ethnotheories about infants’ ideal states in two cultures. Journal of Cross-Cultural Psychology, 53(6), 603–625. https://doi.org/10.1177/00220221221096785