Promotionskolleg Literaturtheorie als Theorie der Gesellschaft
Vom Sommersemester 2012 bis zum Sommersemester 2016 war das Promotionskolleg Literaturtheorie als Theorie der Gesellschaft an der Universität Münster unter dem Dach der Graduate School Practices of Literature tätig und von der Hans Böckler-Stiftung finanziert. Im Zentrum des gemeinsamen Forschens stand das Verhältnis von Literaturtheorie und Gesellschaft, Wissenschaftstheorie und Theorie(n) der Literatur(wissenschaft), sowie Anwendungsbezüge literaturwissenschaftlicher Erkenntnis.
Die vier gemeinsamen Jahre waren für alle Beteiligten außerordentlich produktiv. Neben der Arbeit an ihren eigenen Dissertationsschriften nahmen die Mitglieder des Kollegs in dieser Zeit zusätzlich zum eigenen Forschungsprogramm des PKLitG am festen Curriculum der GSPoL mit Kolloquium, Masterclass, Vorlesungen und Projektgruppen teil.
Das Forschungsprogramm des PKLitG wurde unter anderem in eigenen Arbeitsschritten und Forschungsvertiefungen des Kollegs im Rahmen einer Ringvorlesung, einer Winterschool, zweier Tagungen und vier zusätzlicher Masterclasses und Praxisworkshops realisiert. Die Ergebnisse dieser Veranstaltungen und der guten Zusammenarbeit konnten in ingesamt vier Publikationen festhalten werden. Eine Dokumentation der Tätigkeiten, Veranstaltungen und Publikationen finden Sie hier auf der Homepage.
Koordinatorin: Prof. Dr. Maren Conrad
Sprecherin: Prof. Dr. Martina Wagner-Egelhaaf
Stellvertretende Sprecher/in: Prof. Dr. Marion Bönnighausen, Prof. Dr. Klaus Stierstorfer
Ehemalige Promovierende und Alumni
Nikolas Buck
Dominic Büker
Pegah Byroum-WandEinheit der Differenz: Literarische Narrative in der Post-DDR-Literatur (Arbeitstitel)
Ana IlicSorge um den Nachwuchs – die Jugend bei der Musterung in der Literatur der frühen Moderne
Japhet JohnstoneReading Inversions: Queer Identities in 19th-Century German Literature
Esteban Sanchino Martinez
Haimo Stiemer
Martin StobbeVeranstaltungen
03.2016 Abschlussveranstaltung des Promotionskollegs
Am 21. Mai 2012 konnte die Eröffnung des von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Promotionskollegs Literaturtheorie als Theorie der Gesellschaft begangen werden. In diesem Sommersemester endet nun die Laufzeit des Kollegs. Daher wurde am Dienstag, den 03. Mai 2016 das Promotionskollegs Literaturtheorie als Theorie der Gesellschaft feierlich verabschiedet. Als Vortragenden konnten wir Herrn Prof. Dr. Eckart Goebel von der Universität Tübingen gewinnen, der in seinem Vortrag "Paria und Patria. Hannah Arendts 'Gespensterwelt'" den Zusammenhang zwischen Hannah Arendts Begriff des Verstehens und ihrer Theorie des Nationalstaats aufzeigte.
Die vom Promotionskolleg eingeladene Frau Prof. Dr. Isabella Peters referierte am 28. Januar 2016 über "Science 2.0: Traditionelle Wissenschaftssysteme und Reputationsprozesse". Im anschließenden Workshop ging es um Selbstpräsentation in der Wissenschaft.
Crimes of Passion - Repräsentationen der Sexualpathologie im frühen 20. Jahrhundert
Der Sammelband "Crimes of Passion", herausgegeben von zwei Mitgliedern der GSPoL, präsentiert die aktuelle kulturwissenschaftlich interessierte Forschung zur Sexualpathologie in ihrer Vielfalt und Komplexität und zeichnet mit Beiträgen aus Literaturwissenschaft, Geschichtswissenschaft, Soziologie, Kunstgeschichte, Psychologie, Architektur und Philosophie auch ein differenziertes Bild dieses dichten diskursiven Beziehungsgeflechts. Der Band basiert auf der von Doktorand*innen der Graduiertenschule "Practices of Literature" des Fachbereichs Philologie der Universität Münster und des unter dem Dach der Graduiertenschule angesiedelten Promotionskollegs "Literaturtheorie als Theorie der Gesellschaft" der Hans Böckler-Stiftung organisierten gleichnamigen Tagung "Crimes of Passion". Die Publikation können Sie hier erwerben.
Winter School I Graduate School Practices of Literature der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, 3. bis 5. Dezember 2014
Die Winter School richtet sich an Nachwuchswissenschaftler/innen aller Philologien, Kultur- wie Sozialwissenschaften und soll Thematisierungen bzw. Thematisierungsweisen des Sozialen in der Gegenwartsliteratur sowie sozialästhetische Relationierungen in der Literatur- wie Kulturtheorie in den Blick nehmen. Diskutiert werden soll, ob sich entsprechende Tendenzen in der Literatur und der Academia als “social turn“ konzeptualisieren lassen.
Publikationen
Sammelband "Literatur. Macht. Gesellschaft" erschienen
Aktuell ist der Band Literatur. Macht. Gesellschaft. Neue Beiträge zur theoretischen Modellierung des Verhältnisses von Literatur und Gesellschaft des Promotionskolleg Literaturtheorie im Winter Verlag erschienen.
Die Beiträge des Bandes vereint der Anspruch, aus dem Blickwinkel etablierter literaturtheoretischer Ansätze neue Perspektiven auf das Verhältnis von Literatur und Gesellschaft zu eröffnen. Dabei soll auch die Frage verhandelt werden, wie die Konzeptualisierung der Beziehung von Text und Gesellschaft ein theoretisches Fundament für die Literaturtheorie als Theorie der Gesellschaft zur Verfügung stellen und fruchtbar machen kann. Unter diesen Fragestellungen bietet der Sammelband Perspektiven der Systemtheorie, Feldtheorie, Diskurstheorie, Kritischer Theorie, Postcolonial Studies sowie aus gendertheoretischer Sicht an.
Informationen zu dem Band finden Sie auf der Homepage des Verlags.Digital. Sozial. Marginal? Literatur und Computerspiel in der digitalen Gesellschaft. Interdisziplinäre Tagung.
25. – 27. Juni 2015 | Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Königsstraße 47
Die projektierte Tagung interessiert sich für den Status Quo digitaler Literatur(en) in der Gegenwart. Dabei sind die beiden folgenden Fragen erkenntnisleitend: Weisen ›digitale Literaturen‹ gegenüber ›analogen Literaturen‹ strukturell ein gesteigertes Potenzial in Bezug auf soziale Relevanz auf? (Weil etwa ›die Gesellschaft‹ selbst vom Digitalisierungsdiskurs durchzogen ist?) Darauf aufbauend: Lässt sich das Feld der Computerspiele als der Ort identifizieren, in dem die (historisch in den 1990ern formulierten) Anforderungen an ›digitale Literaturen‹ derzeit eingelöst werden?
Für die Keynotevorträge konnten Dr. Thomas Ernst (Universität Duisburg-Essen) und Prof. Dr. Rolf Nohr (Hochschule für Bildende Künste Braunschweig) gewonnen werden. Außerdem wird es eine Abendveranstaltung mit Eric Jarosinski alias @NEINQuarterly geben. Darüber hinaus ist die Einbindung des für den Deutschen Computerspielpreis 2015 nominierten digitalen Spieltisches »Spiel des Friedens« im LWL Museum für Kunst und Kultur geplant.
Ausführliche Informationen finden Sie auf der Homepage der Tagung
sowie im Tagungsbericht, der nun online ist.
Das Programm können Sie hier als PDF downloaden.Profil
Zum Profil des Promotionskolleg Literaturtheorie als Theorie der Gesellschaft - Verortung des Kollegs
Die soziale Relevanz von Literatur und Literaturwissenschaft wurde v.a. in den von gesellschaftlichen Protestbewegungen getragenen 1960er-Jahren proklamiert, obwohl, wie Tilmann Köppe und Simone Winko betonen, bereits Autorinnen und Autoren wie Johann Gottried Herder, Friedrich Schiller und Anne Louise Germaine de Stael um 1800 begannen, die Literatur in einem gesellschaftlichen Zusammenhang zu betrachten (vgl. Köppe/Winko 2008, 149). Doch erst im 20. Jahrhundert und verstärkt in der 68er-Zeit entstanden Ansätze wie Sozialgeschichte der Literatur, Literatursoziologie und Marxistische Literaturwissenschaft, die sich dezidiert dem Verhältnis von Literatur und Gesellschaft widmeten und mit ihrem Forschungsinteresse häufig auch politische Anliegen verbanden. So wollte man z.B. über die Aufarbeitung der Arbeiterliteratur bzw. die Erforschung der Darstellung sozialer Verhältnisse in der Literatur unterprivilegierten Bevölkerungsschichten, die von den traditionellen Literaturgeschichten wenig berücksichtigt worden waren, zu historischer Anerkennung und Recht verhelfen.
Weil sich die politisch-gesellschaftlichen Hoffnungen der 1968er-Generation nicht erfüllten, erfolgte auch in der Literatur und der Literaturwissenschaft der 1970er-Jahre mit den Strömungen der ,Neuen Innerlichkeit' bzw. der ,Neuen Subjektivität' eine Abkehr von gesellschaftlichen und politischen Fragestellungen. Man suchte nach neuen wissenschaftlichen Orientierungen und im Zuge der in den 1980er-Jahren erstarkenden Postmoderne-Bewegung setzte in der deutschen Literaturwissenschaft ein Theorieimport vornehmlich aus den USA und Frankreich ein: Poststrukturalismus, Dekonstruktion, Diskursanalyse, Semiotik, Intertextualitätsforschung, Psychoanalytische Literaturwissenschaft, Systemtheorie so lauteten die neuen Ansätze, die von der jüngeren Wissenschaftler/innen-Generation propagiert wurden und die den wissenschaftlichen Blick eher auf textimmanente Strukturen und abstrakte Theoriemodelle denn auf konkrete gesellschaftliche Bezüge richteten. Für die Literaturwissenschaft waren diese neuen Ansätze überaus produktiv und wichtig, weil sie die Loslösung von alten Widerspiegelungstheorien, die Literatur als Abbild der Wirklichkeit betrachten, beförderten und die kritische Aufmerksamkeit auf die Rolle der Sprache in Bezug auf Darstellung und Konstruktion der ,Wirklichkeit' - ein Begriff, der seither problematisiert wurde - richteten.
In den 1990er-Jahren entstand jedoch ein neues Bedürfnis nach Auseinandersetzung mit der gesellschaftlichen Bedeutung der Literatur und es kam zum sog. Cultural-Turn in den Geisteswissenschaften, der die Fächergrenzen öffnete und ,Kultur' zur neuen Leitkategorie machte. So wurde in diesem Zusammenhang z.B. der von dem amerikanischen Literaturwissenschaftler Stephen Greenblatt begründete New Historicism, der Text-Kontext-Relationen in den Mittelpunkt stellt, auch in der deutschen Literaturwissenschaft bekannt (vgl. Baßler [Hg.] 2001; Baßler 2005). Für die Literaturwissenschaft bedeutete die kulturwissenschaftliche Wende, dass der literarische Text in einem engen Wechselverhältnis mit anderen kulturellen Erscheinungen gesehen wurde und bestimmte soziokulturelle Themenkomplexe wie ,Gedächtnis', ,Körper', ,Mode' u.a. quer durch die Disziplinen und in enger Verbindung mit außerliterarischen Erscheinungen und Dokumenten analysiert wurden. Der ,Kultur'-Begriff wurde dabei oftmals in einem sehr weiten und nicht immer klar konturierten Verständnis gebraucht. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist nun wiederum ein verstärktes Interesse am Sozialen und am Politischen festzustellen. Zurückzuführen ist dies sicherlich zum Teil auf die weltpolitischen Veränderungen seit 1989, die zur Auflösung der überlieferten politischen und ideologischen Blockbildungen führten. Globalisierung, weltweite Migration und eine immer umfassendere mediale Durchdringung der Welt lassen einmal mehr nach dem Stellenwert des ,Realen' fragen und fordern gerade die Wissenschaften heraus, die wie die Literaturwissenschaft seit je in einem kritischen Wechselverhältnis mit der sog. ,Wirklichkeit' gestanden haben. Postkoloniale Theorieansätze, die sich zwar ebenfalls bereits in den zurückliegenden Jahrzehnten in den nichteuropäischen Wissenschaftskulturen entwickelt hatten, wurden nun auch in Deutschland verstärkt rezipiert. In der postkolonialen Theorie artikuliert sich ein deutlicher politischer und sozialer Impuls, da im Postkolonialismus, der sich mit Namen wie Edward W. Said, Homi K. Bhabha, Gayatri Chakravorty Spivak u.a. verbindet, ehemals kolonialisierte Subjekte die Stimme gegen die früheren Kolonialmächte und deren Denkkategorien erheben. Der am beantragten Kolleg beteiligte Kollege Mark Stein ist ein profilierter Vertreter der postkolonialen Theorie (Döring/Schäfer/Stein [Hgg.] 1996; Banerjee/Heide/Stein [Hgg.] 2001; Stein 2004; Reichl/Stein [Hgg.] 2005). An diese Entwicklungen und Debatten kann das geplante Hans-Böckler-Promotionskolleg anknüpfen. Dabei wird es darum gehen, das bislang nicht hinreichend geklärte Verhältnis der Paradigmen ,Kultur' und ,Gesellschaft' näher zu bestimmen.Derzeit machen literaturwissenschaftliche Strömungen auf sich aufmerksam, die unter dem Stichwort einer ,Empirischen Kulturwissenschaft' kognitionswissenschaftliche sowie neurowissenschaftliche Konzepte aufgreifen. Sie verfolgen das Ziel, "ihre Verfahren und Ergebnisse dem Anspruch der Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit zu unterstellen und der ethisch-politischen Forderung eines gesellschaftlichen Nutzens gerecht zu werden" (vgl. Köppe/Winko 2008, 293). Das geplante Promotionskolleg wird diese aktuellen Ansätze kritisch sichten und überprüfen, ob und inwiefern Anspruch und Ergebnisse dieser Forschungen übereinkommen.
Das PK LiTG trägt der Tatsache Rechnung, dass am Beginn des 21. Jahrhunderts, bedingt durch weltwirtschaftliche Entwicklungen, das Individuum wieder stärker in seinen sozialen Kontexten wahrgenommen wird als in den zurückliegenden Jahrzehnten. Die literarische Auseinandersetzung mit der Realität sucht und findet heute andere Ausdrucksmittel als in der Vergangenheit. Dass dies auch die Literaturtheorie vor neue Herausforderungen stellt, liegt auf der Hand. Während der sozialgeschichtliche Ansatz der Literaturwissenschaft in den 1960er-Jahren noch davon ausging, dass ,Gesellschaft' ein klar abgegrenztes, statisches Untersuchungsobjekt ist, denken neuere sozialwissenschaftliche Theorien ,Gesellschaft' als prozesshaft und heterogen. Entsprechende begriffliche Differenzierungen sind vorgenommen worden, wie z.B. ,Zivilgesellschaft' (Kebir 1991; Gosewinkel/Rucht/Daele/Kocka [Hgg.] 2004; Adloff 2005, Walker/Thompson 2008), ,Risikogesellschaft' (Beck 1986, 1991), ,Freizeitgesellschaft' , ,Weltgesellschaft' (z. B. Luhmann 1975, Stichweh 2000, Bornschier 2008) oder auch ,Netzwerkgesellschaft' (Castells 2003). Es stellt eine spezifische Herausforderung für die Literaturtheorie dar, neuere sozialwissenschaftliche Entwicklungen zu berücksichtigen. Nur so kann sie sich als Theorie der Gesellschaft profilieren. Dass auch sozialwissenschaftliche Ansätze inzwischen vom Konstruktcharakter der Gesellschaft ausgehen, rückt sie in die Nähe literarischer und literaturwissenschaftlicher Betrachtungsweisen, für die Inhalte und Bedeutungen der Literatur stets sprachlich bzw. zeichenhaft vermittelt sind. Ob und inwiefern eine Nähe zwischen literarischen und gesellschaftlichen Konstruktionsprozessen besteht, ist in der Forschung bislang noch nicht hinreichend untersucht worden. Genau hier setzt das beantragte Promotionskolleg an, wenn es ihm darum geht, den neuen Gesellschaftsbezug von Literatur und Literaturwissenschaft theoretisch und praktisch zu untermauern.
Literaturhinweise:- Adloff, Frank, Zivilgesellschaft. Theorie und politische Praxis, Frankfurt a. M. 2005.
- Banerjee, Mita, Markus Heide, Mark Stein (Hgg.), Postcolonial Passages: Migration and Its Metaphors. Special issue of Zeitschrift für Anglistik und Amerikanistik: A Quarterly of Language, Literature and Culture 49.3 (2001).
- Baßler, Moritz (Hg.), New Historicism. Literaturgeschichte als Poetik der Kultur. Mit Beiträgen von Stephen Greenblatt, Louis Montrose u.a., Tübingen, Basel 22001 (Erstausgabe Frankfurt a. M. 1995).
- Ders., Die kulturpoetische Funktion und das Archiv. Eine literaturwissenschaftliche Text-Kontext-Theorie, Tübingen: 2005.
- Beck, Ulrich, Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne, Frankfurt a. M. 1986.
- Ders., Politik in der Risikogesellschaft, Frankfurt a. M. 1991.
- Bornschier, Volker, Weltgesellschaft. Grundlegende soziale Wandlungen, erw. Neuausg., Zürich 2008.
- Castells, Manuel, Das Informationszeitalter, 3 Bde., Bd.1: Der Aufstieg der Netzwerkgesellschaft, Bd. 2: Die Macht der Identität, Bd. 3: Jahrtausendwende, Opladen 2001-2003.
- Döring, Tobias, Uwe Schäfer, Mark Stein (Hgg.), Can 'The Subaltern' Be Read? - The Role of the Critic in Postcolonial Studies. Acolit Sonderheft 2 (1996).
- Gosewinkel, Dieter, Dieter Rucht, Wolfgang van den Daele, Jürgen Kocka (Hgg.), Zivilgesellschaft - national und transnational. WBZ-Jahrbuch 2003, Berlin 2004.
- Kebir, Sabine, Antonio Gramscis Zivilgesellschaft. Alltag, Ökonomie, Kultur, Politik, Hamburg 1991.
- Köppe, Tilmann, Simone Winko, "9. Gesellschaftswissenschaftliche Literaturtheorien", in: dies., Neuere Literaturtheorien. Eine Einführung, Stuttgart, Weimar 2008, 149-200.
- Luhmann, Niklas, "Weltgesellschaft", in: ders., Soziologische Aufklärung, Bd. 2, 6. Aufl., Wiesbaden 2009, 63-88. [Erstpublikation 1975].
- Reichl, Susanne, Mark Stein (Hgg.), Cheeky Fictions: Laughter and the Postcolonial. Amsterdam, New York 2005.
- Stichweh, Rudolf, Die Weltgesellschaft. Soziologische Analysen, Frankfurt a. M. 2000.
- Walker, James W. St. G., Andrew S. Thompson (Hgg.), Critical Mass. The Emergence of Global Civil, Waterloo 2008.
Forschung
Forschungsprogramm - Forschungssegmente im Rahmen des Gesamtprogramms
Drei eng miteinander verbundene Forschungsfelder bilden das wissenschaftliche Programm des PK LiTG:
1. Literatur und Gesellschaft
‚Literatur‘ und ‚Gesellschaft‘ sind die Kernkategorien des PK LiTG, die in ihrer historischen Spezifik in der Kollegarbeit immer wieder zu reflektieren sind. Beide Begriffe unterliegen historischen und systematischen Perspektivierungen. Während der mittelalterliche Literaturbegriff nicht streng zwischen fiktionaler, religiöser, wissenschaftlicher und politischer Literatur unterscheidet, verengt sich der Literaturbegriff in der Neuzeit auf die Bedeutung der ‚schönen‘ Literatur, die mit der Kategorie der ‚hohen‘ Literatur rasch exklusiv wird und die sog. ‚Trivialliteratur‘ abwertet. Erst in der Moderne bzw. Postmoderne wird die Grenze zwischen ‚hoher‘ und populärer Literatur wieder durchlässig (vgl. L. Fiedler). Dieser Bedeutungswandel des Literarischen wird im PK LiTG als gesellschaftlicher Prozess begriffen.2. Literaturtheorie und Gesellschaft
Das Promotionskolleg befördert eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit der Frage, welche Aufgaben Theorie in der Wissenschaft allgemein und speziell in der Literaturwissenschaft erfüllt. In der Wissenschaftstheorie wird diese Frage derzeit unter dem Stichwort ‚Theorie der Theorie’ diskutiert. Die im PK LiTG Promovierenden werden in die Grundlagen der Wissenschaftstheorie eingeführt. Dabei soll insbesondere die Literaturtheorie im Feld der Wissenschaftstheorie verortet werden. Fragen nach ‚Wahrheit‘ und ‚Erkenntnis‘ in der Literaturwissenschaft werden kritisch diskutiert. Die Hermeneutik als wissenschaftstheoretische Basisdisziplin spielt dabei eine hervorgehobene Rolle. Allerdings sind im Laufe des 20. Jahrhunderts eine Vielzahl weiterer literaturwissenschaftlicher Theorien entwickelt worden, die die Hermeneutik verabschieden oder sie weiterführen. Ihnen ist im Kolleg Rechnung zu tragen. Für Doktorandinnen und Doktoranden stellt sich v.a. die Frage, wie ihre Disziplin, die Literaturwissenschaft, mit diesem vielfältigen Theorieangebot umgeht und wie sie sich selbst im theoretischen Feld verorten können. Die Frage, wo, durch wen und wie Theorien entstehen und in welchen Beziehungen sie zu ihrer zeitgenössischen Realität stehen, wird in der Kollegarbeit aufgegriffen. Dies schließt die bislang kaum reflektierte Frage nach der gesellschaftlichen Bedingtheit von theoretischen Paradigmen ein (vgl. Th. Kuhn).3. Theorien der Gesellschaft
Die im PK LiTG Promovierenden werden mit wichtigen Gesellschaftstheorien (z.B. Talcott Parsons, Max Weber, Émile Durkheim, Systemtheorie, Feldtheorie, Symbolischer Interaktionismus, Modernisierungstheorie, Neopragmatismus, Theorie sozialer Netzwerke u.a.) vertraut gemacht. Im Kolleg soll eine Diskussion darüber angeleitet werden, ob und wie diese Theorien literaturwissenschaftlich zu angewandt werden können. Aktuelle Diskussionen wie z.B. die Debatte über sogenannte ‚Parallelgesellschaften’ oder das Verhältnis von Gesellschaft und Globalisierung werden ebenfalls aufgegriffen.Ziele des Promotionskollegs
Wissenschaftliche Ziele
- Im PK LiTG werden die Wechselbeziehung von Literatur und Gesellschaft in ihren spezifischen, d.h. historischen, regionalen und kontextabhängigen Dynamiken theoretisch und textanalytisch erarbeitet.
- Literaturtheoretische Ansätze der Vergangenheit und der Gegenwart werden daraufhin befragt, ob und in welcher Weise sie gesellschaftliche Bezüge aufweisen bzw. für gesellschaftliche Fragen und Problemstellungen Antworten, Impulse oder Perspektiven beinhalten.
- Sozialwissenschaftliche Theorien der Gesellschaft werden im Hinblick auf ihre Nutzbarkeit für literaturwissenschaftliche Fragestellungen untersucht.
Gesellschaftliche Ziele:
- Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
- Förderung literarischer Bildung und Kompetenz in der Gesellschaft
- Wissenschaftskommunikation: Die Ergebnisse der im Kolleg erbrachten Forschungsergebnisse sollen über den akademischen Rahmen hinaus auch einer interessierten Öffentlichkeit nahe gebracht werden.