Teilprojekt B3 ‘Theatralische und soziale Kommunikation: Funktionen des städtischen und höfischen Spiels in Spätmittelalter und Früher Neuzeit’ im Sonderforschungsbereich 496 ‘Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme vom Mittelalter bis zur Französischen Revolution’ (Links zur Homepage des SFB)
Zum Projekt
Das Theater des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit ist paradigmatischer Schauplatz und ästhetisches Medium symbolischer Kommunikation. Im theatralen Ereignis als einer prominenten Massenveranstaltung der Frühen Neuzeit wird öffentliche Wertepropagierung und -reflexion geleistet; denn es ist als symbolisches Mittel der Propaganda sowie der kulturellen Selbstbeobachtung und Selbstvergewisserung zu begreifen.
Das Forschungsprogramm des Teilprojekts ist – der Gesamtthematik des SFB 496 entsprechend – ausgerichtet auf das Theater als fiktionale Instanz symbolischer Wertevermittlung, die auf moralische und ästhetische Wirkung zielt und diese im multimedialen Akt der Performanz am je konkreten gesellschaftlichen Ort leisten will.
Quer zur bisherigen Forschung, die sich vorwiegend auf die Interpretation von einzelnen Dramen, Autoren oder Orden konzentrierte, hat das Projekt übergreifende systematische Fragestellungen verfolgt: zu Elementen des Dramas wie den Chören, Figuren- und Aktionstypen (z. B. Allegorien, biblischen, historischen und mythischen Exempelgestalten, Ständerepräsentanten u. ä.). Es hat einerseits nach der emblematischen Dimension des Theaters, d. h. der theoretischen Bewußtheit für den praktischen Symbol- und Bildgebrauch, gefragt, andererseits nach der regionalen Differenzierung theatraler Formen im europäischen Vergleich (Deutschland, Österreich, Italien, Spanien, Niederlande, Übersee).
Angestrebt ist eine Bündelung der Ergebnisse nach folgenden Aspekten:
a) das Theater als Institution von Hof und Macht (bisher standen Schule, Orden und Stadt im Vordergrund),
b) das Theater als Modell herrschaftlicher Repräsentation und gesellschaftlicher Kommunikation („Intertheatralität”) und die Gegenkonzepte von Eigentlichkeit, Antiritualismus und Parodie (die Diffusion der Vorstellung von der theatralen Aufführung in die verschiedenen Lebens- und Wissensbereiche der Zeit und ihre Kritik),
c) das Theater als Aufführungsinstanz im intermedialen und interartifizialen Kontext (z. B. in Hinblick auf die Oper und die bildende Kunst).
In der aktuellen Bewilligungsphase (2009–2011) steht der Abschluß von mehreren Monographien im Mittelpunkt – es handelt sich um die Dissertationen von Christiane Pérez González zum Thema ‘Latein und Volkssprache auf der Bühne der spanischen Jesuiten. Ein Beitrag zum Sprachendiskurs in der Frühen Neuzeit’ und von Anna Stenmans zum Thema ‘Penelope als Mythos in dramatischer Dichtung und bildender Kunst der Frühen Neuzeit’ sowie um die Monographie ‘Allegorie und Psychologie. Personifikationen auf der Bühne des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit’ von Claudia Spanily (vgl. die Buchbeschreibung auf der Homepage des Rhema-Verlags). Außerdem erfolgt durch Angelika Kemper die Herausgabe eines Kolloquiumsbandes zum Aspekt der Regionalität.
Hinzu kommen zwei Promotionsprojekte mit lokalem Bezug: Sieglind Stork hat die Geschichte des Jesuitentheaters in Münster durch Sichtung der weit verstreuten archivalischen Überlieferung grundlegend neu aufgearbeitet. Elmar Rickert hat eine Edition, Übersetzung und Interpretation des Codrus von Johannes Kerckmeister angefertigt, die das Drama in den Kontext des frühen westfälischen Humanismus und seines sprachlichen Reformanliegens stellt und dem Aspekt der Komik besondere Beachtung widmet.
Als Ergebnis einer deutsch-niederländischen Kooperation (‘Volkssprachiges und lateinisches Drama in Spätmittelalter und Früher Neuzeit’, im Rahmen Internationalisierung Onderzoekschoolen) erschien der gemeinsame Aufsatzband: Akteure und Aktionen. Figuren und Handlungstypen im Drama der Frühen Neuzeit, hg. von Christel Meier – Bart Ramakers – Hartmut Beyer (Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme. Schriftenreihe des Sonderforschungsbereichs 496, 23) Münster 2008. Vgl. die Buchbeschreibung.
Projektteam
Leitung
Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen
- Dr. Angelika Kemper
- Christiane Pérez González
- Anna Stenmans
Assoziierte und Ehemalige
- Dr. Hartmut Beyer, Wissenschaftlicher Mitarbeiter 2006–2008
- Prof. Dr. Heinz Meyer (a. D.)
- Dr. Volker Janning, Wissenschaftlicher Mitarbeiter 2000–2005
- Dr. Elmar Rickert
- Dr. Claudia Spanily, Wissenschaftliche Mitarbeiterin 2000–2005
- Sieglind Stork
- Dr. Wolfram Washof, Wissenschaftlicher Mitarbeiter 2000–2006