Optimales Spannungsfenster für Lithium-Ionen-Batterien mit Kathoden aus Lithium-/Mangan-reichen Schichtoxiden
Lithium-/Mangan-reiche Schichtoxide (LMR) gelten als vielversprechendes Kathodenmaterial für Hochenergie-Lithium-Ionen-Batterien. Im Vergleich zu Kathoden auf Basis von Lithium-Nickel-Mangan-Kobalt-Oxiden (NMC) verfügen sie theoretisch über eine höhere spezifische Energie. Ursache hierfür ist, dass, zusätzlich zu der klassischen Redoxaktivität der Übergangsmetalle, Kapazität aus der Redoxaktivität des Sauerstoffs gewonnen wird. Diese wird durch das Laden mit hoher Spannung verfügbar. Infolgedessen ist LMR jedoch anfällig für die Auflösung von Übergangsmetallen, die sich auf der Anode ablagern können, was wiederum das Risiko von Lithium-Plating in Zellen mit Grafitanoden erhöht. Aufgrund der Reaktivität von metallischem Lithium wird das auf dem Grafit abgeschiedene Lithium während der Lade- und Entladezyklen schnell verbraucht. Das führt nicht nur zu Sicherheitsrisiken, sondern sorgt auch dafür, dass die Kapazität der Zellen rasch abnimmt.
Eine Forschungsgruppe des Frontier Research Laboratory der LG Energy Solution in Münster – einer Kooperation des MEET Batterieforschungszentrums der Universität Münster, des Helmholtz-Instituts Münster des Forschungszentrums Jülich und des Advanced Cell Research Centers der LG Energy Solution – hat nun den Einfluss des Spannungsfensters auf die elektrochemische Leistung von Zellen mit LMR-Kathode und grafitischer Anode untersucht. Die Forschenden identifizierten ein ideales Spannungsfensters für bestimmte Lebensabschnitte der Batterie, in dem Zellen mit LMR-Kathode eine wettbewerbsfähige Leistung im Vergleich zu Zellen mit NMC-Kathode erzielen.
Spezifische Grenzspannung während der Formierung und Alterung
Bisher konzentriert sich die Batterieforschung vordergründig darauf, Zellen mit LMR-Kathode und einer dicken Lithium-Metall-Anode elektrochemisch zu untersuchen. Ihr Vorteil: Der überschüssige Lithiumanteil in der Anode gleicht den Verlust von aktivem Lithium und die Auswirkungen durch aufgelöste Übergangsmetalle aus. „Der Einfluss des Spannungsfensters auf die elektrochemische Leistung von LMR-Kathoden wird dabei oft vernachlässigt, ist aber insbesondere bei Zellen mit LMR-Kathode und grafitischer Anode von besonderer Bedeutung“, sagt Anindityo Arifiadi, Doktorand am MEET Batterieforschungszentrum und der Internationalen Forschungsschule BACCARA.
MEET Forscher Dr. Johannes Kasnatscheew ergänzt: „Die Schwierigkeit von LMR ist, dass eine hohe Spannung für die Sauerstoffaktivierung und damit die spezifische Energie benötigt wird. Gleichzeitig ist für eine ausreichende Lebensdauer aber eine niedrige Spannung erforderlich.“ Die Lösung bestehe darin, die Spannung während der Formierung und der Zyklisierung zu variieren. Die Formierung sollte bei einer Grenzspannung von 4,5 Volt (V) erfolgen. Diese reicht aus, um die Redoxaktivität von Sauerstoff zu aktivieren und die Zyklenstabilität der Zellen zu verbessern. Während der Alterung sollte die Spannung zwischen 4,3 und 1,9 V liegen, um eine stabile Zyklenleistung der Batterie zu erzielen.
Arifiadi resümiert: „Innerhalb dieses optimierten Spannungsfensters kann die Zellleistung nun durch Modifikationen wie Beschichtung, Dotierung oder Elektrolytzusätze weiter stabilisiert werden, um den praktischen Einsatz von LMR-basierten Lithium-Ionen-Batterien zu ermöglichen.“ Die Ergebnisse sollen auch Standard-Spannungsfenster für LMR-Grafitzellen definieren, um die Vergleichbarkeit zukünftiger Ergebnisse anderer Forschungsgruppen zu verbessern.
Gesamte Studie online verfügbar
Die detaillierten Ergebnisse ihrer Studie haben die Forschenden Anindityo Arifiadi, Tobias Brake, Feleke Demelash, Bixian Ying, Dr. Karin Kleiner, Dr. Simon Wiemers-Meyer und Dr. Johannes Kasnatscheew, MEET Batterieforschungszentrum, Prof. Dr. Martin Winter, MEET Batterieforschungszentrum und Helmholtz-Institut Münster, sowie Dr. Hyuck Hur, Advanced Cell Research Center der LG Energy Solution, im Fachmagazin „Advanced Energy & Sustainability Research” veröffentlicht.