Erstmals oxidative Zersetzung filmbildender Additive analytisch untersucht
Die Zellspannung zu erhöhen gilt als einfacher Ansatz, die spezifische Energie in Lithium-Ionen-Batterien zu steigern, da kein Mehraufwand in der Zellproduktion erforderlich ist. Die daraus entstehenden Auswirkungen auf den Elektrolyten und die Elektrodenmaterialien sind jedoch zu wenig erforscht, um dieses Vorgehen in die Praxis zu überführen. Ein Team des MEET Batterieforschungszentrums der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) hat deshalb die Stabilität des Elektrolyten und erstmals auch der filmbildenden Additive Fluoroethylencarbonat (FEC) und Vinylencarbonat (VC) unter Hochspannung analysiert. Darüber hinaus untersuchten die Wissenschaftler, wie die Kathodenmaterialien den Zersetzungsprozess des Elektrolyten beeinflussen.
Wahl des filmbildenden Additivs und des Kathodenmaterials entscheidend
"Erst wenn wir die in der Zelle ablaufenden Reaktionen genau verstehen, können wir Ansätze entwickeln, die die Stabilität und Sicherheit von Hochspannungs-LIBs erhöhen", erklärt MEET Wissenschaftler Maximilian Kubot den Ausgangspunkt der Studie. So ist das filmbildende Additiv VC unter Hochspannung nicht stabil. Ab einer Zellspannung von 4,7 Volt zersetzt sich die Flüssigkeit oxidativ. Durch diesen Prozess und weitere Reaktionen mit dem Elektrolyten bilden sich hoch toxische Organofluorophosphate (OFP).
Aufgrund seiner höheren elektrochemischen Stabilität oxidiert das Additiv FEC zunächst nicht. "Entscheidend ist an dieser Stelle die Wahl des Kathodenmaterials", sagt Kubot. Vergleicht man nickelreiches Nickel-Kobalt-Mangan (NMC622) mit Hochspannungs-Lithium-Nickel-Manganoxid (LNMO), zeigt sich bei Zellen mit NMC622-Kathode eine deutlich höhere OFP-Bildung als bei Zellen mit LNMO-Kathode. Grund dafür ist die reaktive Kathodenoberfläche von NMC622, die mit dem Elektrolyten reagiert. Es kommt zu einer irreversiblen Phasentransformation der Kristallstrukturen an der Oberfläche, durch die eine reaktive Sauerstoffspezies freigesetzt wird. Dies hat zur Folge, dass das FEC chemisch oxidiert. Kubot fasst zusammen: "In Hochspannungs-LIBs ist die Bildung von hochtoxischen OFP ein Problem, das wir durch die angemessene Wahl der Elektrodenmaterialien und des filmbildenden Additivs lösen können."
Studie online frei verfügbar
Die detaillierten Ergebnisse ihrer Studie haben die Forscher Maximilian Kubot, Bastian von Holtum, Dr. Sascha Nowak und Dr. Simon-Wiemers-Meyer, MEET Batterieforschungszentrum, sowie Prof Dr. Martin Winter, MEET Batterieforschungszentrum sowie Helmholtz-Institut Münster des Forschungszentrums Jülich, im "Journal of The Electrochemical Society" veröffentlicht.