© LFS Münster

Heinrich Scholz

Der Theologe, Philosoph und Mathematiker Heinrich Scholz (1884-1956) gehört zu den ungewöhnlichsten Intellektuellen seiner Zeit: Als Schüler des einflussreichen Theologen Adolf von Harnack wirkt er ab 1917 zunächst als Professor für systematische Theologie in Breslau und wechselt 1919 nach Kiel auf eine Professur für Religionsphilosophie. Parallel zu seiner Tätigkeit als Professor absolviert er in dieser Zeit ein weiteres Studium in den Fächern Mathematik und Physik. 1928 erhält er den Ruf an die Universität Münster, wo er zunächst einen Lehrstuhl am Philosophischen Seminar innehat. Ab 1936 lehrt er offiziell mathematische Logik in Münster.

Zusammen mit dem Mathematiker Heinrich Behnke (1898-1979) und dem Physiker Adolf Kratzer (1893-1983) etabliert er die "Schule von Münster", die bis weit in die Nachkriegszeit hinein eine Reihe von einflussreichen Mathematikern hervorbringt. 1943 wird unter seiner Leitung das bis heute existierende Institut für mathematische Logik und Grundlagenforschung gegründet und seine Professur in den gleichnamigen Lehrstuhl umgewandelt. Das Institut für mathematische Logik und Grundlagenforschung der Universität Münster ist die erste Einrichtung ihrer Art im deutschsprachigen Raum und auf diese Weise maßgebend für die institutionelle Verankerung der mathematischen Logik in Deutschland.

Seine Bemühungen um die formale Logik und den besonderen Stellenwert der mathematischen Grundlagenforschung für die Wissenschaften lassen Scholz im Verlauf der 1940er als Gegner der sogenannten "deutschen Mathematik" in Erscheinung treten. Nach dem 2. Weltkrieg bemüht sich Scholz weiterhin um den Aufbau eines institutionellen Rahmens für die logische und philosophische Forschung. Gemeinsam mit dem Philosophen Joachim Ritter (1903-1974) initiiert er die Gründung der ersten Leibniz-Forschungsstelle (1956), die bis heute in Münster existiert und als Teil des Akademie-Ausgabe Mitherausgeber von Leibniz' sämtlichen Briefen und Schriften ist.

Bis zu seinem Tod im Jahr 1956 arbeitet Heinrich Scholz an einem fächerübgreifenden Wissenschaftsbild, in dem sich formale Logik und Metaphysik ergänzen. Im Zuge dessen unterhält Scholz über drei Jahrzehnte hinweg ein Korrespondenznetzwerk mit hunderten von Briefpartnern in aller Welt, verteilt über die gesamte Breite der wissenschaftlichen Elite des 20. Jahrhunderts.